Heute überlassen wir den Blog mal einem guten Fotofreund von Christian, der über seine Erfahrungen mit seiner neuen ganz besonderen Kamera berichtet. Vielen Dank, Roland Eisenschenk, für deinen Beitrag.
Gleich vorweg, ich beschreibe mich selbst nicht als Fotograf.
In einem Gespräch mit einem guten Freund ist einmal die Definition gefallen, 20% Fotograf, 80% Kameraliebhaber. Trifft es ziemlich gut wie ich finde. Jeder der seine Kameras öfters zum Putzen oder einfach nur der Haptik wegen aus der Kredenz holt versteht vielleicht wie ich das meine. Mir geht es um die Freude, die es bereitet eine Kamera auszulösen, die mechanische Perfektion oder Haptik, die beeindruckt.
Meine Kamera muss mich dazu bringen, rauszugehen bzw. sie die ganze Zeit verwenden zu wollen.
Dass diese Freude mit einem häufigen Kaufen/Verkaufen einhergeht, hat auch sehr schöne Nebeneffekte. Einer davon ist es, sehr gute Bekanntschaften zu machen, wie die zu Qimagos Christian Leipner. Man bleibt auch Jahre danach im Gespräch, hält einander auf dem Laufenden, und plötzlich darf man auch mal öffentlich seine Meinung zu einer ganz besonderen Kamera abgeben. Vielen Dank für die Premiere Christian!
Die Hasselblad X1D. Wie konnte mir das nur passieren…
Die Freude verloren an Computern (sorry, digitalen Kameras), der Nachbearbeitung in Lightroom, bzw. dem digitalen Auslösen an sich habe ich 2 Jahre lang nur analoge Fotoapparate verwendet (Leica M, Contax G/T, Hasselblad V/Xpan, Konica Hexar, …). Das hat mich dermaßen entschleunigt, dass einerseits die Bildanzahl dramatisch zurückgegangen ist und die Keeper Rate deutlich nach oben.
Die X1D vermittelt mir das Gefühl, das dieser Entschleunigung am nächsten kommt. Erstens kann sie nicht schneller und zweitens fotografiert man so bewusst, dass es eine pure Freude ist.
Die Kamera war sicherlich nicht der große kommerzielle Erfolg für Hasselblad. Sie wurde bekanntlich mit einer beinahe unfertigen Firmware auf den Markt geworfen und von den Reviewern demnach anständig zerrissen. Interessanterweise sind ca. 2 Jahre später erneut viele Review Exemplare ausgeschickt worden um dies zu entkräften, aber ich glaube nicht, dass man so etwas wieder hinbekommt. Ist der Ruf erst ruiniert…
Von solchen Bugs, Freezes oder Ähnlichem merkt man mit einer Firmware 1.22 genau gar nichts, ich kenne die Problemchen nur aus frühen Reviews, die ich natürlich allesamt im ca. 1-jährigen Kaufentscheidungsprozess verschlungen habe. Bin ich froh, dass ich mich davon nicht habe abschrecken lassen.
Ich habe mich für die silberne Variante mit dem Hasselblad XCD 45mm F3,5 Objektiv entschieden. Die Gewichtsverteilung Kamera/Objektiv ist ideal und die Verarbeitungsqualität ist hervorragend, etwas lichtstärker könnte es aber gerne sein.
Zusätzlich habe ich den Hasselblad Xpan Adapter ausprobiert, um mein 45mm Xpan Objektiv nutzen zu können. Diese Option ist meiner Meinung nach allerdings nicht zu empfehlen, da die Kamera selbst keinen mechanischen Verschluss hat (die nativen Objektive haben einen Leaf Shutter), sondern ein elektronischer Verschluss zum Einsatz kommt, der Schrott ist. An der Leica Q-P verwende ich den elektronischen Verschluss sehr gerne, an der X1D komme ich damit nicht sehr gut zurecht (Banding).
Die Akkulaufzeit ist in Berichten dramatisch schlimmer dargestellt, als es sich für mich in der Realität zeigt, über 200 Fotos sind je Akku immer möglich und im Notfall gibt es auch einen weiterentwickelten High Performance Akku (3400mAh) für „läppische“ € 95,- direkt bei Hasselblad… Was auch interessant an der Kamera ist, dass man ein Netzteil direkt am Akku ansteckt um diesen zu laden. Ein nettes Gimmick ist auch die Entriegelung bzw. das Entfernen des Akkus aus der Kamera (hat man so auch schon an der Leica T gesehen, genial).
Der elektronische Sucher ist „meh“, dieser ist wirklich nicht sehr gut, er ist nicht sonderlich scharf und rauscht ohne Ende, erfüllt seinen Zweck aber sehr gut. Doch dann blickt man auf das Display.
Das Display ist eines der knackigsten die ich kenne und Bilder sehen wahnsinnig gut aus. Der Touchscreen hat beinahe iPhone Qualität und das Displayglas vermittelt mir endlich wieder einen vertrauenserweckenden Eindruck den ich zuletzt an der Leica M9-P und M-P (240) hatte. Also quasi nicht das Bedürfnis sofort eine Folie oder ein Glas aufkleben zu müssen. Für mich persönlich sehr wichtig.
Die X1D ist langsam, es stimmt.
Nach dem Einschalten braucht die Kamera wirklich … 8 Sekunden bis sie einsatzbereit ist. Um ein aufgenommenes Foto am Display oder im Sucher anzusehen dauert es sicherlich 2 Sekunden bis es auftaucht. Ja, nach dem Auslösen gibt es einen Blackout, der sichtbar ist, aber ich habe an meinen Leica M Kameras auch nie Serienauslösung, einen Rapid Winder oder Motor eingesetzt.
Nein, im Ernst. Sie ist nicht für jedermann geeignet, ich fotografiere keine sich schnell bewegenden Motive, ich fotografiere eigentlich alles was ich als interessant empfinde, das tägliche Leben, für mich, meine Familie, poste so gut wie nichts online, sondern genieße die Fotografie und diesen Zweck erfüllt die X1D momentan exakt.
In wenigen Worten, die X1D ist für mich die gefühlt hochwertigste Kamera, der Auslösemoment eine Freude, die Farben und Details atemberaubend, die Menüführung einmalig und die Nachbearbeitung endlich wieder etwas, worauf ich mich freue.
Und ich glaube das ist es worauf es bei einer Kamera ankommt…
.. aber reden wir in ein paar Wochen weiter…
Wer noch mehr von Rolands schönen Bildern sehen möchte: https://instagram.com/trustkill24 oder https://500px.com/trustkill24
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Danke für das lebensnahe Review! Als jemand der sich seine erste Hassi vor 25 Jahren vom Munde abgespart hat, lese ich so etwas mit etwas Wehmut. Leider kommt für mich die X1D viel zu spät. Ich bin, wie viele alteingesessene Mittelformatfotografen, vor Jahren auf digitales Kleinbild (neudeutsch „Fullframe“) umgestiegen. Trotzdem schön, dass hier auch mal andere Formate zu Zuge kommen. Weiter so!
Schöne Grüße aus dem Harz
PS: Wo ist euer Logo geblieben?