Das Voigtländer Skopar 90mm f2.8 kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich hatte erst kürzlich auf meiner Suche nach einem kleinen und leistungsstarken 90mm über das Tele-Elmarit aus dem Hause Leica hier und auf unserem YouTube Kanal berichtet. Ein schönes Glas, allerdings ist das neue Skopar 90mm nicht nur ein moderneres Glas, es ist zudem auch noch ein APO-chromatisches Objektiv. Bei APO Gläsern bin ich immer gleich doppelt neugierig.
Aber der Reihe nach, schlage ich vor.
Transparenz:
Danke an Voigtländer Deutschland bzw. die Ringfoto-Gruppe und im speziellen an Sabrina für die Leihgabe dieses Objektivs. Als würde eins nicht genügen, konnte ich gleich beide Farbvarianten in Augenschein nehmen und sie Euch somit auch zeigen. Wie immer bekomme ich weder für diesen Bericht noch für das YouTube Video Geld. Auch werden mir keine Vorgaben gemacht, was ich sagen darf oder nicht. Ich bin, wie üblich für uns hier auf Qimago, frei in dem, was ich über dieses Objektiv sage. Ich bemühe mich aber immer, so neutral es mir möglich ist, auf uns zur Verfügung gestellte Produkte zu schauen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Elmar und ich es uns oft leicht machen. Wir filtern schon recht genau, was wir hier auf dem Blog oder in unserem YouTube Kanal besprechen. Entweder es interessiert uns persönlich so sehr, dass wir denken, das könnte auch andere interessieren, oder aber wir greifen nur bei den tollen Produkten zu, um diese zu besprechen. Ganz oft oder fast immer ist es beides zusammen. 🤷🏽♂️
Und ganz zum Schluss: Wie ich oben schreibe, ist das meine persönliche Meinung, und wie das mit persönlichen Meinungen so ist, es gibt nicht die eine. Was ich damit sagen will, und was Elmar und ich gemeinsam immer betonen, macht Euch unbedingt selber ein Bild von den Produkten.
Los geht’s!
What’s in the box?
Als ich das Objektiv auspackte, wurde ich mehrfach überrascht. Einer meiner Hauptkritiken bei Voigtländerglas ist, dass sie selten eine passende Sonnenblende dazu legen. Ich finde einfach, das gehört dazu. Ich nutze die fast immer nur, um das Frontglas vor Stößen zu schützen, selten ist es wirklich das Gegenlicht, was mich stört. Lange Rede kurz: die Sonnenblende ist dabei. Finde ich super! Und das schöne ist, es ist keine billige Plastik-Sonnenblende, sondern eine sehr schöne metallene und zum Finish/Farbe passende Sonnenblende.
Es gibt doch da so einen Spruch: „Es gibt keine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen.“ Der erste Eindruck, noch bevor ich das Glas angefasst hatte, war also schon mal super!
Die Größe und das Gewicht fand ich auch super. Auch wenn ich hier in dem Review nur kurz darauf eingehen will, schön fand ich, dass es scheinbar auch nicht viel größer und schwerer als das Tele-Elmarit von Leica ist. Dazu aber später mehr.
Haptisch hat Voigtländer/Cosina hier auch alles richtig gemacht. In meinen Augen ganz großes Kino! Die Blende rastet sehr sauber und definiert ohne klapprig/laut zu sein in ½ EV Schritten von f2.8. bis f22. Das Fokusrad ist auch haptisch sehr schön. Super smooth, ohne zu lose zu sein. Das Fokussieren mit der Kamera am Auge macht Spaß und lässt einen sehr genau den Fokus festlegen. Das Voigtländer Skopar 90mm ist eines dieser Objektive, an denen ich immer am Fokus- oder Blendenring rumspielen muss, weil ich das so cool finde, wie die sich anfühlen, wenn ich es in der Hand habe. Hört sich komisch an, ist aber bei manchen Objektiven bei mir stärker ausgeprägt als bei anderen.
Bei F4.0 und F22 ist die Blendenöffnung kreisrund und verspricht runde Bubbles. Gut bei F2.8, also Offenblende, ist das auch so.
Eine Sache allerdings ist mir negativ aufgefallen. Bei Unendlichstellung ist leider nicht alles im Hintergrund, also ich sag mal weiter als z.B. 20m, scharf. Man muss ein paar wenige Millimeter zurückdrehen. Bei Offenblende fällt das deutlich mehr auf als bei F11 oder F16, behaupte ich jetzt mal. Das mag ich persönlich nicht so gerne, hängt aber glaube ich an der Art der Objektivkonstruktion. Ich kann das leider nicht fachmännisch und vor allem korrekt erklären.
Die technischen Spezifikationen sind natürlich auch auf der Voigtländer Seite nachzulesen, aber ich führe das (für mich wichtigste) dennoch kurz auf:
- Filterdurchmesser 39mm (wie mein LEICA APO 50 und Voigtländer Ultron 35mm)
- Naheinstellgrenze 0,9m (10cm näher als das Tele-Elmarit)
- 250g (nur 25g schwerer als das Tele-Elmarit)
- 6cm lang und damit sogar etwas kleiner als das Tele-Elmarit (es ragt nicht in den Sucherrahmen… ohne Sonnenblende)
- UVP 729€
Ich hatte während meines Reviews beide Farbversionen hier. Ich muss gestehen, ich finde die silberne Version schöner. Das silberne hat so ein schönes mattes Finish. Ich finde, das sieht sehr cool aus. Da ich das Objektiv wenn dann mehr an meiner digitalen M nutzen werde, wäre meine Wahl schwarz. Was natürlich auch sehr schön ist. An meiner silbernen M2 sah das silberne auch verdammt gut aus. Könnt ihr im Video sehen. 😉
Die Abbildungsleistung des Skopar 90mm
Bei der Abbildungsleistung habe ich tatsächlich wenig zu meckern. Es ist offen schon sehr scharf, auch wenn ich hier nicht diese kompromisslose Schärfe des APO 50mm oder 35mm entdecken konnte. Es ist aber definitiv sehr scharf, und jetzt mal im Vergleich zum Tele-Elmarit von Leica, hat es deutlich die Nase vorne. Die Schärfe ist auch bis in die Ränder sehr gut. Bei Offenblende vignettiert es leicht, diese verschwindet aber bei f4.0-f5.6. Gegenlicht scheint dem Objektiv auch nichts auszumachen, allerdings hat sich die Sonne in der Zeit, wo ich das Glas getestet habe, auch wenig bis gar nicht blicken lassen. Verzeichnungen sind auch kein Thema, hätte mich bei der Brennweite aber auch etwas gewundert.
Was mir auffiel war, dass es mir etwas schwerer fiel, den Fokus über den Messsucher 100% zu treffen. Dies hat aber nichts mit dem Glas selber zu tun. Ich stelle leider immer öfter fest, dass meine Augen mit dem Messsucher mittlerweile so lala umgehen können – oder andersherum? 🤓
Bei 90mm ist der Messsucher natürlich genauso groß wie bei einem z.B. 28mm Objektiv, aber bei f2.8 und einem Abstand von 1-3m ist eine auch nur leichte Abweichung schon dafür verantwortlich, dass der Fokus schnell nicht 100% da sitzt, wo man ihn haben will. Abblenden hat es für mich dann meistens ein wenig leichter gemacht. Ich persönliche werde bei Offenblende wohl vorzugsweise auf das Display, den Aufstecksucher oder einer Sucherlupe zurückgreifen. Zumindest wenn ich bei Offenblende bis F4.und im Bereich 1-5m arbeite. Alles danach und abgeblendet erledigt dann die Tiefenschärfe. 😉
Wenn man den Fokus richtig erwischt, ist das wirklich sehr schön, was da rauskommt. Für die Adaptierer ist das alles natürlich kein Thema.
Und was ist mit Bokeh?
In diesem Punkt muss ich sagen, hat mich das Voigtländer Skopar voll überzeugt.
Ein 90mm mit f2.8 liest sich jetzt natürlich anders als ein 90mm mit f2.0 oder f1.4 oder noch Lichtstärker, aber natürlich kann man bei dieser Brennweite und dieser Blendenöffnung auch schon sehr schön mit der Schärfeebene und der Hintergundunschärfe spielen. Ich hatte es ja oben schon geschrieben, dass ich bei f2.8 schon so meine Schwierigkeiten an der M hatte. Ich für meinen Fall könnte mit mehr Lichtsstärke nur noch schwerer umgehen. Die sehr gute und ausgeprägte Schärfe + Mikrokontraste bei Offenblende und das schön weiche, sehr ausgewogene Bokeh haben eine kleine eigene „Handschrift“. Ich weiß nicht, wie ich das anders ausdrücken soll. Was mir auffiel, ist, dass man hier und da die Lichtquellen eben als kleine Bubbles im Bild wiederfindet. Das Portrait meiner Tochter unten zum Beispiel, da erkennt man das sehr schön, finde ich. Da, wo das Fenster im Hintergrund unten endet, sieht man kleine aneinander gereihte Bubbles. Ohne allzu aufdringlich und somit ablenkend im Bild zu sein. Auf dem Fensterbrett war/ist nichts.
Aber auch das Bild aus dem Cockpit heraus zeigt dies ganz gut. Auch wenn ich da, glaube ich, bei F5.6 war? Anyway, die kleinen Bubbles in der Fensterscheibe zum Beispiel und auch unten die grünen und blauen Lichter, zeigen, was ich zu beschreiben versuche eigentlich ganz gut. Ich mag da vor allem das unaufdringliche. Man erkennt das erst auf den zweiten oder gar dritten Blick, wenn man es sucht. Auch gerade Linien werden schön gezeichnet.
Lichtquellen im Hintergrund werden sehr schön kreisrund, zum Rand hin verlieren sie davon etwas und gehen in die Richtung Katzenaugen, aber auch bei f2.8 erkenne ich kreisrunde diffuse Lichtquellen.
Ich finde einerseits ist die f2.8 ein sehr guter Sweet Spot, um das Objektiv noch gut an der M und dem Messsucher nutzen zu können, und andererseits hat das Zusammenspiel von Schärfe und Unschärfe eine schönen kleinen 3D Pop hier und da entstehen lassen. Als Portraitglas hat dieses Objektiv für mich irgendwie noch einmal einen besonderen Reiz. Ich mochte die Ergebnisse tatsächlich sehr.
Fazit
Das Voigtländer Skopar 90mm f2.8 VM ist ein super Einstieg von Voigtländer/Cosina in die 90mm Brennweite. Die Bauqualität ist Voigtländermäßig auf einem sehr hohen Standard und einer Leica M würdig. Hört sich komisch an, aber ich glaube, ihr wisst, was ich damit sagen will?! Die mitgelieferte Sonnenblende, die sich für den Transport andersherum raufsetzen lässt, ist super. Einzig stört mich daran, dass man so eben wirklich immer die Sonnenblende auch wieder richtig aufsetzen muss, da man sonst nicht an den Blenden- und nur schlecht an den Fokusring rankommt. Aber das ist jetzt „meckern auf sehr hohem Niveau“. Haptisch ist dieses Objektiv über jeden Zweifel erhaben.
Die Abbildungsleistung ist auf einem sehr hohen Niveau. In Sachen Schärfe kann es seinen zwei älteren Brüdern aber meiner Meinung nach nicht zu 100% gleichziehen. Nicht falsch verstehen! Die Schärfe ist sehr gut, die zwei anderen sind nur krass scharf. Im Hinblick auf die Nutzung für Portraits ist eine fehlende ultra-brutale-kompromisslose Schärfe ja auch nicht ganz verkehrt. Randunschärfen und Verzeichnungen sucht man ebenso vergebens wie eine Streulichtempfindlichkeit.
Für wen ist dieses Objektiv also etwas?
Für mich als Reisefotograf ist es ein perfektes Glas. Es ist klein, leicht (alleine das macht dieses Glas fast schon zu einem No-Brainer für mich) und bietet ausgezeichnete Abbildungsleistung für Urbanes, Landschaft, Street/Menschen und, wenn es mal allgemein nötig, ist, um größere Distanzen zu überwinden. Ich persönlich würde es auch bei Portrait nutzen.
Wer also auf der Suche nach einem sehr guten, kleinen und leichten 90mm Objektiv für seine M ist, der sollte sich das 90mm Voigtländer APO Skopar zumindest mal ansehen.
Eine Alternative in Bezug auf Größe, Gewicht und Specs (zumindest in Teilen) könnte das Leica Tele-Elmarit sein. Ich würde aber sagen, dass es in Sachen optischer Leistung schon hinter dem Voigtländer Skopar liegt – zumindest in Bezug auf Schärfe/Mikrokontraste und Bokehcharakteristik (persönliche Meinung).
Wenn es Leica sein soll, dann würde wohl noch am ehesten das Summicron 90mm passen. Hier muss man dann aber auch bereit sein, deutlich tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Auch ist das Summicron in Sachen Größe und Gewicht eine andere Liga.
Bei mir wird das Voigtländer Skopar 90mm f2.8 VM wohl einziehen und somit meinen Objektivpark mit (21) 24, 28, 35 und 50mm abrunden. Tolles Glas, was definitiv einen Blick für jeden Interessenten wert sein sollte.
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Hallo Qimago,
ich lese hier schon einige Zeit mit. Eine Anmerkung zum Thema Transparenz: ihr müsstet, wenn ihr das schon so stark in euren Tests betont, zumindest auch klar machen, ob dies Leihgaben sind oder ihr die Gegenstände auch behalten dürft. Ohne diese Klarheit wirkt das komisch.
Oder lasst das Thema Transparenz weg.
Grüße aus Österreich
Klaus
Hallo Klaus,
eine Leihgabe (so schreibe ich das ja auch in dem review hier) ist eigentlich ein recht deutliche Bezeichnung dafür das man etwas geliehen bekommt was man dann eben auch zurück geben muss.
Davon unabhängig habe ich das 90er aber im Nachgang nach meinen Tests erworben.
Ich finde uns da schon immer recht eindeutig. Aber mal sehen ob wir das zukünftig noch deutlicher machen können….auch für unsere österreichischen Freunde.😉
Hallo Mehrdad
immer häufiger lese ich dass wir nicht mehr so gute Augen haben und doch einige zur SLxxx Fraktion mit ihren M Objektiven abwandern. Dass auch Mr.Leica den Schritt gemacht hat (zur SL), hat mir zu denken gegeben. Ich beobachte auch dass Du immer wieder zur Fuji greifst. 😉
Wäre da eine SL2 (S) nicht auch für Dich eine Ergänzung oder sogar eine Ersetzung wert?
Ich werde es jedenfalls machen. Bin 55 Jahre alt und freue mich auf den genialen el. Sucher. Und dann bietet die SL ja auch noch ganz neue Möglichkeiten zu geringeren Kosten….
Viele Grüße
Ralph
Hallo Ralph,
Ich gebe Dir da durchaus recht, wenn da nicht dieses kleine aber für mich sehr wichtige Detail der „Freude mit einer M zu fotografieren“ wäre.
Alles bis 50mm mit dem Messsucher ist für mich zum Glück noch kein Problem. Es wird erst nervig ab 75 bzw. eher 90mm. Diese Brennweite ist bei mir aber eher selten im Einsatz.
Dennoch, würde mir meine M10(P) nicht mehr reichen (Sensor, ISO etc) bzw. ich eine neue Kamera suchen, dann würde ich wohl zur SL (2…s) greifen.
Mehr Spass macht mir persönlich das fotografieren mit einer M. 🤷🏽♂️
Hallo Mehrdad,
Ich habe diesen Artikel mit grossem Interesse gelesen, da ich eine 90mm-Brennweite für meine CLE und Zeiss Ikon suche.
Aber 60 cm lang ist doch schon eine lange Tüte, oder? Müsste da der Messsucher nicht voll mit Objektiv sein?
Ansonsten mach weiter so, Die Artikel und auch die Posts auf youtube sind immer wieder interessant!
Mit freundlichen Grüssen,
Jean-Claude.
Hallo Mehrdad,
Bei einer Länge von 60 cm nicht in den Sucher hineinragen?
Ist sicherlich ein Tippfehler, oder :-)?
Das Objektiv interessiert mich sehr, würde gut zu meiner Zeiss Ikon und Minolta CLE passen…
Mit freundlichen Grüssen,
Jean-Claude.
hahaha…ja, 60cm wäre ziemlich lang. Sind natürlich nur 6cm.
Danke für den freundlichen Hinweis.
Hallo liebe Qimagoianer
Gerne lese ich eure Blogbeiträge. Nun ist aber schon lange nichts mehr passiert hier. Ist was passiert?
Liebe Grüsse aus dem Emmental
Helmut
Hallo Helmut,
Danke für die Nachfrage! 🙂 Wir haben uns etwas mehr auf youtube umgetan und bereiten zugleich eine schnellere Seite für den Blog vor. Danke für Deine Geduld! LG Elmar