Vor ein paar Wochen hatte ich die Gelegenheit, mal eine richtige Seltenheit auszuprobieren: das ZEISS 85mm Sonnar f2 ZM. Ja, für Leica M. Das hat sicher kaum jemand auf dem Schirm, allerdings ist es eines der besten 85er, die man bekommen kann – wenn man denn eins bekommen kann. Nur rund 600 Stück sind von 2007 bis 2011 gebaut worden. Viel Glück beim Finden!
Mein Dank geht hier an Alex von FOTO-GÖRLITZ, der mir das Objektiv für einen Test zur Verfügung gestellt hat.

Leica M10 + ZEISS 85mm Sonnar
Haptik und Aufbau
Wer die ZEISS „Classic“ Objektive kennt oder die ZEISS ZM Reihe, kenn auch die Haptik des 85mm Sonnar. Es ist aus Metall gefertigt und fühlt sich enorm hochwertig an. Die Sonnenblende kann man abnehmen, allerdings empfiehlt ZEISS, dass man sie für optimale Ergebnisse auch nutzt. Diese Blende ist ebenfalls aus Metall gefertigt und innen leicht samtiert um Reflexe zu vermeiden.
Fokus- und Blendenring sind am 85mm Sonnar leicht zu finden. Der Fokusring ist angenehm breit – insgesamt ist das Objektiv nicht gerade klein an einer M, aber das macht nichts. Ehrlich gesagt würde ich es eher anschaffen um es a) in einer Sammlung zu haben und b) an einer spiegellosen Kamera mit EVF zu nutzen. Der Fokusweg ist angepasst an den Messsucher – nicht zu lang, aber auch nicht zu kurz. Man kann sehr genau problemlos fokussieren.
Die Blende lässt sich von f2 bis f16 in halben Stufen verstellen und rastet sauber ein. Wieder einmal habe ich ein gebrauchtes Objektiv in Händen, das man zu recht „neuwertig“ nennen kann. An der M ist das Objektiv gerade so noch ausbalanciert – eher ist das 85mm Sonnar mit 450gr Gewicht etwas frontlastig. Das ist aufgrund der Größe sicher auch keine Überraschung.

ZEISS ZM f2 85mm Sonnar
Performance des 85mm Sonnar
Unglaublich scharf, kaum chromatische Aberrationen , sehr angenehmes Bokeh. Gerade letzteres erinnert mich auch etwas an das ZEISS 50mm f1.5 Sonnar ZM, vielleicht etwas weniger swirly als letzteres. Das 85mm Sonnar wurde ausschließlich in Deutschland bei ZEISS gebaut und verfügt letztlich über Technik, die in den „damaligen“ Cine Objektiven Anwendung fand. Damit ist es für mich ein Vorläufer der Otus Reihe, in der man ähnliche Ansätze verfolgte.

hier an einer Nikon Z7
Wer zum Beispiel ein echtes Portrait-Glas sucht, wird mit dem 85mm Sonnar glücklich werden. Mir gefällt die Zeichnung besser als die eines 85mm Otus Objektivs und das rangiert auf meiner Favoritenliste ziemlich weit oben. Das 85mm Sonnar hat vielleicht nicht ganz den künstlerischen Pinselstrich, aber dafür eine sehr angenehme Separation vom Hintergrund und eine zeisstypische klare Zeichnung der Lichter im Bokeh. Keine harschen Linien, keine heftigen Kanten. Schön smooth ohne dabei zu butterig zu werden. Der Schärfeabfall ist aus der Fokuszone heraus relativ abrupt, was zu einem schönen 3D-Pop führen kann. Die Ergebnisse können da echt begeistern, auch wenn es sicher schärfere Objektive gibt (bspw. das 90mm f2 APO-Summicron).

an der Leica M246 Monochrom
Ein bisschen Vignettierung bei Offenblende kann man finden – ich finde das ganz charmant. Die Vignettierung ist bei f4 verschwunden, war aber auch bei f2 weniger als 1EV. Es ist ein schönes Beispiel für die ZEISS Signatur. Bei Offenblende hat man ein „anderes“ Objektiv als bei der nächsten vollen Blendenstufe. Schärfe ist kein Problem, man muss nur den Schärfepunkt auch genau finden. Direkt „neben“ dem Schärfepunkt, also wenn man falsch fokussiert, kann man minimalen Glow da finden, wo man eigentlich die Schärfe haben wollte. Das sieht man nur, wenn man reinzoomt, das Bild an sich wirkt eher harmonisch und bei einem 13x18cm Ausdruck ist es unsichtbar. Na gut. Die meisten betrachten ihre Bilder sicher auf nem Monitor…

ISO8000, hoppla! (Leica M246 Monochrom)
Haben-Wollen-Faktor
Dieser ist für mich beim 85mm Sonnar enorm hoch. Es ist vielleicht nicht das Objektiv, das man jeden Tag immer dabei und aufgesetzt hat, aber es ist eines, das jedesmal Freude hinterlässt. Daher mag ich es sehr, es ist nicht allzu perfekt, dafür aber unglaublich harmonisch. Als Bonus liefert es den ZEISS Look aus Plastizität und hohem Mikrokontrast, was für mich ein herausragendes leichtes Teleobjektiv für Leica M ausmacht. Auch wenn mir zum Beispiel das 85mm f4 Tessar ZM auch sehr sehr gut gefallen hat, ist das 85mm Sonnar ein echter Traum.
Ein schönes Teil zum Haben und Kunst erstellen.
- Nikon Z7
- Leica M10 + ZEISS 85mm Sonnar
- Leica M10
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Cooler Bericht, danke!
Ich habe eins gefunden!!! Mmmm, leider knapp 6.000,00 €… Dann muss ein altes 90er Summicron für mich wohl reichen 🙂
Jepp – der Preis… Auweia. Aber es ist schööööön.