In den letzten Jahren habe ich ziemlich viele Objektive getestet und besessen. Oft waren es 35mm Objektive, da viele Hersteller sich bei dieser Brennweite etwas austoben – ähnlich wie bei 50mm. Offenbar zählen die 35mm zu den Brennweiten, die man unbedingt haben muss oder die manch einer sich als „einzige“ Brennweite zulegt. Daher resultieren ja auch Kameras wie die Sony RX1 Reihe oder letztlich auch die Fuji X100 Reihe, Leica X… 35mm scheinen also ein Must-Have zu sein.
Die meisten dieser Objektive, die mir durch die Hände gehen, messe ich dabei an einer persönlichen Präferenz. Letztere liegt beim 35mm f2 Distagon Z.F2 von ZEISS. Es gibt ein weiteres 35mm, das mir ebensogut gefällt, aber das ist leider an einer Kamera fest verbaut und tatsächlich trägt auch jenes ein ZEISS Label – das 35mm f2 Sonnar der RX1 von Sony. Diese beiden Objektive sind es, die mich überhaupt dazu brachten, mich mit ZEISS auseinander zu setzen. Insbesondere das Distagon, welches ich tatsächlich als mein Lieblingsobjektiv bezeichnen würde.
Ich weiß nicht, was es genau ist. Vielleicht die sanfte Freistellung, die weiche Wiedergabe der Lichter im Bokeh, die recht mikrokontrastige Schärfe, die leichte Vignettierung bei Offenblende, der nahezu perfekte Fokusweg beim Scharfstellen, die weichen Linien in der Unschärfe. Ach, keine Ahnung. Es sind Punkte, die ich so aufzählen kann, die jeder für sich genommen von anderen Objektiven auch super erledigt werden. Das Gesamtpaket fasziniert mich reichlich.
Ein neuer Blick aufs Alte
Vor ein paar Jahren hatte ich auch schon mal die neuere Version des Distagon in Händen: Das 2/35 Milvus. Im Testzeitraum hatte ich gleichzeitig irgendwie alle derzeit verfügbaren Milvus gleichzeitig da, was mein Zeitpensum mit jedem Objektiv nicht gerade üppig ausfallen ließ. Daher hatte ich den Wunsch entwickelt, jetzt, nach einiger Mehrerfahrung mit anderen Objektiven, nochmal einen ruhigen Blick drauf zu werfen. Man muss bemerken, dass es noch das 1.4 /35mm Milvus gibt – ein besonderes Schätzchen, aber auch ein ordentlicher Brocken.
Im Grunde macht das 2/35 Milvus auf dem Papier alles besser als das ältere Distagon. Die Beschichtung wurde nochmal aktualisiert, das Gehäuse wurde entsprechend der Reihe neu aufgesetzt. Die Objektivrechnung soll die gleiche sein wie vorher bei der „Classic“ Reihe. Ich meine, dass durch die aktuelle Beschichtung (T*) erreicht wurde, dass die Kontraste noch etwas stärker ausfallen und im Gegenlicht noch etwas weniger Flares auftreten als bei der vorherigen Version. Das führt auch dazu, dass im Bokeh etwas mehr Kontraste auftreten. Letzteres finde ich nicht ganz so gut, denn es ist einer der Punkte, die ich an der Classicversion sehr schätze – Kontrastabfall im Unscharfen. Ich mag es überhaupt nicht, wenn Strukturen im Hintergrund sich zu sehr aufdrängen. Linien bspw. Dürfen nicht zu sehr hervortreten. Und bei manchen Objektiven verdicken sie sich sogar noch durch das Unscharfe… Hier geht es noch. Beim allseits gelobten Fuji 35mm f1.4 bspw war mir das Bokeh immer viel zu unruhig, was ich allerdings erst feststellte, als ich zum Vergleich damals das Distagon 35mm f2 aufgesetzt hatte. Plötzlich waren die Bilder so, wie ich sie mir gewünscht hatte und es gab keinen Weg mehr zurück.
Handling und Performance des Milvus 2/35
Das Milvus 2/35 habe ich auf einer Nikon Df und einer Nikon Z7 mit dem originalen FTZ-Adapter genutzt. Auf meiner X-Pro1 konnte ich es nicht mehr einsetzen „wie früher“, da die Kamera mir leider gestorben ist (Verschluss hängt).
Im Handling gefällt mir die Milvus-Bauweise mittlerweile richtig gut. Den Fokusring findet man schnell, das Objektiv ist zwar nicht klein, wirkt aber kompakt. An beiden verwendeten Kameras ist es sehr gut ausbalanciert. Man kann es gut für eine ganze Weile nutzen, ohne dass es kopflastig wird.
Während es natürlich am Kleinbildformat seine Stärken voll ausspielen kann, ist es meines Erachtens nach das perfekte „Normalobjektiv“ an APSC. Durch den sehr guten Mikrokontrast kann man es sehr gut und schnell scharfstellen. Auch ohne Fokussierhilfe, die ich sonst immer gern nutze. Die hohe Auflösung des Nikon Z7 Sensors bespielt es auch locker.
Mein Fazit zum Milvus 2 / 35
Als Fazit kann ich direkt sagen, dass das Milvus 2/35 wirklich ein sehr feines Objektiv ist. Für mich liegt die Magie nach wie vor eher beim Distagon 2/35 classic, was vor allem an den stärkeren Kontrasten des Milvus liegt. Wer ein 35mm Objektiv sucht, und zwar abseits von M-Mount oder E-Mount, der macht mit dem 2/35 Milvus alles richtig. Ok, man muss natürlich mit manuellem Fokus klarkommen. Und ganz ehrlich: Es war mal wieder schön, näher als 70cm rangehen zu können. 😉
An dieser Stelle einmal ganz herzlichen Dank an ZEISS für die Leihstellung!
Leave a reply
Schöner, erfahrungsreicher Review. Den ich so nur bestätigen kann!
Nach deinem Bericht habe ich mir das Objektiv gekauft.
Bin total begeistert, so gut habe ich es mir nicht vorgestellt… und das manuelle Fokussieren ist gar nicht so kompliziert.
Danke für deinen „kurz und schmerzlosen“ Review – mir hat er sehr geholfen.
P.S.
Blöderweise habe ich mir den vom 85mm 1.4 auch durchgelesen…