Heute haben wir den Fotograf Thorsten Rother als Interview-Gast bei uns im Blog. Er kommt aus der Werbefotografie und hat mit so ziemlich jedem großen Unternehmen als Fotograf gearbeitet was man sich vorstellen kann. Einigen wird er eventuell auch als der Fotograf bekannt sein, der mit der Werbeindustrie sein Hühnchen gerupft hat.
Thorsten, wann hattest Du Deine erste Kamera in der Hand? Wie kam es dazu?
Mit 4 Jahren in einem Urlaub in Bulgarien. Ich kann mich so gut daran erinnern, da mich das Foto lange begleitet hat. Mit 5 haben mir meine Eltern eine eigene Kamera geschenkt, um mich bei Unternehmungen bei Laune zu halten. Ab da gab es dann für jeden Urlaub 3-5 Dia-Filme, die es sich gut einzuteilen galt.
Wann kam der Gedanke/Wunsch damit Geld zu verdienen?
Das war dann wiederum eher ein Zufall: ich habe zunächst eine Ausbildung in der Werbebranche absolviert und mich direkt danach selbständig gemacht. Ungefähr im fünften Jahr der Selbständigkeit hat unser Hauptkonkurrent einen Katalog produziert. Das gute Stück habe ich mir natürlich besorgt und dachte: das können wir auch! Und die Fotos mache ich einfach selbst. Gesagt – getan. Die Ergebnisse waren jedoch (nicht nur rückblickend) gelinde gesagt eine mittlere Katastrophe. Der Ehrgeiz des kleinen Perfektionisten in mir war geweckt und mit besseren Resultaten verselbständigte sich der Weg weiter.
Du bist seit 21 Jahren als Berufsfotograf tätig. Erzähl uns bitte was zu Deinem Werdegang!
21 Jahre sind nicht gerade schnell erzählt, aber die wichtigsten Stationen: meine freie Assistenzzeit in Hamburg, die doch recht mageren Jahre in Berlin und der ziemlich rasante Aufstieg in der Werbefotografie von München aus. In der Top Riege der Werbe-Fotografie habe ich dann auch fast 13 Jahre verbracht bis ich Ende 2016 mein komplettes Geschäft umgestellt habe.
Aktuell fordere ich das Schicksal mit meinen Entscheidungen sicherlich wieder ziemlich heraus. Denn (noch) gibt es zu meinem Ziel keinen bereits begangenen Weg. Aber wenn ich mich worauf verlassen kann, dann meine Erfahrung, die gezeigt hat, dass weder das Einhalten von Konformitäten noch das gezielte Rebellieren dagegen dazu führen ein wirklich bedeutsamer Fotograf zu werden. Sondern Entschlossenheit und Ausdauer ungeachtet der Meinung anderer.
Du hast kürzlich sehr deutlich die klassische Werbefotografie an den Pranger gestellt. Wie kam es dazu?
Es gab und gibt Entwicklungen in dieser Branche, die mir absolut nicht gefallen. Und ja, meiner Meinung nach ist die Werbung an sich ein für Fotografen sterbender Markt. Sicher, die Nachfrage nach Bildmaterial ist so groß wie nie. Das Angebot aber eben auch. Und was das wiederum für den Preis heißt und daraus resultierend die logische Konsequenz sein sollte, ist jedem klar, der sich seinen unternehmerischen Verstand noch nicht (komplett) durch die verlockende wie trügerische Ersatzwährung namens Aufmerksamkeit vernebeln ließ. Diese ist nämlich nicht nur wertlos, um die Miete zu bezahlen, sondern im Gegenteil auch noch ein Kostenverursacher.
Ein weiterer Punkt ist, dass sich Themen und Optik bei sehr vielen Werbefotografen immer weiter angleichen, was man schon als Einheits-Bildsprache bezeichnen kann. Und genau diese Tatsache macht die Fotografen in diesem Segment komplett austauschbar – was sie natürlich merken, weil sie zu reinen Dienstleistern mutieren und nicht mehr die gewohnten Honorare abrufen können.
Außerdem vermisse ich die Vielfalt in dieser Szene. Den Mut von Auftraggebern, die Herausforderung an sich. Wo ist die mal wirklich neue Bildsprache, die wirklich kreative Kampagnenidee? Zwar arbeite ich noch ab und zu für die Werbung, schaue mir jedoch ganz genau an, für wen ich was mache.
Du bezeichnest Dich auf Deiner Website selber als „Visual Storyteller“. Was genau bedeutet das für Dich?
Die Begrifflichkeit stammt aus den USA und wird für Ersteller von „interactive media content“ benutzt. So wie sich die technischen Gegebenheiten weiterentwickeln, sollte sich auch der Fotograf weiterentwickeln und hier gibt es wirklich tolle Chancen und Möglichkeiten. Als visuel storyteller kombiniere ich Foto, Video, Audio und Text miteinander. Speziell für online und Social media ist das Konzept ideal.
Wie wichtig sind für Dich Kooperationen mit Kamera-/Objektivherstellern?
Kooperationen sind für mein neues Geschäft sehr wichtig. Sie ermöglichen mir Projekte, die ich im klassischen Auftrags-Geschäft fotografisch nie umsetzen könnte. Das Schöne ist, dass diese Kooperationen angemessen honoriert werden. Kamerahersteller spielen da zunehmend eine wichtige Rolle. Allerdings führen wir offene Beziehungen; sollte mich ein Hersteller jedoch exklusiv binden wollen ist dies für das entsprechende Angebot möglich.
Welche Kamera benutzt Du (am liebsten)?
Im Moment arbeite ich am liebsten mit der Leica Q. Ich habe seit meiner Japanreise mein Equipment noch mal reduziert und komme mit einer Brennweite 28mm aus. Generell bin ich gerne flexibel und weiß aufgrund meiner langen Erfahrung Features wie z.B. den Fußzoom gezielt einzusetzen.
Du warst kürzlich in Japan unterwegs und berichtest darüber auch in Deinem Podcast. Warum Japan?
Mich hat dieses Land schon seit Kindertagen fasziniert. Der Gegensatz von tief verwurzelter, gelebter Tradition und sich ständig weiterentwickelnder Moderne. Ende letzten Jahres habe ich ein Konzept für diese Reise geschrieben und es verschiedenen Kooperationspartnern vorgeschlagen. Besonders durch den Podcast sind hier die Möglichkeiten noch einmal deutlich gestiegen und so kam es zur Zusammenarbeit mit zwei Partnern, die mir dieses Projekt gegen Honorierung und ohne Einmischung ermöglichten umzusetzen. Diese enorme Freiheit ist für mich ein großes Geschenk und ich weiß eine derartig wertvolle Zusammenarbeit sehr zu schätzen.
Gibt es da ein Lieblingsbild? Wenn ja, welches und warum?
Von mir? Ja, das nächste Bild ?
Hast Du fotografische Vorbilder? Wenn ja, welche?
Gute Frage, ich würde eher sagen ich habe sehr großen Respekt vor Menschen, die mutig ihren Weg gehen. Auch, wenn es mal nicht so gemütlich ist und ihnen der Gegenwind ordentlich ins Gewicht weht. Davon gibt es unter den Fotografen auch einige Gesellen.
Wo geht die nächste Reise hin? Was ist Dein nächstes Projekt?
Ein ähnlich umfangreiches Projekt wie Japan ist gerade wieder in Planung und Verhandlung. Deshalb kann ich aktuell noch nicht viel dazu sagen. In der Zwischenzeit werde ich aber in Sachen Portrait europaweit und relativ häufig in diesem Jahr unterwegs sein.
Danke Thorsten für das Interview!
Hier geht es zu Thorsten’s Web- und Social-Mediapräsenzen:
www.thorstenrother.com
www.instagram.com/thorstenrother
www.facebook.com/thorsten.rother
Seinen Podcast findet ihr hier:
iTunes: http://apple.co/2EhYgvq
Android: http://bit.ly/2pZaoOS
Spotify: http://bit.ly/2lZc46y
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