Eulen mit Glasaugen sind sicher eine gruselige Vorstellung. Man muss sich überlegen, wie es wäre, wenn sie da sitzen und die ganze Zeit glotzen. Also ständig. Eulen tun das ohnehin recht viel, aber in einer ausgestopften Variante an der Wand einer Berghütte kommt das nochmal ganz anders…
Naja. Eigentlich soll es gar nicht um ausgestopfte Eulen gehen, vielmehr um weitere Blicke auf das ZEISS Otus 55mm f1.4. Ein echt gutes Glas, das ich mir nach langem hin und her geleistet habe. Im Jahr 2015 hatte ich mal eines zum Testen bekommen und hatte ein bisschen Furcht gehabt, dass mich das Glas verwöhnen würde und ich danach keine anderen Objektive mehr nehmen wollen würde. Ein bisschen ist das auch so, aber na gut.
Letztlich kehrte ich in meinem Archiv immer wieder zu den Bildern zurück, die ich mit den Otus-Objektiven aufgenommen hatte. Das Rendering (sagt man das so?) ist in meinen Augen sehr harmonisch, die Schärfe phänomenal und das Bokeh ganz wunderbar. Bis hierhin also ein echtes Loblied! Bei meiner ersten Begegnung hatte ich schon festgestellt, dass das 55er schwieriger zu fokussieren war als das 85er – bei letzterem fällt die Schärfe so klar ab, dass ganz schnell klar ist, ob scharf oder nicht am gewünschten Punkte. Als ich dann viel später auch mal das 28er Otus testen konnte, war ich teilweise sogar leicht frustriert: Den exakten Fokus zu setzen war gar nicht so einfach. Mein 25mm f2 Distagon war deutlich einfacher zu fokussieren als das 28er Otus. Naja, man fuchst sich so rein.
Mit dem 55er bin ich mittlerweile rund ein Jahr lang unterwegs, nicht ausschließlich, aber oft genug. Nach wie vor bin ich äußerst froh, mir „die Scherbe“ geleistet zu haben. Manchmal jedoch war ich etwas frustriert, wenn der Fokus nicht saß und fing an, am Sucher meiner Kamera zu zweifeln oder an der Justage des Otus (auch an mir selbst, aber zugleich muss ich sagen, dass ich ja fast ausschließlich manuell fokussiere und es ja mit anderen Objektiven auch funktioniert…). Hmm. Mehr üben, dachte ich mir – und das sollte es dann auch sein.
So ein Otus zu benutzen ist „schon cool“. Auch wenn ich nach wie vor die Haptik der Classic-Serie bevorzuge, ist es doch bei kälteren Temperaturen auch schön, einen gummierten Ring zu greifen und nicht direkt am Metall zu arbeiten. Sehr froh bin ich über die apochromatischen Eigenschaften: Hohe Kontraste im Gegenlicht? Kein Problem! Pixelschärfe auch an „harten Kanten“ (hell-dunkel)? Kein Problem! Sterne nachts? Kein Problem! Fokussieren mit einem DSLR-Sucher bei nahezu stockfinsteren Räumen? Kein Problem!
Als tägliches Immerdrauf mitnehmen, weil man einfach den Look so mag? Kleines Gewichtsproblem! Schnell mit in die Tasche stecken zum Dabeihaben? Kleines Größenproblem! Draufhalten und Feuern? Kleines ManuellerFokusProblem! Unauffällig bei einer Veranstaltung fotografieren? Hahaha! Wann immer ich mal von Leica M Nutzern lese, dass beispielsweise das Noctilux ja sooooo groß und schwer sei, oder in der Fuji Gemeinde sich jemand über die Wucht des 90ers beschwert oder gar die X-H1 für „wuchtig“ hält, hihi, dann schmunzel ich etwas. Leiht euch für ein paar Tage das 28mm Otus aus… Viel Spaß! 😉
Wer ein Otus an seine Kamera setzt, weiß, dass unauffällig, klein und leicht anders aussieht. Das macht aber nichts, finde ich. Ich weiß, dass, „wenn es drauf ankommt“, ich das Otus nutzen werde, da die Ergebnisse einfach stimmen. Nutze ich es als „offizieller Fotograf“ bei einer Veranstaltung/Hochzeit/etc ist ein Verstecktbleiben oft auch gar nicht mehr nötig. Zugleich hilft es auch, von zu fotografierenden als „der Fotograf heute“ wahrgenommen zu werden. (Ja, das geht auch mit ner kleinen Fuji, kein Problem… 😉 ) Wenn ich mich drauf verlassen muss, dass mich meine Ausrüstung nicht einschränkt, ist das Otus mit dabei. Zu dem gesellen sich noch die 35mm f2 und 25mm f2 Distagone, je nach Fotogelegenheit.
Wenn ich so drüber nachdenke, ob sich das Otus für mich gelohnt hat,… Tja. Hat es. Ich bin mir sicher, dass das 50mm f1.4 Milvus auch noch ganz ganz viele Reserven hat und auch besser für den Alltag wäre (siehe Größe und Gewicht). Insofern muss es nicht immer Otus sein. Ich bin allerdings überzeugt davon, dass es ein fantastisches Werkzeug ist und es bereitet mir immer wieder auch Freude, es nach einer Weile wieder dran zu setzen und ein wenig damit zu fotografieren. Dann machst du beispielsweise dieses eine magische Bild von deinem Kind und weißt, dass sich der Kauf des Objektivs gelohnt hat. Vom enthusiastischen bis hin zum professionellen Einsatz mal ganz abgesehen.
Wenn ich mir jetzt noch was wünschen dürfte… Das 35mm f1.4 Milvus ist ja schon eine geniale Scherbe… Das nochmal überarbeitet in einem Otus-Gehäuse (man bedenke das versehentliche Defokussieren durch die Milvus-typische Bedienung.), wäre ja fantastisch…
So macht ein Otus für mich sehr viel Sinn – Eulenaugen sind eben sehr sehr leistungsfähig, auch wenn sie aus Glas sind.
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Hey Elmar!
Die Bilder sind wirklich sehr sehr schön! Du hast das Otus nicht ohne Grund!
Und Du machst einfach tolle Fotos!
Danke fürs Zeigen.
liebe Grüße
M.