Ein Dauerbrenner unter den Zeiss Objektiven ist zweifelsohne das 35mm f2 Biogon ZM. Auch wenn wir es an anderer Stelle auf unserem Blog schon einmal betrachtet haben, ist womöglich ein zweiter Blick ganz lohnenswert.
Es ist klein, aber dennoch handlich, offen schon gut scharf und hat genügend 3D-Pop, damit es Spaß macht. Eigentlich ein No-Brainer für spiegellose Systemkameras, müsste man meinen. Leider haben Biogone nicht gerade den Ruf, mit modernen Sensoren in Digitalkameras gut zu harmonieren. Für noch weitwinkligere Varianten mag das gelten – mit ein paar Abstrichen an den Rändern kann man allerdings auch mit diesen Objektiven gut arbeiten – zumindest an APSC, und das ist ja weit verbreitet. Das 35mm f2 funktioniert recht gut an einer Digitalen, wie ich finde. Tatsächlich ist genau diese Kombination aus Brennweite und Offenblende ja mein Favorit unter den Objektiven fürs Alltägliche – da allerdings ein Distagon Z.F2 – kann das 35er ZM da mithalten? Ich war gespannt.
Seit dem Jahr 1935 gibt es das Biogon-Design. Abgeleitet von einer Sonnar-Rechnung ging der Wunsch in Richtung Weitwinkel. Als erstes tauchte damals das 35mm f2.8 auf, das in den 1950er Jahren um weitere noch weitwinkligere Objektive Zuwachs bekam. Das 35mm f2 ist mit einer Blende Vorsprung die lichtstarke Variante des 35mm f2.8 Klassikers. Lichtstärker als f2 findet man in der Biogon Reihe nicht – bei heutigen Kameras benötigt man das aber auch kaum. Das Biogon Design ist recht symmetrisch und kompakt, ein Neunlinser, für alle, die sich dafür interessieren. Angenehm wenig Verzeichnung ist zu finden – das ist für die gelegentliche Architekturaufnahme auch ganz gut.
Verglichen mit dem 35mm f2.8 ist es eine sehr schöne Linse, denn letzteres ist für meine Hände eher zu klein. Das 35mm f2 ist da schon etwas angenehmer, einfach besser zu greifen.
Ich werde nicht müde, mich über die Naheinstellgrenze zu beschweren – sie ist mir einfach zu weit manchmal – ein 35mm verzerrt wenig genug, dass man ruhig auch mal nah rangehen kann, aber das lassen Messsucher nicht so recht zu, so dass man da meist mit rund 70cm Abstand Vorlieb nehmen muss. Moderne spiegellose Systeme arbeiten zumeist mit Display und elektronischem Sucher – da werden diese Grenzen langsam schwammig, denke ich. Für die Nähe empfiehlt sich ohnehin eher der Griff zum Distagon Design, auch wenn „Distanz“ im Wort zu stecken scheint, geht es bei den Distagonen dank „floating elements“ um eine Verbesserung des Nahbereichs. Das hat man beim Biogon nicht – was jetzt allerdings nicht heißt, dass es im Nahbereich schlecht abbildet. Es ist höchstens das Streben nach einer höchstmöglichen Bildqualität, das den geneigten Fotografen abwägen lässt.
Das 35er Biogon hat mir recht viel Freude bereitet – und da bin ich nicht allein. Ich hatte es sowohl auf einer Sony A7 als auch einer Fuji X-T1 und X-Pro 1 eingesetzt, jeweils mit Adaptern diverser Drittanbieter. Zumeist nutze ich den elektronischen Sucher mit Vergrößerungsoption beim Fokussieren. Das ist eine für mich bewährte Herangehensweise für scharfe Fotos 😉 Das Biogon enttäuscht da nicht. Es ist offenblendig gut verwendbar und bis etwa f11 kann man auch sauber und scharf damit arbeiten. Danach ist mit etwas Diffraktion zu rechnen, aber das habe ich auch kaum ausprobiert.
Das Handling ist ebenso wie bei den anderen ZMs ganz prima. Gut gedämpft und mit präzisem mechanischen Klick – alles funktioniert, wie es soll. Man ist versucht, das Ohr ans Objektiv zu halten und am Blendenring zu spielen. Sauber, wie ein gutes Uhrwerk hört sich das an.
Insgesamt bin ich positiv überrascht worden. Bei Biogonen habe ich noch immer etwas Unbehagen gehabt, sie an Digitalkameras einzusetzen „wenn es drauf ankommt“. Ich kann dieses Vorurteil langsam loslassen, denn die Schärfe stimmt dort, wo ich sie brauche. Ganz deutlich muss man auf die Vignettierung eingehen. Am Kleinbildformat war die schon recht deutlich bei Offenblende – mich stört das nicht bzw nur selten, insofern würde ich da keinen Punkt draus machen. Man muss nur gewarnt sein, wenn man gern kontrastreich fotografiert: In den vignettierten Bereichen kommt da wirklich ein starkes Schwarz zusammen. Insgesamt liefert das 35mm f2 Biogon zeisstypisch starke Kontraste, so dass der geneigte „JPG-Shooter“ ggf seine Kameraeinstellungen nochmal anpassen möchte.
Das 35er hat gute Chancen eines der Objektive zu werden, die ich mir direkt „für immer“ anschaffen würde. Wenn da nicht die Nahgrenze wäre… Am APSC ist die ganz verträglich aufgrund des anderen Bildwinkels, am Kleinbildformat hinderte sie mich manchmal an einer stimmigen Aufnahme. Nun ja, dafür gibt es ja noch andere Objektive. Wer also ein kleines feines 35er für die Reise sucht und nebenbei noch mit einer, wie heißen die noch(?), Leica fotografiert, wird hier fündig.
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