Solange ich denken kann, wollte ich immer Archäologe werden.
Lange und beschwerliche Wege, durch dichte Dschungel und schier unendliche Wüsten hinterlegen, über den Himalaya Pass nach Shangri-La suchen, mit fremden Völkern Kontakt aufnehmen und bei unzähligen Abenteuern, die Schätze der vergessenen Welt entdecken.
Natürlich trage ich bei diesem Szenario einen Hut, hab eine Umhängetasche und eine Peitsche dabei.
Ja!, mein Vorbild war immer Indiana Jones…bis ich eines Tages eine Fotojournalistin aus Höxter in Nordrhein-Westfalen entdeckte.
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Nach einer schweren OP und meinem Austritt aus der Bundeswehr, musste ich notgedrungen nach Andernach bei Koblenz um meine Gesundheitsakte entgegen zu nehmen. 5 Minuten in einem Wartebereich vor dem GeZi (Geschäftszimmer), ging plötzlich die Tür auf. Eine dem Anschein junge Dame mit Grau melierten Haaren in ziviler Bekleidung kam mir entgegen. Ein Lächeln auf dem Gesicht: „Hallo!“ … „Hallo!?!“. .. >oh Gott, immer diese Zivis<, dachte ich mir, trat in das GeZi und sah die unscheinbare Frau nie wieder. Erst Jahre später wurde mir Bewusst, dass ich eine der bedeutendsten Menschen in meinem Leben getroffen habe und sie nie mehr sprechen kann.
Einige Jahr später
Ein Freund verlieh mir eine DVD, „War Photographer“ von Regisseur Christian Frei aus dem Jahr 2001 über den Kriegsfotografen James Nachtwey, den er zwei Jahre lang bei seiner Arbeit in Krisenregionen dieser Erde begleitete.
Ich war begeistert und erschüttert zugleich. Ich wollte die DVD ein zweites mal sehen, als ein nicht ganz unkluger Algorithmus auf YouTube mir ein Video vorgeschlagen hat.
Entsetzt und in tränen schaute ich mir eine Frau an, die meinen Lebensweg an einem Zeitpunkt kreuzte, an dem ich ein Vorbild gebraucht hätte. Nun ist sie tot und ich verbrachte die nächsten zwei Wochen mit nichts anderem, als im Selbststudium die gesamte Welt der Kriegsfotografie zu erlernen.
Anja wurde am 04. April 2014 in Afghanistan durch einen Afghanischen Polizisten getötet. Ihre Associated-Press-Kollegin, die kanadische Journalistin Kathy Gannon wurde hierbei schwer verletzt. Anja Niedringhaus wurde am 12. April 2014 in ihrer Geburtsstadt Höxter auf dem Friedhof am Wall beigesetzt.
Anja Niedringhaus war eine der bedeutendsten Kriegsfotografinnen unserer Zeit und hat mein Leben grundlegend verändert. Ihr Einfluss, sogar nach ihrem Tod, sind ein Beweis für ihre herausragende Arbeit und eine Ausstrahlung, die über das Dies- und Jenseits keine Grenzen kennt.
Ich hatte die große Ehre Anjas Mutter, Schwester und weitere Wegbegleiter ihrer Karriere kennenzulernen. Die Erzählungen und Belege über Anjas Leben sind Zeitzeugen einer Frau, die entgegen aller Widrigkeiten, durch unermüdliche Motivation, Neugier und Tapferkeit in den schlimmsten Kriegen unserer Zeit einen Funken Hoffnung finden konnte und als bedeutende Augenzeugin unser Weltbild vervollständigt hat.
„Anja Niedringhaus ist mein Indiana Jones“
Siehe auch:
Verein: https://www.forum-anja-niedringhaus.de/
Website: https://www.anjaniedringhaus.com/
Buch-Tip: https://bit.ly/32hSZm8
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Ich bin vor Jahren über den Vortrag von Anja Niedringhaus beim Lumix Festival gestoßen. Sie hat mich sofort in den Bann gezogen und es war absolut faszinierend.
Letztes Jahr war ich auf einem Lehrgang in Höxter und habe Abends noch eine Runde durch die Stadt gedreht. Obwohl ich das sonst nicht mache, führte mich der Weg über den Friedhof und plötzlich stand ich vor ihrem Grab.
So war meine Begegnung mit ihr ähnlich überraschend wie für dich, leider nur ein paar Jahre zu spät.
Danke für deinen Beitrag, mehr kann ich gar nicht schreiben!