Einen kurzen geschichtlichen Abriss will ich von Fulda nicht liefern bzw nicht so ganz. Fulda begegnet mir jedoch hauptsächlich erstmal auf historischer Ebene und nun endlich mal „live und in Farbe“ (für alle Älteren, die mit dieser Formulierung noch was anfangen können…).
Fulda, damit verbinde ich persönlich ja das frühe Mittelalter, auch wenn heute „Barockstadt“ dran steht. Frühes Mittelalter zunächst erstmal im belletristischen Sinne: Roman und Film „Die Päpstin“ nehmen darauf Bezug. Im Film spiele ich sogar mit – eine unglaublich tragende Rolle als Leibdiener eines Kaisers Lothar… Spannende Sache und mehr als nur eine schöne Erinnerung.
Aber gut – dass es da „früher“ mal ein Kloster gab, ist bekannt und auch heute noch sichtbar. Ob da wirklich eine Johanna ein und aus ging, bleibt wohl unklar – und das ist ja auch gut so. Geschichten werden dann zur Geschichte, wenn sie allzu klar sind. Und da viele Leute Geschichten mögen, jedoch nicht so sehr in die Geschichte schauen (leider!) breiten wir mal „Die Päpstin“ nicht weiter aus…
Heutzutage begegnet mir Fulda hauptsächlich durch Konrad I. – hinlänglich „bekannt“ als einer der ostfränkischen Könige an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert und seines Zeichens Vorgänger von Heinrich I., der wiederum hier in Quedlinburg eine große Rolle spielt (und nicht nur dort). Sich mit Konrad und Heinrich zu beschäftigen macht schon beinahe Spaß, da man als Quedlinburger Lokalpatriot natürlich automatisch mit stolzen Fuldaern in Konflikt gerät (mehrfach passiert), welcher König denn nun „der erste deutsche König“ war – Konrad oder Heinrich. Antwort: Keiner von beiden!
Während man sich um Heinrichs Angedenken in Quedlinburg recht massiv gekümmert hat (große Kirche und bedeutendes Damenstift und leider auch neuzeitlich falsch gemachter Bohei), ist Konrad in Fulda beinahe vergessen. Vom Grab gibt es nix mehr bis auf eine recht junge Platte im Fuldaer Dom. Schade insgesamt, wenn von den hohen Tieren des Mittelalters zwar viele Historiker sprechen, heute aber niemand mehr so richtig auf dem Schirm hat, welche Weichen die damals gestellt haben, die uns heute noch beschäftigen: die Idee der Bundesländer bzw des Föderalismus kann man durchaus bis dahin zurückverfolgen. Themen, die man durchaus öffentlicher machen könnte, wenn es denn jemanden interessiert…
Was merkt man davon beim Stadtrundgang in Fulda? Richtig! Nix.
Fulda bietet einem den Charme einer recht katholischen und interessant barocken Stadt, die im Zentrum reichlich postmodern überformt ist. Auf der einen Seite schlossartige Anlagen, auf der andren Karstadt im 70er Jahre Blockhausstil. Dazwischen dann allgegenwärtig Glas/Stahl/Beton, der dann wieder auf verspieltes Fachwerk trifft. Die Gegensätze harmonieren in Fulda recht gut, wie ich finde. In anderen Orten ist die Integration der architektonischen Ideen nicht ganz so geglückt wie hier. Vermutlich haben sich Bauherren damals über die Verhinderungstaktik des Fuldaer Magistrats beschwert, heute ernten wir relativ positive Früchte daraus. Schön, wenn sich Stadtverwaltungen unglaublich langsam drehen und manche Bauvorhaben daran ersterben! Oder sollte man was wagen? Wer weiß?! In Fulda findet man jedenfalls beides, gelungenes und weniger solches.
Bummelt man ein wenig durch die Stadt, kann das Schloss samt Garten gut gefallen, ebenso die alte Universität und tatsächlich die neuere auch. Es ist interessant dort. Die Menschen erlebte ich teils seeeeeehr freundlich und teils wiederum recht rau. Letzteres muss ein eigener Charme der Einwohner sein, letztlich merkt man, dass sie alles gut und freundlich meinen, direkt mal zurück Lächeln fällt dennoch schwer oder gar eine Antwort geben, die etwas länger ausfällt… Aber macht ja nix – als Quedlinburger ist man da zugegebenermaßen auch nicht verwöhnt… 😉 Insofern „läuft“.
Fulda ist definitiv eine Reise wert. Man trifft dort auf einen sehr katholischen Ort, was einem im Stadtbild auch recht deutlich wird. Ständig läuten irgendwo Kirchenglocken und rufen zum Gebet. Ab 6 Uhr früh geht das los und endet dann… Ja wann eigentlich?! Finde ich gut – ich persönlich mag es ja, wenn es immer mal läutet und nicht nur die Stunde anzeigt. Spaßig ist, wenn man mal nachdenkt, dass sich darüber kaum jemand beschwert, aber wehe, mitten in Hessen hörte man den Muezzin… Nicht auszudenken, wa?! 😉 Zudem wird man an die christlichen Werte erinnert, wo man geht und steht. Finde ich gut, denke ich doch da an Nächstenliebe, gegenseitige Hilfe und dergleichen. Eigentlich hatte dieser Jesus doch nur von „lasst sie alle zu mir kommen“ und „Liebe“ gesprochen… Da könnten sich manche, die heute „christlich“ im Namen tragen mal dran erinnern. (Oh Mist. Mehrdad und ich haben uns verständigt, dass wir nie politisch werden. Aber die Taste zum Löschen klemmt… Naja, nennen wir es zwischenmenschlich!)
Da ich letztens erst in Wittenberg (denke: evangelisch!) war, hatte ich Furcht, dass ich ob der geballten katholischen Kraft in Flammen aufgehen würde, aber das ist (Achtung!:) Gottseidank nicht passiert. Vielleicht hatte dieser Jesus doch recht.
Insgesamt hat mir Fulda ganz gut gefallen. Es ist ein friedlicher Vibe in der Stadt um es mal modern-hippiesk auszudrücken. Abends stehen viele Leute draußen rum und sind fröhlich. Ein „Local“ aus der Bürgerschaft kommentierte das mit „Seit man in den Lokalen nicht mehr rauchen darf, sind alle nach draußen gezogen.“ Hmm. Sicher auch das – insgesamt herrschte jedenfalls eine gute Stimmung und das lässt Fulda in guter Erinnerung bleiben.
Fazit: Hinfahren, anschauen, Fuldaer Bier trinken!
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