Panasonic S1R – ein review
Es ist schon eine beeindruckende Kamera, die Panasonic da gebaut hat. Fetter Griff, „professionelle“ Haptik, starke Leistung und auffällige Größe. Ich habe mir die Panasonic S1R mal für ein paar Tage anschauen dürfen. Danke an Panasonic Deutschland für diese tolle Gelegenheit!
Praktischerweise kam dieser Tage auch ein Update für Capture One raus, so dass ich auch an den Rohdaten der Kamera arbeiten konnte. Und noch praktischer ist, dass ich dank unserer freundschaftlichen Zusammenarbeit mit FOTO-GÖRLITZ für ein anderes Projekt auch ein paar besondere L-Mount Objektive vor Ort hatte. So konnte ich etwas mehr ausprobieren als „nur“ das Kit-Zoom 24-105mm f4 der Panasonic. Wenn Ihr euch die Zeit nehmt, alles zu lesen (was ich sehr begrüße), dann bedenkt, dass Eure Ansprüche an Ausrüstung vermutlich andere sind als meine.
In der Hand
Die Panasonic S1(R) liegt ziemlich gut in der Hand. Der Griff ist stark ausgeformt und sehr üppig. Mir persönlich passt die Ergonomie nicht genau, aber das macht nichts – andere Menschen haben ja andere Hände. Das ist definitiv etwas, was man im Fachhandel vor Ort ausprobieren sollte. Der Body ist relativ groß und schwer gemessen an anderen KB-Format spiegellosen Systemkameras. Natürlich hat das nicht nur Vorteile – wer viel und lange mit seinen Kameras unterwegs ist, wird die Nachteile des Gewichts natürlich in Schultern und Händen merken.
Die Baugröße bringt natürlich auch Vorteile mit sich. Dieser Tage war es bereits ziemlich heißes Wetter, was allerdings der Kamera nichts ausmachte. Ich bemerkte außerhalb meiner Handauflagefläche keinerlei zusätzliche Erwärmung der Kamera durch den Betrieb derselben. Selbst bei den High-Resolution-Aufnahmen (später mehr), bei denen die Kamera ganz schön arbeiten muss, blieb alles „cool“. Die Wärmeableitung durchs Gehäuse und der Platz der einzelnen Komponenten scheint also wirklich recht gut abgestimmt zu sein. Weniger Hitze bedeutet auch weniger Bildrauschen bei häufigen oder besonders langen Belichtungen. (Übrigens sind Klappdisplays da wirklich toll: Wenn man sie vom Gehäuse etwas entfernt, bleibt die gesamte Temperatur etwas weiter unten, weil das Gehäuse mehr Luft bekommt.)
Die Größe vermittelt auch etwas Sicherheit beim Knipsen, der interne Bildstabilisator tut seinen Teil dazu. Ich habe gern mit 1/8sek oder dergleichen aus der Hand fotografiert, damit die ISO nicht so hoch schnellen muss.
Die Panasonic S1R in der Verwendung
Hier habe ich gemischte Gefühle. Ich hatte mich bereits etwas in der Theorie mit der Kamera beschäftigt, soll heißen, reviews gelesen und gesehen, da ich eine gute (halbwegs) aktuelle Kamera für mich suche. Die meisten Punkte der Kamera sprechen für eine Investition – allerdings in die Panasonic S1 (ohne R), da ich die hohe Auflösung nicht wirklich benötige. Umso mehr habe ich mich auf den Test gefreut, denn womöglich spart mir das ja ne Menge Geld…
Die meisten reviews, die ich mir angesehen habe, loben die Panasonic S1R ziemlich weit nach oben. Und das hat auch gute Gründe. Die Leistung der Kamera, die Bauform, das gesamte System „L-Mount“ – alles sehr vielversprechend. Ich freu mich über die Wetterfestigkeit und die allgemeine Robustheit, welche die Panasonic S1R vermittelt. Ich freue mich über die Positionierung der Knöpfe, die wirklich super funktioniert. Ich freue mich über den wirklich enorm guten Sucher und das Klappdisplay. Ich freu mich über den „Lock“ Schalter, mit dem ich diverse Knöpfe einfach stilllegen kann um nicht versehentlich was zu verstellen. Ich freu mich auch über den sogenannten Joystick. Fokuspunkt versetzen kann so einfach sein.
Ich freu mich allerdings nicht so sehr über den teilweise langsamen Autofokus, der teilweise auch am Kontrast vorbei gearbeitet hatte. An dieser Stelle ist die Kamera nicht state-of-the-art, scheint es. Das ist schade, denn sie macht an so vielen Stellen so vieles einfach genau richtig. Die Datenverarbeitung könnte auch schneller sein – ich schätze, dass das bei der S1 auch besser sein dürfte als bei der S1R – allein schon wegen der Datenmengen. Wegen dieser beiden Punkte bin ich persönlich nicht abgeschreckt, da ich ohnehin einen Body für adaptierte Objektive suche, die dann manuell fokussiert werden. Zudem benutze ich vielleicht einmal im Jahr die Serienbildfunktion… Insofern kann ich das innerhalb eines Kameratests anmerken, für meinen persönlichen fotografischen Alltag spielt der Autofokus eher keine Rolle – für euch Leser vielleicht schon.
Was mich wirklich etwas genervt hatte, ist der Auslöser… Meine Güte! Man kann einstellen, dass bei „half-press“ bereits ausgelöst wird. Das war voreingestellt und wer normalerweise gern so autofokussiert, wird sich erschrecken. Kaum Finger am Knopf wurde auch gleich ausgelöst. Irgendwann habe ich dann im Menü das ausschalten können. Mein erster Eindruck war, dass ich froh bin, dass wir bei Qimago Fotokrams testen und keine Waffen. Dann wäre ich jetzt hinüber. Das muss man übrigens für jeden Modus (also vorn an der Kamera 1 oder 2) einzeln einstellen.
Was mich ein bisschen frustriert hatte, war das Auffinden einiger Funktionen innerhalb der Menüs. Es gibt sozusagen zwei „Setup“ Menüs, die eigentlich nicht direkt auf die Aufnahme bezogen sind. Was da wo abgelegt wird, ist nicht ganz nachvollziehbar. Vorn an der Kamera ist ein Rädchen/Hebelchen, das zwischen Modus 1 und 2 wechseln lässt. Da muss man erstmal drauf kommen, dass man dadurch dann den Silent-Mode verlassen kann und endlich auch mal der Mechanische Verschluss zur Verfügung steht. Das Auffinden der Bildstabilisatoreinstellungen habe ich jedesmal aufs Neue als Abenteuer empfunden (ich mach den regelmäßig aus und an). Vermutlich lacht ein Käufer da nach 4 Monaten auch drüber. Intuitiv sind sie jedenfalls nicht bzw kaum. Umso besser, dass man vieles direkt über Knöpfe regeln kann.
Ein paar Dinge haben sie in die Panasonic S1R eingebaut, die man nicht unbedingt braucht, aber ganz nett sind:
Nice-to-have Features
Es gibt ein paar Spielereien an der S1R, die ich einmal erwähnen möchte. Innerhalb der wirklich zigseitigen Menüs finden sich tolle Dinge.
- Der High-Resolution Modus… Spannend. Da wird der Sensor hin und her bewegt und mehrere Aufnahmen in verschiedenen Positionen gemacht. Das wird dann kombiniert und so wird das, was sonst nur auf einem Pixel gewesen wäre, plötzlich auf vier Pixeln abgebildet. Normalerweise hat man ja rund 47MP zur Verfügung, jetzt dann also rund 160MP. Manche Fotografen benötigen das vielleicht. Teilweise stellen die Azubis in Bildagenturen und Verlagen irrwitzige Anforderungen und nun muss man nicht mehr hochrechnen. Schön ist, dass die Kamera es schafft, das Resultat auch in Rohdaten zur Verfügung zu stellen. Da hat man dann ein 330Mb großes RAW vorliegen. Die Dynamik entspricht einer normalen RAW-Datei, es kommen also keine Bracketing Informationen mit rein, die ein HDR ermöglichen würden. Die resultierende Auflösung ist schon enorm. Man muss allerdings schon rund eine Minute (je nach Belichtung natürlich noch mehr) inkl Verarbeitung für die Aufnahmen einplanen und ein wirklich gutes Stativ nutzen. Ich habe auch bei einer Aufnahme mit glänzenden Metallflächen Farbfehler gehabt, was definitiv nicht am Objektiv lag, da bei „normalen Aufnahmen“ diese Farbfehler nicht auftraten.
- Der Nachtmodus… Für mich ein ziemlich cooles Feature. Monitor und/oder Sucher kann man quasi auf Rotlicht schalten, damit die Augen nicht so gestört werden in dunkler Umgebung. Das hilft beim Fokussieren ungemein (AF ging da wirklich überhaupt nicht, auch nicht mit Hilfslicht), da man nicht kurzzeitig in Bezug auf die Umgebung erblindet. Auch dass die Knöpfe beleuchtet sind – ein Traum!
- Der Lock-Hebel… Danke! Tasten und Touchscreen zwischendurch stilllegen ist immer schön, wenn man die Kamera nicht jedesmal ausschalten will, wenn man sie sich umhängt.
Und nun?
Letztlich bin ich jetzt nach dem Test so schlau wie vorher. Eine S1R würde ich mir vermutlich nicht kaufen, allein aufgrund der Datenmengen und da ich schätze, dass eine S1 bei ISO und der Möglichkeit zu „pushen“ die Nase vorn haben dürfte. Eine S1 jedoch erscheint immer noch toll – allerdings lässt sich das Gewicht des gesamten Systems nicht wegdiskutieren. Und wenn man schon in den L-Mount einsteigen möchte, was mir vermutlich bevorsteht, dann ist die Leica SL tatsächlich besser in der Hand als die Panasonic S1R – allerdings ist die SL natürlich teurer und sensorisch etwas hinter der aktuellen Panasonic hinterher.
Das Kit-Zoom ist ganz ok – ich war allerdings so richtig begeistert erst mit anderen L-Mount Objektiven. Insbesondere das 16-35mm Super Vario-Elmar hat es mir angetan. Farben und Kontraste stellten gefühlt das 24-105mm f4 direkt in den Schatten. Gefühlt – und das ist wichtig. Was ich hier schreibe, ist alles subjektiv und auf Erfahrungen mit zig anderen Kameras, Objektiven, Marken und Systemen beruhend. Letztlich sind meine Anforderungen an die Kameras und die daraus resultierenden Daten/Bilder womöglich ganz andere als Eure.
Mit meinen adaptieren ZEISS ZM Objektiven hatte ich jedenfalls Freude an der S1R. Der Sucher erlaubt sehr schnelles und präzises Scharfstellen. Peaking funktioniert prima und die Lupenfunktion kann ohne spürbare Verzögerung aktiviert werden. Für meine Ansprüche ist die Panasonic S1 definitiv mehr als nur „brauchbar“. Wer sich auf schnellen Autofokus in verschiedensten Lichtsituationen verlassen muss, sollte die Kamera selbst testen, denke ich. Ob ich nun kaufe, weiß ich immer noch nicht. 😀
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Hallo Elmar,
danke für deinen Test. (würde ich auch gerne)
Für mich wäre die S1 ein Ersatz für die M240 wenn es mit dem Scharfstellen nicht mehr geht.
Eine SL kostet gebraucht mehr als eine neue S1.
Ja, schwer ist sie.
Bin schon gespannt, für welche du dich entscheidest
LG Thomas
Hi Thomas, nachdem ich nun gerade dank Leihgabe eine SL für eine Weile verwenden konnte, kann ich dazu eine vorläufige Aussage treffen: Die SL nehme ich lieber zur Hand als die S1. Technisch liegt die S1 sicher weiter vorn in mancherlei Hinsicht. Haptisch liegt mir die SL einfach mehr. Und da selbst bei der „alten“ SL die erreichbare Qualität in den Rohdaten für meine Ansprüche völlig ausreicht, wäre mein Kauf eher die SL, weil sie mir mehr Spaß macht.