Vor ein paar Tagen habe ich mir ein Lomogon 32 geleistet. Dank etwas Glück in einem bekannten Internetauktionshaus konnte ich den Originalpreis umgehen und mir so dieses ziemlich ungewöhnliche Objektiv ergattern. Und ich greif gleich mal voraus – was bin ich froh!
Wie kommt das Lomogon 32 in meine Tasche?
Anfang des Jahres hatte ich mir vorgenommen, wieder mehr analog zu fotografieren. Letztlich ging mir diese Fotografie nie ganz verloren, aber ich wollte sie noch etwas mehr mit Leben bei mir füllen. Auch die „Entdeckung“ des Anbieters safelight in Berlin hatte mich da wieder etwas mit Freude an der Sache erfüllt, denn nun wurde das Handling für mich wieder einfacher.
Analog fotografiere ich am liebsten mit Nikon. Meine F3 hat schon etliche Jahre auf dem Buckel und davon auch einige bei mir. Hinzu gesellte sich eine Nikon FM2/T. Fragt nicht! Es musste einfach sein. Schon lange schlich ich um dieses mechanische Prachtstück herum. Eigentlich weniger um diese Titanversion als um eine „normale“ FM2. Aber auch hier kam Gelegenheit zum Willen hinzu und nun… Hach!
Ohne ordentliche Objektive jedoch macht das wenig Spaß. Derzeit habe ich für einen längeren Test das 40mm f2 Ultron II von Voigtländer da, aber das muss nun zurück, was absehbar war. Meinem 50mm f1.8 E-Series Nikkor traue ich nicht wirklich viel zu und ein ZEISS 2/50 Makro-Planar oder Milvus 1.4/50 ist auch gerade nicht in Reichweite. Naja, und dann guckt man links und rechts.
Das Lomogon 32 hatte mich schon länger interessiert, allerdings war ich zugegebenermaßen nicht bereit, den vollen Preis von 499€ dafür zu bezahlen. Auf mich wirkte das Lomogon 32 eher wie eine reine Spaßlinse und da hat mein finanzieller Enthusiasmus wirklich Grenzen. Dank eines geglückten Wahrnehmens einer Gelegenheit allerdings… Da isses nun. Das Voigtländer 40mm f2 kann es freilich nicht ersetzen, dazu ist es zu anders. Dafür muss also auch noch eine Lösung her. Immerhin kann ich dank Nikon F-Mount und ähem Blendenring das Lomogon 32 auf allen meinen Kameras nutzen. Disclaimer: Die Filme sind noch nicht in der Entwicklung, daher hier erstmal nur die direkt digital aufgenommenen Bilder. Ach ja. Es ist ein review, das mir keinerlei Vorteile irgendwo verschafft. Equipment gekauft und nun ein Erfahrungsbericht. 🙂
Die Besonderheiten des Lomogon 32
Wo fangen wir da an? Vielleicht zunächst mal mit der Brennweite. 32mm ist reichlich ungewöhnlich. Das nächste 32mm Objektiv ist das ZEISS Touit 1.8/ 32 , welches für Sony und Fuji APSC-Format daher kommt. Das ist nicht vergleichbar, denn das Lomogon 32 ist für Kleinbild gerechnet.
Warum entscheidet man sich für solch eine Brennweite? Ich habe nur eine Ahnung – auf APSC ergibt sich genau das richtige „Normalobjektiv“. Aber das war’s dann auch schon. Als ich das Lomogon 32 dann auf die Kamera gesetzt hatte, wurde mir allerdings schnell klar, dass ich froh bin, dass diese Brennweitennische besetzt wurde.
Beispielsweise mag ich mittlerweile 28mm lieber als 35mm für einen Allrounder. Gleichzeitig sind mir die 28mm aber manchmal etwas zu weit, die 35mm etwas zu langweilig… Und dann schraubt man das 32er drauf und merkt schnell, dass es wie ein etwas dynamischeres 35er wirkt. Spot on, sozusagen. Und irgendwie passt das ja auch zum Anspruch von Lomography. Shoot from the hip und so. Ein sehr organischer Bildwinkel, wenn man so will.
Die Brennweite ist allerdings beinahe nur Nebenschauplatz, wenn man sich die restlichen Besonderheiten mal anschaut. Das wirklich herausragende (im doppelten Sinne) Merkmal des Lomogon 32 ist der Blendenring. Wir haben hier eine eher altertümliche Bauweise. Es gibt eine Blendenscheibe, die seitlich am Objektiv sitzt und die mehrere Löcher ausgestanzt bekam, welche dann als Blende ins Objektiv gedreht werden. Revolverblende sozusagen. Der offensichtliche Vorteil ist, dass die Blenden also in jeder Stufe optimal kreisrund sind. Der nächste Vorteil, dass man direkt von Offenblende 2.5 zu Blende 11 springen kann für den schnellen Schuss. Das resultierende Bokeh ist recht „smooth“, wenn man so will. Egal bei welcher Blende. Das ist schön und angenehm zu betrachten.
Allerdings hat der Blendenring nicht nur Vorteile. Aufgrund von Baugröße und Lochdurchmesser schaffen es nicht allzuviele Blendenstufen auf das Rädchen – 2.5 / 4 / 5.6 / 8 / 11 – das war’s. Reicht mir persönlich aus, aber genauer einstellen geht dann eben nicht. Zudem habe ich beim Platzieren in der Fototasche jedesmal das Bedenken, dass der Ring sich verformen könnte, auch wenn er stabil aus Blech ist. Ein paar Kratzer sind vom Vorbesitzer auch dran, was mir einen weiteren Nachteil aufzeigt.
Aber hey, Das Objektiv ist aus Messing gefertigt (super angenehmes Gewicht!) und bekommt dadurch sowieso Patina. Ich habe die schwarz glänzende Version des Lomogon 32 und sehe jetzt schon, dass sich die Beschichtung am Fokusring löst und das Messinggold durchkommt. Ich persönlich mag den Geruch von nacktem Messing an den Händen überhaupt nicht, also mal sehen, wie sich das noch entwickelt.
Das Arbeiten mit dem Lomogon 32
Der Fokusbereich des Lomogon 32 beginnt bei 0,4m und endet etwas hinter Unendlich. Also bitte nicht philosophisch oder physikalisch lesen – der Fotonerd weiß, was ich meine. Bei Blende 5.6 und stärker kann man aber auch einfach an den Anschlag gehen und hat dann alles ab 2,5m bis unendlich scharf. Bei Offenblende muss man schon etwas genauer arbeiten.
Das Lomogon 32 hat ein 62mm Filtergewinde – nimmt man einen 62er Filter funktioniert das auch prima. Adaptiert man wie ich einen größeren Filter per Step-Up Ring, kann man aufgrund der Fokusbewegung nicht mehr auf „Unendlich“ anschlagen, da der Tubus sich dann maximal ins Gehäuse zurück ziehen möchte, was der Step-Up Ring nicht zuließ. Kein Ding – eine Viertelumdrehung des Rings gelockert und es ging.
Fokussieren und Blende wählen geht super. Man muss sich dran gewöhnen, in welche Richtung man dreht – bei Nikon ist es quasi „verkehrt rum“. Die Blenden sind von vorn und hinten beschriftet, was gut ist – von oben kann man den Ring ja nicht ablesen und da auch keinerlei Kommunikation zwischen Kamera und Objektiv stattfindet, schaut man da öfter mal nach. Es sei denn, man betreibt Lomographie. Dann wäre es Blende 11 und los! 😉
Performance
In Sachen Bokeh ist es super angenehm. Schaut mal selbst auf die Bilder. In Sachen Schärfe ist es mittig immer echt gut, an den Rändern schwächelt es etwas. Bei Blende 8 ist alles schön scharf, bei allen anderen… Hat es Charakter. Es kommen eher starke Kontraste und Farben durch das Objektiv. Das unterstützt unter anderem den Schärfecharakter, vor allem ergibt sich ein interessanter Look. Nicht falsch verstehen – man bekommt teils brutal scharfe Bilder damit hin, aber eben nicht überall. 😉
Ich persönlich habe mir das Objektiv nicht gekauft um damit perfekte Architekturaufnahmen zu machen. Die Unschärfe am Rand, die Vignettierung bei f2.5 und f4, die Bildfeldwölbung, die leichte Krümmung von Geraden am Rand… Mag ich. Denn ich kann jeweils das Objekt der Aufnahme richtig gut einfangen, der Rest interessiert mich nicht.
Heißt also: Das Lomogon 32 trägt nicht umsonst das Wort ART im offiziellen Titel. Es ist ein leicht unperfekter Pinsel zum Malen.
Fazit
Das macht einfach Spaß. Eingesetzt habe ich es nun analog, digital und zum Filmen. Interessanterweise ist des speziell fürs Filmen einfach nur genial.
Die Kontraste, die Farben, der weiche Fokus… Herrlich. Es ist eines der, hmmm, organischsten Objektive, die ich je verwendet habe.
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Danke für den Artikel! Endlich wieder einmal etwas über die technische Seite der Fotografie! Gerne lese ich etwas über Kameras (auch analoge) und Objektive.
Gruß Volker
Danke! Macht echt Spaß mit dem Lomogon, auch wenn ich mich erst mit dem Blendenring anfreunden muss.
Tolle Beiträge, da bekommt man wieder Lust die Analog-Schätzchen aus der Vitrine zu holen.
Viele Grüße
Falko
🙂 Ist bei mir auch gerade wieder sehr stark, das Analoge. Ich spiele gerade mit Silbersalz35 Filmen. Bis ich die durch habe, vergeht sicher noch etwas Zeit. LG