Ein paar Wochen lang hatte ich sie da, die Leica SL2, heiß begehrtes Objekt der Begierde von Enthusiasten und Profis. Ein paar technische Reviews gibt es natürlich längst anderswo. Wir haben auf unserem YouTube-Kanal auch tolle Videos zur SL2. Ich wollte hier gern noch ein paar Gedanken zusammentragen, die mir bei der Nutzung immer wieder kamen.
Möglich wurde eine Auseinandersetzung damit durch die Unterstützung von FOTO-GÖRLITZ. Danke für die Gelegenheit!
Haptik und Feeling der SL2
Seit ein paar Jahren schlich ich um die Leica SL herum. Einmal in der Hand gehabt wusste ich, das ist eine für mich nahezu perfekte Kamera. Sie schmeichelt den Händen, ist nicht zu klein und fummelig, hat einen echt guten Sucher und perfekt belegbare Tasten.
Jetzt kommt also die langerwartete SL2. Minimal anderes Design, ein kleines bisschen runder als die Bauhaus-SL. Der Griff bekommt eine Mulde für die Finger auf der Innenseite. Was vorher schon bequem war, ist jetzt noch angenehmer. Hätte ich nicht gedacht, aber so kann man die Kamera lange ermüdungsfrei nutzen.
Die Tastenanordnung hat man allerdings nochmal deutlich geändert. Die SL2 gibt das Leica S Design auf und lehnt sich nun an die Rückseite der M10 an – drei Tasten links. Und was man an Tasten ändert, muss man entsprechend gegenteilig auch im Menü anpassen. So hat die SL2 immer zunächst eine Art „Infoscreen“ bzw „Quickmenü“, wenn man die Menütaste drückt. Dank Touchscreen kann man da direkt ganz viel einstellen, wenn man denn muss. Man kommt auch von dort aus in das Hauptmenü. Diese Steuerung ist gewöhnungsbedürftig, funktioniert allerdings sehr gut, wenn man es gelernt hat.
An Optionen hat die SL2 eher gewonnen. Ob das jedem Nutzer so passt, sei einmal dahingestellt. Allein im Autofokusmenü kann man nun einstellen, auf welche Art Objekt sich die Kamera schon mal einschießen kann. Kinder/Tiere beispielsweise… Herrlich. Tatsächlich funktioniert die Objektverfolgung auch recht gut, sogar, wenn das Objekt hinter anderen Objekten verschwindet und wieder auftaucht. Ich hatte den AF mal ein Motorrad verfolgen lassen, das kurz von Laternen verdeckt war. Zack! Wiedergefunden. Das war gut und schnell. Meine AF-Tests beschränken sich auf die Nutzung des 75mm f2 APO-Summicron-SL und des 45mm f2.8 Sigma L Objektivs. Beide haben gut abgeliefert an der SL2.
Nimmt man nun manuelle Objektive per Adapter zur Hand kann man per Lupe oder per Fokus-Peaking Hilfe beim Fokussieren bekommen. Letzteres… hat mich etwas genervt. Ich konnte hohe und geringe Empfindlichkeit einstellen und aus Farben auswählen. Allein das „aus“ konnte ich nicht einstellen. Keine Ahnung, warum und wo und wie, aber das Fokus-Peaking war immer eingeschaltet beim MF-Modus. Mich nervt das bei manchen Motiven enorm, da ich lieber mit ner Lupe arbeite. Jene wiederum funktioniert perfekt auf einfachen Knopfdruck hin.
Performance und Bildqualität
Die Leica SL2 arbeitet schnell und zuverlässig. Sie übernimmt nicht selbständig Aufgaben, die ihr nicht zugeteilt wurden und spart somit Energie. Die ihr zugeteilten Aufgaben erfüllte sie stets zu unserer vollen Zufriedenheit. Ja, nicht vollsten, aber solch eine Kamera muss wohl erst noch gebaut werden. Mit ihrer Arbeitsweise sorgte die SL2 stets für ein geselliges Betriebsklima. Ja, wir haben manchmal drüber geschmunzelt.
Man kommt nicht umhin, erstmal die enormen Datenmengen zu bemerken, welche durch die hohe Auflösung der SL2 bewegt und bewältigt werden müssen. 46,7 Megapixel sind schon ne ganze Menge und bedürfen auch einer Überprüfung der Schärferoutinen in der Bearbeitung der Rohdaten (nur so als Hinweis). Die 4Gb Pufferspeicher in der Kamera helfen allerdings, dass man ordentlich im Flow bleibt, beim Fotografieren. Angeblich kann man 78 Aufnahmen in Folge bei „nur DNG“ machen, ehe der Speicher voll ist und die Kamera nicht mehr will. Habe ich nicht ausprobiert, aber als nach 25 Aufnahmen in Serie immer noch alles flüssig lief, war ich schon zufrieden. Das ist eine Situation, die bei mir außerhalb von reinen Leistungstests nicht vorkommt – da mag sich vielleicht jemand äußern, der solche Funktionen wirklich benötigt.
Die erreichbare Bildqualität bei Basis-ISO ist schon sehr hoch. Da rauscht nichts und die Rohdaten sind ordentlich dehnbar (Capture One hier). Aus den Schatten ließ sich rauschfrei etwa 3 Blendenstufen rausholen, darüber hinaus geht es, rauscht aber etwas. Anders sieht es natürlich bei kameraseitigen höheren ISOs aus. Ab ISO 6400 versucht man besser nicht, in der Nachbearbeitung noch großartig zu pushen. Was dann noch dunkel ist, sollte vielleicht auch in der Ausgabe dunkel bleiben. Andernfalls riskiert man banding und starkes rauschen. Macht aber nichts – man überlege sich die Situation: f1.4 – 1/30sek – ISO6400… Erfreulich ist aber, dass korrekt belichtete Bilder auch bei ISO12500 noch gut aussehen. Wer also einfach aufgrund der Umstände f8 und 1/500sek benötigt für das Bild und daher bei ISO12500 landet, hat noch gute Chancen für ein ordentliches Bild. Nur pushen sollte man dann eben nicht mehr.
Die hohe Auflösung freut sich ja auch über eher kürzere Verschlusszeiten damit man keine Verwackler mehr sieht. Ich erinnere mich noch an die Ausbrüche mancher Internetkrieger als die Nikon D800 mit 36Mp kam… 😉, was nicht alles nötig sei um damit überhaupt ein scharfes Bild zu bekommen usw usf. Naja. Geht alles.
Fazit zur Leica SL2
Gar nicht so einfach. Ich bin geneigt, die SL2 mit der SL zu vergleichen im Sinne „Lohnt sich das Upgrade?“. Gleichzeitig macht dieser Vergleich wenig Sinn. Beides sind hervorragende Kameras, die jede für sich prima funktionieren. Nach der Grundsatzentscheidung, ob man die höhere Auflösung benötigt, kann ich persönlich schon aufhören zu vergleichen. Die Autofokusgimmicks, erweiterte Videofunktionen, geändertes Button-Layout, nochmals verbesserter Sucher, anderer Griff sind alles Dinge, die in den Bereich „nice-to-have“ zählen, aber nicht schlachtentscheidend für mich sind. Die höhere Auflösung ggü der SL benötige ich persönlich nicht und hätte daher keinen Grund für ein Upgrade, aber einfach deshalb, weil die SL für mich schon alles abdeckt, was ich brauche.
Vergleiche ich die SL2 mit der Nikon Z7, und dafür habe ich genug Gelegenheit, dann wird es schon diffiziler. Beide sind sich auf dem Papier recht ähnlich. In der Haptik und dem user interface allerdings deutlich verschieden. An der Nikon sind deutlich mehr Knöpfe und Hebelchen. Das mag einen „Puristen“ stören, der lieber die reduzierte Außenfassade der SL2 bevorzugt. Dafür wiederum benötigt man bei der Nikon Z7 deutlich weniger Menüzeit und hat Veränderungen direkter per Knopfdruck sozusagen. In der Auflösung sind die beiden äquivalent. Preislich deutlich unterschiedlich – das ist der Unterschied zwischen den Marken. In Sachen Video-Funktion fehlt mir ganz deutlich die Erfahrung um da Vergleiche zu ziehen. Man kann mit beiden coole Videos machen, was ich mit ein paar Schnipseln auch ausprobiert habe, ins Detail gehen, was logs und dergleichen angeht… Lieber nicht. An zwei Stellen wünsche ich mir aber etwas von Leica: 1. Mir fehlt der interne RAW-Konverter. 2. Leica Fotos App… Geht gar nicht. Pro Account mit Abo, damit ich DNG rüberbeamen kann. Das machen andere besser. Zumal ich mit der SL2 oft mehrere Versuche brauchte um überhaupt eine Verbindung zu bekommen. Nicht in Ordnung für die leichten Profieinsatz ohne Laptop.
Wenn ich bei einem Pressetermin Fotos mache, und das kommt öfter bei mir vor, habe ich wenig Zeit zu liefern. Da möchte ich in der Kamera bearbeiten können und das fertige jpg ans Telefon beamen und raus damit. Das muss mit wenig Aufwand gehen. Kann die Kamera das nicht, will ich die Rohdaten ans Telefon beamen um sie dort zu verarbeiten. Kann aber die App bei Leica nur gegen Aufpreis…
Steigt man jetzt in den L-Mount ein, gibt es inzwischen ja schon mehrere Alternativen. Als Body für eine stetig wachsende Objektivpalette würde ich für den Enthusiasten schon eine SL2 empfehlen. Für den Profi, der RAW Konverter und hohe Konnektivität benötigt, etwas aus der Panasonic S Reihe. Für den Genussfotografen, der sich eine Leica gönnen will und manches nicht braucht, die Leica SL. Wer eine SL besitzt… Der Trend geht ohnehin zur Zweit-/Dritt-/Viertleica… Viel Spaß! 😀
Schaut mal bei Alex vorbei und klickt in die Galerie.
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Hey Elmar,
das sind mal wieder einfach tolle Bilder von Dir! Gerade die Farben und Kontraste haben es mir angetan.
Ich hoffe Du hast noch einen schönen Restsommer und wir sehen uns bald!
LG!
M.