Als die Leica CL angekündigt wurde, merkte ich gleich, dass sie mir sehr gefällt. Dank unserer sehr freundschaftlichen Kooperation mit FOTO-GÖRLITZ konnte ich ein solches Schmuckstück mal testen. In der Vorbereitung darauf hatte ich ausnahmsweise mal ein paar reviews und mit etwas Popcorn auch ein paar Forumsdiskussionen gelesen. Das war spannend, denn da wurde teils heftig diskutiert.
Selten hat mich eine Kamera gleich beim Auspacken so frohlocken lassen, wie die Leica CL. Im Laufe meiner Tests verschiedenster Systeme habe ich mich immer mal gefreut, diese oder jene Kamera oder ein gewisses Objektiv zu testen und war manchmal auch etwas aufgeregt – ein Junge, der neues Spielzeug bekommt – klar. In einige dieser Spielzeuge habe ich mich verguckt, sie aber nicht immer auch gekauft. Das funktioniert rein rechnerisch bzw finanziell schon gar nicht. Nun ja. Da waren auch Kameras dabei bis hin zum digitalen Mittelformat. Die Kameras, die ich mir gekauft habe, blieben auch – gebraucht verkaufen lohnt sich bei Bodies selten, während man Objektive auch mit relativ wenig Wertverlust wieder los wird. Warum schreibe ich das? Weil ich seit langem mal das Gefühl habe, eine Testkamera auch wirklich behalten zu wollen, obgleich keine Lücke klafft und eigentlich alles schon da ist.
Haptik
Das ist die Leica CL. Ich erinnere mich noch an eine Diskussion in einem Fotoforum über die CL als sie frisch angekündigt wurde. Was wurde da nicht alles verglichen?! Sensorik, Mechanik, Elektronik. Vom Sensor bis zum Display, vom Layout bis zur ISO-Leistung. Sony ist hier besser, Fuji dort. Und vor allem und immer wieder der Preis… (Auf den gehen wir hier nicht ein. Höhere Preise gehören zur Marke Leica.) Normalerweise halte ich mich da raus, weil ich über ungelegte Eier (die CL war noch nicht mal verfügbar aber alle konnten schon „sinnvoll“ darüber reden) ungern diskutiere. Hier musste ich mich einfach mal zu Wort melden. Ich fand das Design auf Anhieb toll, es versprach ein interessantes user interface (ui) und eine tolle Haptik. Sie gefiel mir einfach.
Und nun ist sie endlich mal in meinen Händen. Kleiner als gedacht und zugleich griffiger als erwartet. Massiver als gedacht – längst noch nicht schwer, aber sie fühlt sich wertig und sicher an. Alles sitzt perfekt und rastet sauber ein. Die Rädchen klicken spürbar, auch wenn sie natürlich nichts mechanisch regeln, fühlt es sich fast so an. Durch einen Zufall hatte ich zuerst eine schwarze CL und nun eine silberne. Letztere finde ich tatsächlich viel schöner und klassischer. Die CL erinnert zu allererst an eine Urleica – in der Größe vor allem.
Bedienung
Die Rädchen an der CL sind mit Knöpfen ausgestattet. Soll heißen, dass sich die Rädchen um Knöpfe drehen. Kurzer Druck, dann Rad drehen – einen Wert verändern. Langer Druck auf den Knopf – wählen welcher Wert geändert werden soll. Diese Auswahl kann man in einem Menü festlegen. Auf diese Weise muss man kaum ins „Hauptmenü“. Das ist recht übersichtlich gelöst. Idealerweise nutzt man nicht noch mehrere andere Kameras, dann hat man sich bald gemerkt, welcher Knopf was regelt. Die Bedienung ist gegenüber der SL noch einmal unterschiedlich. Schade, denn beide Kameras gehören ja zum L-Mount System. Die CL will aber eher eine kleine praktische Ergänzung zur M sein, denke ich.
Ein kleines Display zwischen den Rädchen zeigt Akkustand und Basiswerte. Es ist längst nicht so üppig wie das der SL oder einer Nikon Z6 bspw. Macht aber nichts, viel mehr Info braucht man auch nicht.
Fotografieren
Das macht richtig Spaß. Zu 99% nutze ich die CL mit adaptiertem M-Glas. Das passt perfekt zu ihrer Größe. Wer eine M besitzt mit Objektiven dazu und eine Ergänzung sucht, sollte die CL mit dem originalen M zu L – Adapter erwerben. Klar, die Bildwinkel sind anders durch den kleineren Sensor, aber bei der Kamera fühlt man sich fast sofort zuhause. Der EVF ist sauber und klar, der hat mich sehr begeistert. Dioptrien sind einstellbar, das verstellt sich auch nicht so schnell wieder in der Tasche. Durch das „Messsucherdesign“ kommen auch größere Nasen gut mit der Kamera zurecht. Fokuspeaking ist vorhanden in mehreren Farben, die Sucherlupe kann flink aktiviert werden. Ich brauche die im Gegensatz zu meiner Fuji T1 allerdings kaum, da der EVF gut genug ist, dass man gleich erkennen kann, wo der Fokus liegt.
Die CL ist eine Kamera, die man gern dabei hat, die man idealerweise mit einer Handschlaufe stets bereit trägt. Ein paar Tage lang konnte ich sie mit einem 23mm f2 Summicron-TL nutzen. Der AF ist schnell und treffsicher. Deutlich, sehr deutlich, schneller als mit der Leica T. Die CL mit dem 23er ist eine perfekte Kombination für street, travel und sowas. Für eigentlich fast immer. Mit den rund 24 MP hat man auch alles, was man im Alltag so braucht.
Die Bilder
Leica kommt bei der CL ohne Überraschungen. Wieder ist es das DNG-Format in den Rohdaten, mit dem die gängigen Konverter auch gut zurecht kommen. Die Dateien sind erstaunlich stabil beim Pushen, es finden sich viele Details in den Schatten und auch in den Lichtern, da war ich ganz erstaunt. Die JPGs sind, je nach Einstellung, angenehm neutral. Ich mag die Blautöne aus der Kamera, insbesondere mit dem hauseigenen 23er Summicron-TL. Die ISO-Leistung ist recht stimmig, muss ich sagen. Selten so stabile Ergebnisse aus einem APSC-Sensor gesehen.
Alles chic also?
Jain. Es gibt auch ein bisschen was negatives. Beispielsweise vermisse ich einen Knopf für die Umstellung von EVF auf Display. Das nervt mich ein bisschen, dass ich dafür ins Menü muss. Meistens nutze ich „EVF erweitert“ – der EVF ist aus bis man die Kamera ans Auge nimmt. Aber dann plötzlich will man aus einem ungewohnten Winkel fotogafieren und… tja. Blindflug. Da wirkt sich die Reduktion der CL mal negativ aus.
Was mir auch fehlt, ist die USB-Buchse (anderen wird auch HDMI und Mikrofon und weißdergeier, was man noch so gebrauchen kann, fehlen). Ich schließe Kameras nie an Computer an zum Auslesen, aber ich lade gern im Auto während der Fahrt nach. Das kann die CL, die eigentlich die perfekte Reisekamera ist, nun gar nicht. Sehr schade. Um die Form nicht zu stören hätte man das mit unter dem Akkutürchen verstecken können. Aber gut.
Ach so: Nur ein Kartenslot! 😀 😀 😀 Ich denke an die Diskussionen über Nikons aktuelle Spiegellose nach und lach mir eins. In 16 Jahren Digitalfotografie mit sehr sehr vielen Auslösungen ist mir erst ein einziges Mal eine Karte abgeraucht und war hinterher gar nicht mehr lesbar. Ich stecke die regelmäßig in den Laptop und lese die Karten aus. Danach werden sie vor jedem „Shooting“ frisch in der Kamera formatiert. Frische Karten, frische Akkus. Ist eigentlich selbstverständlich.
Fazit
Ich mag die CL. Sehr. Sie macht so vieles richtig und kann einiges nicht. Für mich ist es eine M, die nun wirklich digital geworden ist. EVF, klassisches Design – aber moderne Bedienung. Wenn diese Art Kamera mal mit einem Kleinbildsensor raus kommt, wird es extrem viele Diskussionen geben, weil sie mit dem Messsucherideal verglichen werden wird. Für mich wäre das einfach die nächste Evolutionsstufe.
Die CL ist eine Kamera, mit der ich sehr sehr gern fotografiere, selbst wenn ich gerade eine Sony A7, eine Leica SL, eine Leica Monochrom, eine Nikon Df, eine Fuji X-T1, eine X100 und eine Fuji X-Pro1 und eine Leica X Vario da habe (nicht alle meine!). Eine ideale Kombination wäre die Monochrom mit der CL dazu. Letztere kann auch per Wifi die Dateien der Monochrom aufs Smartphone beamen, auch die dng. So kann man auch mobil mit der „veralteten“ Mono sein. Tolle Kombination!
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Hallo Elmar,
schöner Review einer wunderbaren Kamera. Ich habe die CL fast immer in der Jackentasche und nutze sie sehr gerne. Eine Sache finde ich allerdings sehr schade: mein Raw-Converter (DxO) unterstützt die kleine Leica nicht und so muss ich dabei immer auf andere Converter ausweichen. Aber das kann man Leica ja nicht anlasten.
Viele Grüße,
Ralf