Mit der Marke Kodak verbinde ich Fotografie. Damit verbinde ich ein fotografisches Erbe aus besonderen Filmen, uralten Kameras und irgendwie auch Abenteuer. Dann wurde da was angekündigt im Oktober 2016 – ein Kamerasmartphone namens Ektra. Ich ging mal auf die entsprechende Website und wusste: Das will ich testen! Und von der Anfrage bis zu einer Antwort per Mail hatte es auch nur zwei Monate gedauert. Manche sind da schneller. Nun ja. Hat sich das Warten gelohnt?
Geschichte muss sein.
Kodak ist vielen bekannt als Hersteller von Filmmaterial für die analoge Fotografie. Als Kodak noch groß war, hätte man einfach noch Fotografie gesagt. Ein bisschen in Sachen digitaler Fotografie haben sie sich auch umgetan – zum einen mit kleinen Consumer-Kameras, die fast immer auch die Möglichkeit aufwiesen, direkt zu drucken (per Kabel zum Drucker natürlich) oder dann besonders klotzigen Digitalkameras, die beispielsweise in Nikon F5 Kameras (he! hat Nikon nicht gerade 100 jähriges Jubiläum??!!) eingebaut wurden. Darunter auch die erste rein monochrome (schwarzweiß um genau zu sein) Digitalkamera für den freien Markt. Leider ist diese immer noch recht teuer und recht schwer erhältlich (gebrauchte findet man nicht allzu häufig). Kodak hat gern innoviert. Immer mal. Leider wurde nach und nach die Filmproduktion herunter gefahren. Im Cine-Bereich hat man immer mal noch Kodak Film aber letztlich ändert sich auch dieser Sektor. Vor ein paar Jahren wurde es dann besonders hart als die letzten Labore für Kodachrome Ende 2010 schlossen. Das ist der Film, mit dem zum Beispiel der berühmte Fotograf Steve McCurry ein paar seiner unvergesslichen Aufnahmen gezaubert hatte. Die Farben dieser Bilder sind legendär. Ebenso war Ektachrome immer so ein Referenzfilm für Objektaufnahmen. Ein Thema, mit dem ich mich beruflich immer mal rumschlage – es gibt nach wie vor Anfragen, die nach Ektachromen von diesem oder jenem Kunstgut fragen – letztlich einfach, weil man das eben früher so anfragte und heutige Verlagspraktikanten gar nicht wissen, was sie da eigentlich anfragen (sie nutzen halt das Vokabular weiter). Die Farbwiedergabe ist eine recht stabile – man konnte für Druckerzeugnisse per beigefügter Farbkarte ganz prima die Ausgabe steuern.
Für mich ist Kodak immer so der Hersteller für Filme des Südens gewesen. Als Diafotograf hatte ich immer eher warmfarbige Ergebnisse mit Kodak und eher grüne und blaue Ergebnisse mit Fujifilm. Sollten also die Farben der Sonnenuntergänge über den Lavendelfeldern der Provence dargestellt werden, griff ich eher zum Kodak, die stürmische Küste Schottlands bereiste ich eher mit Fujifilm. So in etwa zumindest. 😉
Aufgrund dieser Geschichte zuckte es sofort als ich im Oktober die Ankündigung einer, hmm, Kamera beziehungsweise eines Smartphones entdeckte. Direkt mal bei der Firma angefragt, wollte ich der die das Kodak Ektra mal testen. Warum „der die das“? Als smartphone würde ich natürlich stets „das Ektra“ sagen. Kodak (bzw die Bullit Corporation, die diesen Markennamen nutzt) bewirbt es auch als „photography first smartphone“ – also eher „das Ektra“. Ich habe dieses Gerät allerdings hauptsächlich als Kamera eingesetzt und nur so „nebenbei“ die Smartphonefunktionen getestet. Und da würde ich gern an das „kulturelle Erbe“ erinnern: Es gab mal eine Ektra, die von 1941 bis 1948 durch die Eastman Kodak Company gebaut wurde und mit einem 50mm f1.9 Objektiv daher kam. Etwas später dann eine sehr flache Kamera mit Kassettenfilm von 1978 bis 1984 von Kodak USA. Man sieht, der Name taucht immer wieder auf, ebenso die verschiedenen Iterationen von „Kodak“ selbst. Insofern sage ich jetzt mal „die Ektra“. „Der Ektra“ scheidet hingegen völlig aus. 😉
Die Kamera
Mit einem umgerechnet auf Kleinbild (damit der alte Herr Fotograf überhaupt versteht, was hier vor sich geht) 26,5mm Weitwinkelobjektiv bei f2 ausgestattet, kommt die Ektra mit einem Bildwinkel daher, der sehr vergleichbar mit anderen handelsüblichen Smartphones ist. Das Objektiv ist nicht irgendwo im Gehäuse versenkt, sondern steht deutlich hervor, ist jedoch durch ein Glas geschützt. Dies hervorstehende Objektiv rundet die Ektra ganz gut ab, schließlich ist auch eine Art Griff im Gehäusedesign angelegt. An dem Griff kann eine Handschlaufe befestigt werden (ein Feature, dass ich persönlich mir bei manchen Smartphones oder Hüllen dazu auch wünschen würde). Im Griff selbst sind die Lautsprecher für die Medienwiedergabe untergebracht. Ein guter Kunstgriff um einen leistungsstarken Lautsprecher zu platzieren. Legt man die Ektra also auf den Rücken (wie das jetzt wieder klingt…), dann liegt sie somit flach (ähem). Das macht sich gut. Der Griff soll optisch und ergonomisch den Eindruck stark in Richtung Kamera verschieben. Das funktioniert auch – die Ektra sieht von dieser Seite her wirklich wie eine kompakte Digitalkamera aus. Der runde, leicht hervorstehende Auslöseknopf trägt dazu natürlich bei. Auf seiner Seite finden sich weiterhin der Ein-/Ausschalter und die Lautstärkeregler. Diese sind alle gut zu erreichen. Aus dem Ruhezustand weckt man die Kamera zum Beispiel durch doppeltes Drücken auf den Auslöser auf. Das dauert dann einen kleinen Moment… und das ist auch schon das größte Manko. Wenn man jetzt ein „photography first smartphone“ rausbringt, dann muss diese Funktion auch ähnlich schnell verfügbar sein, wie bei einer kleinen Digitalkamera, bei der das Objektiv nicht ausfahren muss. Die Aufwärmzeit ist mir persönlich etwas zu lang. Es startet dann die firmeneigene Kameraapp. Diese ist übersichtlich zu bedienen und bietet kaum Überraschungen. Ein nettes Feature ist das digitale „Moduswahlrad“… Man kann aus verschiedenen Modi auswählen und damit manche Effekte direkt ansteuern. Das ist ganz nett. Das „Rad“ ist normalerweise sehr klein. Stellt man sich beim „drehen“ ungeschickt an, vergrößert es sich etwas und man kann dann direkt durch Tippen auf das Symbol den entsprechenden Modus wählen. Allerdings ist ein weiteres Tippen ins Zentrum des Rades nötig um die Wahl zu bestätigen. Kein Problem – einerseits ist das gut, da man nicht aus Versehen etwas wählt. Andererseits verlangsamt es die Bedienung. Da es Kodak im Marketing klar um das Aufnehmen besonderer Momente geht, ist es nötig, eine Kamera zu produzieren, die vor allem schnell ist, denke ich. Da ist jede Verzögerung zuviel. Was mich etwas störte, war das fehlende „Gedächtnis“ der Kamera-App. Ich nutze mein Smartphone recht viel. Und bislang bin ich da scheinbar verwöhnt: Wenn ich den Blitz in der jeweils firmeneigenen Kamera-App ausschalte, dann bleibt der normalerweise auch auf „aus“, wenn ich die App schließe und später wieder aufrufe. Nicht so bei der Ektra. Ich schalte auf Nachtmodus (sehr genial übrigens!) und nehme etwas auf. Um Akku zu sparen, geht die Ektra dann per Knopfdruck auf standby. Wenig später dann erneut ein Foto… Alles zurück auf „Auto“ – Modus, Blitz, alles. „Das ist doof!“, würde meine Tochter jetzt sagen und recht hat sie. Das hat mich die ersten zwei Tage sehr gestört. Der „smartAuto“ Modus der Ektra schaltet aber auch selbständig in den Nachtmodus (zumindest wird der gleich Mond angezeigt) – allerdings gibt es dabei einen Blitz. Im „richtigen“ Nachtmodus nicht. Komisch, oder?!
Der Bildstabilisator scheint gut zu funktionieren. Aufgrund der Jahreszeit und der mir zur Verfügung stehenden Zeit habe ich viele Aufnahmen eher im Dunkeln gemacht, in Innenräumen und bei Dämmerung per Nachtmodus und auch manuellem Modus (der mir richtig gut gefällt). Es dauert manchmal recht lange, ehe die Aufnahme „im Kasten“ ist – das Thumbnailbildchen kommt teilweise ewig nicht, so dass man nicht weiß, ob man jetzt überhaupt ein Foto gemacht hat. Vielleicht liegt das an der Aufnahmetechnik bzw Verarbeitung der Daten. Im Nachtmodus scheint recht lange belichtet zu werden. Auf dem Bildschirm werden zunächst die Schatten sehr aufgehellt, damit man überhaupt fotografieren kann. Davon darf man sich nicht schrecken lassen. Das Ergebnis ist dann deutlich satter. Man muss einigermaßen still halten oder die Ektra irgendwo abstellen (durch den kantigen Formfaktor sehr gut möglich!). Es wird lange belichtet und verarbeitet (zumindest gefühlt, wenn man von einer DSLR kommt) und dann sieht das Ergebnis auch recht gut aus. Die Bilder sind bis zu ISO 1600 auch richtig gut zu gebrauchen und da kommt langsam der Vorsprung zu anderen Smartphones in dieser Hinsicht zum Tragen. Das Rauschen ist erträglich. Die Signalverstärkung funktioniert bis dahin richtig gut für einen mit Pixeln vollgepackten Minisensor. Einundzwanzig Megapixel hat die Ektra aufzuweisen. Die werden durch das Objektiv auch durchaus sehr scharf bespielt. „Sie macht gute Bilder.“ oder so. Kodak liefert da auch gleich Bestell-Apps mit. Diese habe ich nicht ausprobiert, empfinde es aber als ein sinnvolles Feature. Letztlich sind die ausgedruckten Bilder die, welche man sich wirklich mit anderen teilt, denn wer hängt schon sein Smartphone an den Kühlschrank?! Und apropos „scharf“ – der Autofokus wird ja sogar als „Phasendetektionsautofokus“ angepriesen. Tja. Das sollte ihn schnell machen. Ich empfinde den Autofokus eher als durchschnittlich im Smartphonebereich. Auf Nahdistanz eher schrecklich langsam beziehungsweise gar nicht treffend. Selbst im Makromodus macht der da einfach nicht mit.
Richtig Spaß macht der Bokehmodus. Eine schöne Spielerei, die für die Portraitfreisteller unter uns sehr willkommen sein dürfte. Jaaaaa, sowas kann man mit dem iphone7 natürlich auch. Aber nicht jeder von uns will ins Appleversum einsteigen… Der Bokehmodus steht leider nicht für die Frontkamera zur Verfügung, was schade ist, schließlich ist er rein softwareinduziert. Das coole Bokehselfie geht also nur per Hauptkamera. Ok. Kein Problem, möchte man meinen. Ich brech mir aber, ehrlich gesagt, die Finger beim Versuch, die Ektra mit der Hauptkamera auf mich zu richten (mit einer Hand) und den Auslöser zu benutzen (nicht das Display, sondern den richtigen Knopf) ohne dabei mit dem Daumenballen auf die Funktionstasten (Home, Zurück usw) zu kommen. Abzug in der B-Note. Ich mach halt inzwischen auch immer mal ein Selfie und gerade für sowas hat man heutzutage auch ein Kamerasmartphone, oder?!
Insgesamt macht es aber großen Spaß mit der Ektra zu fotografieren. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Die Farben gefallen mir sehr und die mitgelieferten Bearbeitungsapps machen auch Spaß. Das Filmen im „Super8“ habe ich ausprobiert – es ist lustig. Allerdings ist die grafische Oberfläche riesig – 80% des Bildschirms werden von der App bedeckt, in einem kleinen Fensterchen sieht man, was man gerade filmt. Retrolook juchhee! Nach der Aufnahme kann man quasi den „Film“ zum Entwickeln geben und dann eine von acht Filmsimulationen bestellen. Die Steuerung der App ist gewöhnungsbedürftig. Ich hätte gern einen „Speichern“-Button – stattdessen wird der „Film entwickelt“ , wenn man auf „zurück“ geht. Etwas merkwürdig, aber ok.
Das Smartphone und das Handling
Als Smartphone macht die Ektra für mich eine sehr gute Figur. Das Display ist brilliant und braucht den Vergleich mit aktuellen Smartphones nicht zu scheuen. Ich nutze derzeit ein Huawei Mate S (nicht mehr soooo ultraaktuell, aber was soll’s.) und das kommt dagegen etwas weniger gut weg. Gefühlt! Denn mich interessieren Messwerte da nicht so. Ich gucke auf das Display und sehe Unterschiede in der Klarheit der Schrift, der Flüssigkeit der Bewegungen bei Filmen und insbesondere dem Weißabgleich. Speziell bei letzterem überzeugt mich die Ektra total. Das Weiß ist einfach richtig. Die Schriften sind einfach seeeehr deutlich und scharf. Kontrastreich und sehr gut auflösend. So kommt sie daher. Das Display erscheint auch etwas versenkt unter dem Schutzglas zu sein. Dadurch hat es einen Rahmen und das wiederum lässt die Bilder darauf sehr gut hervor treten.
Durch den kantigen Formfaktor kann man die Ektra sehr gut halten. Das gebürstete Aluminium fühlt sich richtig gut an und die Kamerabelederung der Rückseite macht es haptisch sehr angenehm. Dazu dann das Objektiv und der leichte Griff… Es liegt perfekt in der Hand. Also wenn man nicht so kleine Hände hat, zumindest. Die Ektra ist leichter als sie aussieht, das fiel vielen auf, denen ich sie mal schnell in die Hand drückte. Dennoch ist die Leistung da. Alles läuft flüssig und wird schnell verarbeitet. Dokumente, Tabellen, Bilder, Filme, Tippen von Texten, Wisch hin und her… Alles prima.
Aber es kann nicht alles gut sein, oder? Tatsächlich. Die Anordnung der seitlichen Tasten ist für die Hand ganz prima (für Rechtshänder… 😉 ), will man die Ektra mal in eine Halterung klemmen, werden die Knöpfe allerdings gedrückt. Das ist natürlich etwas schwierig. Beispielsweise könnte die Lautstärkeregelung etwas nach oben rutschen und der Ein-/Ausschalter einfach ganz woanders hin. Dann hätte man Fläche gewonnen für Klemmhalterungen. Das ist nicht unwichtig für Halterungen im Auto, wenn die Ektra mal als Navi dienen soll oder für Halterungen bei Stativen – denn so kameralastig die Ektra auch ist, ein Stativgewinde hat sie nicht.
Ein Fazit?
Ich war erstmal aus dem Häuschen als die Nachricht kam, dass mir die Handelsvertretung ein Exemplar zuschicken würde. Und aus dem Häuschen blieb ich auch als ich die Ektra dann ausprobierte. Ja, manche Sachen sind komisch, kompliziert und schwierig. Aaaaaaber, wenn ich sie in der Hand habe, dann fühlt sich das gut an. Mein Huawei habe ich aufgrund der technischen Werte gekauft und weil es nicht so klein ist. Dann schiele ich immer in Richtung des Sony X bzw X compact wegen des Formfaktors. Das Huawei muss ich in eine Hülle packen, damit es nicht so flach ist. Ich kann es mit der Pranke kaum halten ohne diese Hülle. Mit der Ektra geht mir das anders. Es liegt in der Hand, wie es für mich sein soll. Allein das ist ein riesiger Pluspunkt. Die Fotos, die damit entstehen, sind mit etwas Übung auch richtig schön. Der Smartphonebereich ist richtig gut (das Android 6.0 ist ok, man könnte etwas mehr konfigurieren können). Alles in allem eine kleine Kamera, die ich kaufen würde, wenn ich nicht schon ein Smartphone hätte. (Oder möchte jemand ein gepflegtes Huawei Mate S? 😉 ) Jetzt muss ich die Ektra zurück schicken und will nicht. Die Haptik und die Leistung stimmen einfach. Und Haptik ist mir bei einem Smartphone inzwischen sehr wichtig geworden, schließlich hat man es recht viel in der Hand.
Elmar
p.s.: Ich steh auf die kleine Ektra. 😉
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Schon seltsam, dass jmd. der sich mit Fotografie abseits reines Knipsens auch nur ansatzweise für das Kodak Ektra begeistern kann: Kopfschütteln. Das Ektra macht mit der Hauptkamera einfach keine „guten“ Bilder. Punkt. Und: das ist Fakt. Konnte mich schon selber davon überzeugen. Und dass meine Erfahrungen mit der miesen Qualität keine Eintagsfliege sind, wurde in jeder bisher halbwegs „seriösen“ Review auch bestätigt. Die Mängel der technischen Bildqualität der Ektra sind eklatant. Vor allem angesichts der tatsächlich hervorragenden Bildqualität anderer Smartphone-Kameras. Siehe auch https://www.dxomark.com/Mobiles und https://www.dpreview.com/.
So seltsam ist das eigentlich gar nicht. Von „mieser Qualität“ kann ich hier nicht schreiben, da ich sie so nicht vorgefunden habe. Auf welchen Ebenen mir die Ektra gefällt, kann man im Text nachlesen; ebenso findet man Verweise auf verbesserungswürdige Aspekte. Wenn andere seriöse Tester zu anderen Ergebnissen kommen, habe ich damit kein Problem – letztlich kann aufgrund der breiten Verfügbarkeit sich jeder selbst ein Bild machen. Meine Erfahrungen mit der Ektra sind insgesamt positiv.
Was das Fotografieren „abseits reinen Knipsens“ angeht, bin ich gut ausgestattet und greife da auf entsprechendes Equipment zurück. Ein Umstand, der mich daran erinnert, die Ektra als reines Kamerasmartphone zu begreifen und damit nicht in der Kategorie meiner spiegelhaltigen und -losen Systeme zu werten.
Vielen Dank für den Kommentar! Es ist schön, wenn sich jemand die Mühe macht, seine Gedanken auszuformulieren und zum Thema zu diskutieren. 🙂