Es wird mal wieder Zeit für einen heritage Artikel finde ich. Ein Objektiv, das ich schon lange mal ausprobieren wollte, ist das 28mm Distagon für den alten C/Y Anschluss. Klar, das gibt es auch für Nikon oder Canon mit entsprechend modernem Anschluss und entsprechenden Fähigkeiten, aber das 28er für C/Y steht in dem Ruf, ein kleiner und bezahlbarer Geheimtipp für beispielsweise Fuji-Fotografen zu sein.
Seit ich mich mit Zeiss Objektiven befasse, mag ich die Serie für C/Y. Die Objektive sind sauber gefertigt und trotz älteren Baudatums wirklich zumeist sehr gut erhalten. Ein Zeiss schmeißt man halt nicht in die Ecke, sondern nutzt es und bewahrt es. Für SLR-Kameras gerechnet halten sich die Größen- und Gewichtsverhältnisse dennoch in Grenzen.
Das 28er bildet da keine Ausnahme: Es ist gut bedienbar und gar nicht schwer. Gut gedämpft und so weiter – im Grunde, all das, was man sich von manuellen Objektiven wünscht. Ich finde, es funktioniert prima an modernen Digitalkameras – tatsächlich ist es unter den Objektiven <50mm aus der C/Y-Reihe das kontrastreichste, muss ich sagen. Scharfstellen ist damit eine Freude – man sieht sehr schnell, was im Fokus ist, Mikrokontrast sei dank. An der Stelle schlägt es beispielsweise das 24er Iberit um Längen.
Mein Problem war nur, dass ich erstmal ein solches Objektiv auftreiben musste – leider gehört es nicht zu meinem Arsenal. Als dann im Fuji-X-Forum ein Thema „gear porn“ auftauchte (google zerreißt sicher gerade diesen Beitrag) und jemand dort seine Sammlung zeigte, wagte ich eine Anfrage. Jener antwortete nicht, aber ein anderer Nutzer kam mir zu Hilfe und lieh mir sein 28er! An dieser Stelle, Danke Andreas! Es ist toll, wenn eine Community sich nicht nur gegenseitig die Bilder kritisiert und runter macht, sondern sich auch unter die Arme greift. Gerade letzteres schätze ich am Fuji X Forum schon sehr.
Das 28er Distagon ist ein 7 Linser in 7 Gruppen – auf dieser Rechnung beruht dann auch die aktuelle Nikon und Canon Version. Zeiss selbst bezeichnet das Objektiv als eine Art universelles Weitwinkel, das ähnlich wie eine 35mm Brennweite sehr vielseitig eingesetzt werden könne. Mit 280gr ist es nicht zu schwer, so dass man es wirklich gut mitführen kann. Ab 25cm kann man es einsetzen, auf Kleinbildformat ergibt sich also auch ein klein wenig Freistellpotential bzw man hat einfach die Möglichkeit, das fotografierte Objekt in einen räumlichen Zusammenhang zu setzen. In einen weiteren Raum als das bspw mit einer Normalbrennweite möglich wäre.
Das Distagon verzeichnet angenehm wenig. Die Bildfeldwölbung hält sich in Grenzen, dadurch bekommt man zwar schon 3D-Pop hin, aber nicht allzuviel. Ich hoffe, dass sich mal die Gelegenheit ergibt, mit dem großen Bruder, dem 28mm f2 zu arbeiten – letzteres heißt nicht umsonst „Hollywood“. Es bringt einen gewissen Look mit sich, ein bisschen „cinema style“. Leider ist der große Bruder auch gleich deutlich teurer und größer – hier muss man wissen, was man möchte.
Das 28mm f2.8 Distagon habe ich vornehmlich auf einer Fuji X-T1 eingesetzt. Da erschien es mir sehr stimmig – es ergibt sich ein Alltagsbildwinkel und das mit einem Glas, das kaum Wünsche offen lässt. Wer also gern mal was manuelles auf seiner Fuji einsetzen möchte, kann sich das 28er mal genauer anschauen. Die positiven Vorurteile haben sich sozusagen bestätigt. Auszusetzen habe ich an diese Linse nichts – wer nun lieber AF nutzen möchte, muss dann halt zum 27er Fuji greifen. Auch ein nettes Glas, aber eben kein Zeiss… 😉
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Lieber Elmar,
ein schönes Review hast du da zu meinem Distagon geschrieben.
Es gibt viele gute Linsen aus der analogen Zeit. Aber auch für mich fühlt sich dieses Objektiv (stellvertretend für viele Zeiss Objektive) genau so an, wie sich ein manuelles Objektiv anfühlen sollte. Das es auch in der optischen Qualität heute noch seine Berechtigung hat, macht es nur umso begehrenswerter.
Kleiner Kritikpunkt: Das es auch vom Design ein Schmuckstück ist, kann man auf dem obigen Foto an der A7 leider nicht erkennen. Die Kamera wirkt hier für mich wie ein Fremdkörper (was aber auch an Sony Formsprache liegen dürfte). Technisch scheinen sie ja immerhin zu harmonieren.
Wahrscheinlich wird das Distagon in vielen Jahren immer noch genau so gut seinen Dienst tun, wenn das optisch ebenfalls sehr gute Fuji XF27 sich schon längst verabschiedet hat.
Es ist eine Form der Beständigkeit, die heute aus der Mode gekommen zu sein scheint.
Ich freue mich auf weitere interessante Beiträge von euch.
Viele Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
freut mich sehr, dass Dir das Review gefällt! Ich bin echt froh, dass du mir das Objektiv geliehen hast, es geht heute übrigens auf Rückreise zu Dir – hab vielen Dank! Bei Deinem Kritikpunkt pflichte ich Dir bei: Die Aufnahme zeigt vielerlei, unter anderem, dass a) ich echt nicht so gut in „gear shots“ bin und b) das Objektiv für die Formsprache der Sony echt nichts kann. 😀 😀
Die Beständigkeit schätze ich auch sehr. Neben den „Zeiss für Contax“ nutze ich ja DSLR-Ojektive mit Z.F2 Anschluss für Nikon. Die haben immer einen Blendenring, was sie für mich auch zum Adaptieren attraktiv macht. Wenn ich mir ein Objektiv kaufe, achte ich neben der optischen Qualität immer darauf, es auf mehreren Systemen einsetzen zu können.
Viele Grüße!
Elmar
Lieber Elmar,
vielen Dank für Deinen Artikel zu diesem interessanten Objektiv. Sag mal hast Du das Objektiv mit dem Speedbooster an der T1 verwendet oder mit einem „herkömmlichen“ Adapter?
Lass uns doch die Tage mal telefonieren. Vielleicht können wir fürs neue Jahr einen Termin ausmachen?!
liebe Grüße
Micha
Lieber Micha,
das Objektiv habe ich an der T1 fast ausschließlich mit herkommlichem Adapter benutzt. Hatte ich vergessen zu sagen. 😉
Liebe Grüße!
Elmar