Nachdem Mehrdad das 50mm f1.1 von 7Artisans zum Test hatte, war es an der Zeit eine weitere „Lieblingsbrennweite“, die 35mm, gleicher Marke einmal anzugehen. Das neu erschienene 35mm f2 bot sich da als Testobjekt einfach an.
Nachdem das Objektiv in Berlin gelandet war und Mehrdad es ein wenig befummeln konnte, merkte er schnell, dass er aufgrund geringer Zeit nicht dazu kam, es ausgiebig zu testen. So richtig warm war er mit dem Objektiv auch nicht geworden. Dies bot eine Gelegenheit, die ich nicht verstreichen lassen wollte. Ein zierliches 35mm f2 ist ja ein prima Spielzeug für mich und so reichte er es an mich weiter…
Nachdem das Objektiv bei mir ankam, wurde es direkt aufgesetzt und blieb erstmal an der Kamera. Das 35er kommt mit Leica M – Anschluss daher. Als bekennender Nichtmesssucherfreund setzte ich es einfach mal an meine Sony A7 um es auf, hüstel, „Vollformat“ zu testen (herrlich!). Ein interessantes kleines Ding, das Objektiv… Ich war erstaunt, dass es doch „gut Gewicht“ hat bei der geringen Größe. Alles läuft satt und rund und wackelt kaum. Zum Fokussieren nutzt man den Fokustab unten dran. Das ist auch beinahe die einzige Möglichkeit. Einen echten Fokusring vermisse ich beinahe.
Unter einer gewissen Größe mag ich eigentlich nicht mehr arbeiten: Es ist beinahe zu klein zum Greifen und Fokustab ist echt Geschmackssache. Wäre es ein Autofokusobjektiv, ok. Dann würde ich da aber auch nicht greifen wollen/müssen. Kurz gesagt, das Objektiv ist sauber verarbeitet und funktioniert soweit tadellos – es ist mir persönlich einfach zu klein um komfortabel zu sein.
Nachdem die Haptik für mich also süß und sauer zugleich ist, fragt man sich natürlich, wie es mit der Bildqualität aussieht. Auch hier bin ich etwas hin und her gerissen. Irgendwie stimmt die Qualität schon. Erstaunlich gut sogar, Achtung, „für eine Billiglinse“, um es mal umgangssprachlich zu überspitzen. Derzeit rund 190 Euro, je nach Händler – ein günstiger Preis heißt ja nicht immer gleich schlecht. Vieles an einem höheren Preis ist ja „image“ und nicht echte „Qualität“ (User beware!).
Sagen wir es so: Wer Randschärfe sucht, sucht woanders besser. Wer keine Vignettierung bei Offenblende will, sucht woanders. Wer generell ein kleines Schärfewunder mit Traumbokeh erwartet, wartet lieber woanders. Scharf isses schon, in der Mitte, abgeblendet auch noch mehr. Insofern: Alles chic! Oder? 😉
Was ich wirklich gewöhnungsbedürftig finde, ist das Bokeh. Wer kontrastreiche Linien oder dergleichen im Hintergrund hat, wird von einer höchst unruhigen Masse an Unschärfe überrascht werden. Bei Blattwerk bspw sieht es irgendwie „krisselig“ aus. Hmm. Cremiges Bokeh also eher nicht, zumindest nicht bei Offenblende. Ich finde, dass es bei f4 eigentlich sehr sehr stimmige Bilder abliefert. Ich selbst habe ja auch nichts gegen Abblenden, ganz im Gegenteil. Manch einer sucht aber womöglich nach einem f2 Objektiv um auch f2 gut einsetzen zu können…
Für wen ist das jetzt also ein gutes Objektiv?
Für „street photographers“ sicher eine interessante Option – es ist klein, bei f4-f8 wunderbar scharf und man kann es aufgrund der Skala sehr gut für Zonenfokus einsetzen. Diskret aus der Hüfte von unten schräg in die Nasenlöcher schießen machen manche ja ganz gern – für Street Fotografen ist das 35mm von 7Artisans eine gute Wahl.
Für alle, die gern ein kleines 35er dabei haben wollen, falls sie „mal“ so eine Brennweite nutzen wollen, ist es auch gut.
Für alle, die auf unscharfen Rand und „stylische“ Bilder stehen, die eben nicht perfekt sind, ist es auch richtig gut. Charakter vor Perfektion, so könnte man es umschreiben, eine heftige Petzval-Linse ist es allerdings auch nicht.
„Klein aber oho!“ ist es auch nicht. Das 35mm f2 von 7Artisans ist richtig gut irgendwie, auch wenn sich das insgesamt vielleicht nicht so liest. Es gibt ja so eine Menge Leute, die gern „Altglas“ an ihre Kameras schrauben, weil es harmonischere und nicht so korrigierte Bilder liefert: Diese können mit dem 35mm f2 richtig glücklich werden, denke ich.
Im Übrigen bekommen wir für unsere Reviews nichts geschenkt oder bezahlt. Wenn wir etwas loben oder auch gerade eben nicht, dann, weil das unserer persönlichen Meinung entspricht. Wir machen es uns leicht, indem wir testen, was uns sowieso liegt und interessiert. Etwas, das einem von vornherein nicht gefällt, zu nutzen und dann auch noch darüber zu schreiben, macht niemandem Freude – daher probieren wir nur aus, worauf wir Lust haben.
Herzlichst! Das Qimago-Team
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Ich bin wirklich am Überlegen, das 7a zu kaufen… allerdings schwanke ich gerade zwischen gebrauchtem Nokton Classic und dem hier…