Zeiss hatte unlängst eine neue Objektivlinie vorgestellt: Neben Classic- und Otus-Serien für Canon und Nikon Kameras sind inzwischen auch Milvus-Objektive verfügbar. Diese folgen Zeiss‘ neuerer Design-Politik und weisen Metall-Gehäuse und gummierte Ringe für den Fokus auf. Wie in den beiden anderen Objektiv-line-ups sind auch diese Milvus ausschließlich mit manuellem Fokus erhältlich.
An dieser Stelle soll einmal das Milvus 50mm f1.4 betrachtet werden. Die Milvus-Linie muss sich ein wenig den Vorwurf gefallen lassen, „alter Wein in neuen Schläuchen“ zu sein – es sind im Grunde die Objektive, die es vorher im Z.F2 bzw ZE gegeben hatte, nur eben im neuen Design und mit neuer Beschichtung. Das 50mm f1.4 ist allerdings was Neues.
Es gibt schon lange das wunderbar kleine Planar 50mm f1.4, das durch kompakte Form und gute Bildleistung überzeugen kann – das Milvus ist allerdings ein Distagon, eine ganz andere Rechnung. Distagone wurden erfunden für eine sehr gute Abbildungsqualität im Nahbereich (nicht Makro). Und genau da glänzt das „formidable 50er“ sehr. Unter drei Metern Distanz bei Portraits und Ähnlichem war das Distagon während des Testzeitraums meine erste Wahl. Zeitgleich hatte ich das 50mm Makro-Planar f2 aus der Milvus Serie da (welches ich in der alten Z.F-Version besitze) und während das Makro-Planar womöglich offenblendig schärfer ist und weniger Bildfeldwölbung aufzuweisen scheint als das Milvus 50mm Distagon, ist doch letzteres von der Bildwirkung her eine absolute Traumlinse (wenn man sich das 55er Otus nicht leisten kann oder will). Wiedereinmal hat Zeiss ein Objektiv gebaut, das beinahe den 3D-Pop von Werk aus eingebaut hat. Es ist eines dieser Objektive, an denen man gern mit der Offenblende spielt; scharf ist’s eh, wenn man gut fokussiert hat, und die Bildwirkung ist prima so.
f1.4
f1.4
Leicht Vignettierung, leichte Bildfeldwölbung und sehr weicher Übergang ins Bokeh… Dabei aber noch schön scharf in der Fokusebene – all das hat man mit dem 50er Milvus bei Offenblende. Die Bokehscheibchen (also Lichtquellen im Bokeh) bleiben auch beim leichten Abblenden auf bspw f2.8 weiterhin schön rund. Blendenklicks laufen bei halben Blendenstufen, was für die meisten Anwendungen genau genug sein sollte.
f1.4
f5.6
Chromatische Aberrationen hielten sich in Grenzen, sind aber vorhanden. Das lässt sich freilich gut in der Bearbeitung rausrechnen. Insgesamt geht auch dieses Distagon wieder einmal sehr gut mit Lichtern um. Es macht richtig Spaß, einfach nur „Licht“ damit zu fotografieren.
f1.4
f1.4
Fokussieren geht direkt und sicher. Der Fokusweg ist sehr gut ausgewogen und ermöglicht ein präzises Arbeiten speziell unter 10m. Beim Einsatz an meiner Nikon Df schaue ich ja quasi die ganze Zeit über durch die offenblendige Linse beim Fokussieren – es ist dabei recht wichtig, einen klaren Übergang von Scharf zu Unscharf zu haben, wenn man manuell fokussiert. Da kommt mir die Bildwirkung des Milvus 50 sehr entgegen. Es ist immer deutlich zu erkennen, was scharf gestellt wurde (wenn man nicht versehentlich die Dioptrienkorrektur am Okular verstellt hat). Insofern kann man auch recht flink damit arbeiten – der Sucher wird durch die Offenblende von f1.4 auch wunderbar hell.
f1.4
f1.4
Was mir nicht ganz so gefällt ist das Design des Objektivs – aber das ist nicht so wichtig. Schließlich interessiert es beim Betrachten des Bildes niemanden, wie das Objektiv aussah… Und ich schaue auch lieber durch als drauf.
f1.4
Für mich ist das Milvus 50mm f1.4 Distagon ein absoluter Kauftipp. Wer nicht unbedingt eine Makrofunktion benötigt und etwas um die Normalbrennweite herum sucht, sollte hier fündig werden. Das ältere Z.F2 bzw ZE Planar 50mm f1.4 ist natürlich eine gute Alternative – es ist kleiner und etwas kostengünstiger, allerdings bringt jenes stärkere chromatische Aberrationen mit sich und verfügt noch nicht über die neueste T*-Beschichtung, die das Milvus aufweist. Im Zweifelsfall würde ich immer zum Milvus greifen (es sei denn, ich habe ein 55er Otus zur Verfügung…).
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Hallo Elmar, verwendest Du in der Kamera eine andere Mattscheibe um manuell scharf einzustellen?
Hallo Robert! Nein, alles auf Standard. Seit ein paar Tagen teste ich das DK-M17 Vergrößerungsokular von Nikon, was auch ziemlich gut hilft beim Fokussieren.
Hallo Elmar, Danke für die Antwort! Ich verwende die Optik nun auch, seit kurzem!
Hallo Elmar. Habe heute erst diesen Blog entdeckt und bereits zig Artikel durchgenommen! Tolle Arbeit! Du hattest ja auch einmal das Makro Planar 50mm 2.0 (Classic)… siehst du im Vergleich zum Milvus 50 1.4 große Unterschiede bei gleicher Blende? Darstellung, Abbildungsquali usw… F 1.4 nutze ich eigentlich nie, mir würde 2.0 reichen, Makro brauche ich ebenso wenig. Gibt´s sonst Unterschiede bei der Bildqualität bzw. dem Look der Aufnahmen? Tausend Dank!!
Schön, dass dir der Blog gefällt!
Unterschiede sehe ich schon. Insbesondere im Gegenlicht und im Bokeh. Das 50mm f2 „Classic“ hat ein etwas wirbeligeres Bokeh, „swirly“, sozusagen. Aus der Milvus Reihe gibt es das 50mm f2 ja auch. Die jüngere Beschichtung macht sich in Bezug auf flares und Kontrasten im Gegenlicht schon sehr bemerkbar. Weniger flares und teilweise schon sehr sattes Schwarz, wo ältere Objektive eher pastellig daher kommen. Das Milvus 50mm f1.4 wäre mein Favorit aus den verschiedenen Angeboten zu 50mm bei Zeiss.
super auf den punkt gebracht! vergleiche der beiden scheinen im netz eher rar zu sein… manchmal finde ich ein swirling bokeh auch sehr genial, in der regel würde ich dann wohl auch öfter zum 1.4 greifen. scheint also jedes ein anderer „spezialist“ zu sein. thx!