APO, dieser „magische“ Zusatz bei einem Objektiv lässt mich seit längerem sofort aufhorchen. Als Voigtländer kürzlich das 50mm f2.0 APO-Lanthar nun auch für den Leica Mount (VM Version) ankündigte, war das wieder einer dieser Momente. Ich war auch deshalb sehr neugierig, da zum einen Elmar in seinem Review zur E-Mount Variante schon schwärmte, und zum anderen ich als APO-Summicron Liebhaber schon neugierig war, wie sich das APO Lanthar im Vergleich dazu schlagen würde.
Bevor ich aber loslege, schnell noch was zur Transparenz:
Mein Dank geht an die Voigtländer GmbH bzw. die UNITED IMAGING GROUP für die Leihgabe des Voigtländer 50mm f2.0 APO-Lanthar. Das Objektiv geht nach meinen Tests zurück an Voigtländer. Meine Meinung hier und auch in dem Video ist meine eigene und wurde Voigtländer weder vorab zur Prüfung vorgelegt, noch erhalte ich Geld für diesen Bericht oder das Video. Dem Versuch eines möglichst objektiven Berichts steht also wenig im Weg.
Aber als überzeugter Leica APO Summicron-M 50mm Nutzer schau ich auf das APO Lanthar noch einmal mit einem besonderen Blick. Denn der Elefant steht nun mal im Raum: Das Leica APO-Summicron 50mm ist mit UVP 7400 Euro um ein fast 7-faches teurer als das APO Lanthar (UVP 1099 Euro). Ich wage mal zu behaupten, dass die allermeisten, die sich für das Voigtländer 50mm APO-Lanthar interessieren, grundsätzlich auch an dem Leicapendant interessiert sind.
Ihr könnt also davon ausgehen, dass hier jemand (ich) schreibt, der das Leica APO kennt, und daher schon schaut, ob das APO Lanthar vielleicht eine gute Alternative zum ungleich teureren Leicapendant sein könnte.
Was ihr hier weniger vorfindet ,sind Vergleichsfotos von ein- und derselben Situation mit beiden Gläsern. Das ist schlicht und einfach nicht unsere Art Objektive vorzustellen. Wenn man sowas macht, dann sollte es meiner Meinung nach fachmännisch und unter kontrollierten Bedingungen passieren. Beides können und wollen wir hier aus verschiedenen Gründen nicht anbieten. Unsere Sicht ist immer eine subjektive aus Sicht eines Anwenders.
So, und jetzt viel Freude mit meinem Bericht zum Voigtländer 50mm APO-Lanthar VM.
Das Voigtländer 50mm APO Lanthar f2.0 VM
Bei dem APO Lanthar handelt es sich um ein apochromatisches Objektiv. Dieser kleine Zusatz „APO“ verspricht dem Nutzer ein paar sehr interessante Eigenschaften eines solchen Objektivs. Bevor ich das kurz genauer ausführe, schnell ein paar hard facts zum Voigtländer 50mm APO Lanthar VM:
- 10 Elemente in 8 Gruppen
- 12 (!) Blendenlamellen
- f2.0 -f16 in ½ EV Schritten
- apochromatisches Objektiv
- Naheinstellgrenze: 0,7m
- Filterdurchmesser: 49mm
- Länge: 53mm (ohne Sonnenblende)
- Gewicht: 288g
- UVP: 1099,- Euro
Im Vergleich zum Leica APO Summicron 50mm ist das Voigtländer ein wenig länger (53mm vs 47mm), aber dafür auch ein wenig leichter (288g vs 300g). Es ragt schon ein wenig mehr in den 50mm Sucherrahmen als das Leica APO, aber nicht so sehr, dass es wirklich stört. Mich zumindest nicht. Leider ist bei dem APO Lanthar keine Sonnenblende beigefügt. Ehrlich gesagt befremdet mich das immer eine wenig. ZEISS macht das mit seinen ZM Gläsern leider auch so. Das Leica Glas bringt die Sonnenblende integriert gleich mit.
In meinen Augen sollte jeder Hersteller ein Interesse daran haben, dass der Nutzer die bestmögliche Qualität aus dem Objektiv bekommen kann (wenn er das wünscht). Eine Sonnenblende hilft eben in bestimmten Situationen dieses Ziel zu erreichen, mindestens aber schützt es das Frontglas mitunter sehr gut. Alleine deswegen werde ich das wohl nie verstehen, warum diese nicht einfach mit dabei ist. Meinetwegen dann auch zu einem höheren Preis (Leica hat das leider etwas übertrieben hier. 😉).
Die Bauqualität finde ich sehr gut. Voigtländer hat hier in den letzten Jahren deutlich zu Leica aufgeschlossen und stellt qualitativ ganz hervorragende Objektive her. Sie waren vorher auch nicht wirklich schlecht, ich finde aber, gerade die neueren Generationen haben gezeigt, dass Voigtländer schon sehr hochwertig produzieren kann.
Der Fokus läuft sehr schön gedämpft, saubere satte ½ EV Blendenklicks und eine saubere Trennung von Fokus und Blendenring lassen den Nutzer intuitiv und sicher das Glas bedienen.
Rein äußerlich hätte ich auf diese drei bunten Striche vorne am Objektiv verzichten können, aber nun denn… ist ja nicht so, dass dies Einfluss auf die Bildqualität hat.
Apropos Bildqualität: Warum ein APO Objektiv was besonderes ist, will ich hier gerne noch einmal kurz erläutern. Ich hatte das schon in meinem Bericht zum Leica APO 50mm gemacht, hier aber nochmal eine kurze (vereinfachte) Erklärung:
Ein apochromatisches Objektiv eliminiert durch die Kombination von mindestens 3 verschiedenen Glassorten das Problem, dass durch die Lichtbrechung die Lichtstrahlen nicht alle auf einem gemeinsamen Punkt in der Bildebene (Sensor) treffen. Es kommt so zu chromatischen Abberationen und Unschärfen. Gerade beim Fotografieren mit Offenblende verhilft die apochromatische Konstruktion dem Verbessern der Abbildungsleistung. Vereinfacht gesagt liefert also ein apochromatisches Objektiv eine sehr hohe Abbildungsleistung bei allen Blendenöffnungen. Solche Objektive bzw. die benötigten Glassorten dafür herzustellen ist tatsächlich sehr aufwendig und extrem kostspielig, da die entsprechenden Gläser sehr empfindlich sind und eine sehr geringe Toleranz aufweisen. In der Fotografie wird die Bezeichnung APO allerdings auch für teilweise korrigierte Objektive vergeben. Soll heißen, nicht überall, wo APO draufsteht, muss auch zwingend 100% APO drin sein.
Scharfe Mietze
Keine Sorge, ich werde Euch jetzt nicht mit meinen heißgeliebten Katzenfotos langweilen, auch wenn die junge Dame es verdient hätte. Wartet, ein oder zwei Bilder habe ich bvielleicht doch… okay, lassen wir das! Nein, bei Tierfell, finde ich, kann man mitunter die Schärfe eines Objektivs schön bildlich darstellen. So auch bei der jungen Katzendame.
Die Schärfe ist bei Offenblende über die gesamte Bildebene vorhanden. Wie auch beim Leica APO habe ich hier keinen wirklichen Schärfeverlust zu den Rändern erkennen können. Ein Abblenden bringt nicht wirklich mehr Schärfe ins Bild, wirkt sich aber dafür schon positiv auf die Vignette aus, die bei f2.0 definitiv vorhanden/erkennbar ist. Die Mikrokontraste sind sehr schön ausgeprägt. In Sachen Schärfe, muss ich gestehen, habe ich keinen signifikanten Unterschied zum Leica APO 50mm erkennen können. Da ich kein Pixelpeeper bin, würde ich nach einem Blick auf die MFT Charts dafür zwar nicht meine Hand ins Feuer legen, aber ich denke, wenn, dann ist dies vernachlässigbar, und wenn, dann nur bei 200% unter der Lupe erkennbar. Aber wer betrachtet eigentlich so seine Bilder?
Ich habe das APO Lanthar sowohl an der M10-P als auch an der M10-R benutzt. Mit den 41MP der M10-R harmonierte das Objektiv recht gut.
Bokehlicious
Die Schärfe ist das eine für uns Fotonerdies. Gerade bei digital fällt das ja mitunter schon auf, wenn man das im Vergleich zu einem sogenannten Vintage Glas sieht. Hier ist das APO Lanthar ein sehr modernes Glas. Die Unschärfe ist aber noch einmal ein ganz besonders Thema für sich und mindestens genauso wichtig. Was mir bei dem APO Lanthar im Bokeh auffiel, war sein leichtes Swirley Bokeh. In manchen Situationen/Lichtverhältnissen/Hintergründen fiel es mir auf. Die Waldszene unten oder der Hund mit der UV-Schutzbrille zum Beispiel. Es erinnert mich dahingehend manchmal an das ein oder andere Vintage Glas, ohne dabei wirklich sehr extrem zu sein. Wo es in der Schärfe sehr modern scharfzeichnet, so wirkt es eben im Bokeh manchmal vintage.
Die 12 Blendenlamellen sollten eigentlich für kreisrunde Bokehringe Sorge tragen. Ich gebe zu, dass diese Waldsituation oben schon eine schwierige ist. Das Leica APO hat „nur“ 11 Blendenlamellen, ich finde aber, dass es in diesem Punkt etwas besser performt. Die Bubbles sind auch nicht kreisrund, aber kreisrunder als beim Voigtländer. Durch mein Archiv gehend ist mir das bei dem Leica Glas schon aufgefallen, in Bezug auf die Bubbles aber auch nur im direkten Vergleich.
Das Bokeh des Voigtländers wirkt etwas scharfkantiger oder nicht ganz so weich wie das des Leica APO. Auch dies, muss ich gestehen, ist mir persönlich nur im direkten Vergleich unter der Lupe aufgefallen. Das Voigtländer hat so einen besonderen Charakter in manchen Situationen. Dies heißt nicht etwa, dass das Leica APO kein Charakter hätte oder gar das Voigtländer weniger gut ist im Vergleich zum Leica APO, es zeichnet nach meinem Empfinden einfach nur anders.
Gerade im Bokeh, finde ich, ist der Geschmack entscheidend bzw. was man denn genau sucht. Vielleicht ist das der Hauptunterschied zwischen dem Leica APO und dem APO Lanthar.
Fazit
Ich werde nicht um den heißen Brei reden. Das Voigtländer 50mm APO Lanthar ist ein grandioses Objektiv ohne wenn und aber. Hier könnte ich eigentlich mein Fazit beenden. Alles gesagt. Ich brauch nur noch etwas Buchstaben für die SEO Optimierung. 😉
Ernsthaft jetzt:
Wer ein hervorragend apochromatisches, lichtstarkes, extrem scharfes, kleines und leichtes 50mm Objektiv für seine M sucht ohne dafür 5.000 – 7.000 Euro in die Hand nehmen zu müssen, der bekommt mit dem APO Lanthar genau das Glas, was er sucht. Es ist scharf für zwei Fotografenleben und bedient auch 40+ Sensoren gut. Gegenlicht macht diesem Objektiv auch nichts aus. Es ist hervorragend verarbeitet und ist mit 1.099 Euro UVP zwar kein Schnapper, aber definitiv sein Geld wert.
Wer aber eigentlich ein Leica APO-Summicron 50mm haben will und nun hofft, dies bei Voigtländer zu bekommen, dem würde ich sagen: Nope! Ist es nicht.
Und das meine ich ganz wertfrei. Das Voigtländer 50mm APO Lanthar ist eben keine Kopie des Leica APO, es ist nicht nur äußerlich, sondern auch in seiner Zeichnung ein anderes Objektiv, und hier ein sehr, sehr gutes!
Kaufempfehlung? Aber sowas von!
Tausche ich mein Leica APO gegen das Voigtländer 50mm APO Lanthar? Ich gebe zu, ich hatte einmal kurz den Gedanken gehabt. 😉
Wer gerne auf YouTube in Bewegtbildern schaut dann klickt mal den link:
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Schöner Bericht, vielen Dank. Habe das APO-Lanthar selbst mit der M10 im Einsatz und bin restlos begeistert, was Voigtländer hier für ein Objektiv abliefert. Es ist jeden Cent wert.
Bin daher ebenso gespannt auf das kommende 35er. Sollte dieses ähnliche Leistung bringen, werde ich wohl mein 35er Summarit damit ersetzen.
Moin,
schönes Review. Ich bin auf das 35mm Pendant gespannt. In der Brennweite bin ich mit meinem Summicron tatsächlich nicht wirklich glücklich. Aber da steht bei Voigtländer die Frage nach der Sucherabdeckung im Raum. Bis jetzt sind die Apo-Varianten mit und ohne roten Punkt leider für einen Vergleich noch nicht in der Wirklichkeit gelandet.
Fröhlichen Tag noch,
Hans-Werner
Schau mal hier:
https://youtu.be/ll0TnU1SObU