Das Leica 35mm f2 Summicron „8 elements“
Es lohnt sich immer, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. In diesem Fall schauen wir mal durch ein Objektiv aus dem Jahre 1964 – ein Leica 35mm f2 Summicron, das aufgrund seiner Bauweise unter Sammlern gern als „8 elements“ bezeichnet wird. Also jetzt nicht Earth, Wind and Fire Elemente, sondern Linsen sind gemeint.
Das Objektiv ist ein echtes Schätzchen und wurde zum Testen von FOTO-GÖRLITZ zur Verfügung gestellt, wofür ich sehr dankbar bin.
Das „8 elements“ habe ich auf verschiedenen Kameras eingesetzt. Von einer Leica M8 über eine M10 Monochrom, Nikon Z7 bis hin zur Leica SL2. Ich war auch dran interessiert, ob ein Objektiv, das ausschließlich für ein ganz anderes Medium gebaut wurde, auch auf modernsten Sensoren gut abbildet. Derzeit thront es auf einer Leica M4-P und belichtet einen Provia Dia-Film. Ganz klassisch, sozusagen. Hier handelt es sich um eine Version ohne Brille.
Handling
Ich habe hier eine silberne Version, die in Wetzlar gefertigt wurde. Es ist recht klein, muss ich sagen. Der Blendenring ist natürlich weit vorn angebracht und recht schmal. Die Blende verstellt man gefühlt mit diesem Objektiv etwas seltener als mit anderen. Ich habe die passende Gegenlichtblende montiert, die aufgrund ihrer Klammer auch sehr nah am Blendenring liegt. Der wird also noch schwieriger zu bedienen dadurch.
Die Fokussierung ist gewohnt gut gedämpft. Das Objektiv fühlt sich regelrecht neu an, was mir gut gefällt. Ich besitze Objektive aus den 1970er Jahren, die deutlich schwergängiger sind. Das Leica Summicron 35 zeigt, dass es sehr sauber und präzise gebaut wurde. Ungwohnt war für mich die Arretierung bei „unendlich“. Im Fokustab ist ein kleiner Knopf versteckt, den man drücken muss um aus der Unendlich-Stellung heraus zu gelangen. Ich war froh, dass ich das „8 elements“ zunächst einmal ehrfürchtig betrachtet hatte bevor es an die Kamera kam, sonst wäre ich schon arg überrascht gewesen. 😉
Performance
Hier kommen einem schnell Worte wie „traumhaft“ oder „unglaublich“ in den Sinn. Das kann man ja verschieden interpretieren. Versuchen wir es mal.
Zunächst überrascht das „8 elements“ Summicron mit einer erstaunlich hohen Schärfeleistung (also schon mal „unglaublich“) auch an den neueren Sensoren. Das erwartet man einfach nicht, dass direkt ab Offenblende da schon gut abgeliefert wird. Bei f5.6 scheint mir die höchste Schärfeleistung zu sein.
Bei Offenblende gibt es eine leichte Vignettierung, die bei f4 verschwunden ist. Ich mochte das sehr, gibt es den Bildern doch etwas „Tiefe“. Es ist nichts, was ich unbedingt raus korrigieren würde.
Was wirklich in Richtung „traumhaft“ geht, sind die Flares. Sie sind gelinde gesagt „präsent“. Setzt man das 35mm f2 Summicron bei Offenblende im Gegenlicht ein, bekommt man ganze Flare-Spektakel. Für cleane Landschaftsaufnahmen, die in den Reisekatalog sollen, ist es eher nicht geeignet. Atmosphäre jedoch kann es richtig gut.
Spannend fand ich auch eine Art innere Reflektion, die von den Linsen hinter der Blende auszugehen scheint. Ich hatte eine Aufnahme in Richtung eines Baums gemacht um rauszufinden, ob es beim Abblenden sogenannte Blendensterne gibt. Tatsächlich sah ich dann im Bild die Blendenlamellen von hinten als Reflektion im Bild. Spannende Sache, obgleich es ja eher ein „Fehler“ ist. Denn eigentlich fotografiere ich nicht mein Objektiv von innen…
Gedanken zum Leica Summicron 35mm f2 „8 elements“
Das „8 elements“ ist definitiv nicht nur für Sammler interessant. Es will raus in die Straßen und ins Licht. Egal ob man eine M3 oder M10 dahinter setzt, man bekommt letztlich fantastische Bilder mit diesem Objektiv gezaubert. Es ist klein, leicht und im Formfaktor perfekt an einer Leica M.
Und da bin ich natürlich hin und her gerissen. Kauft man sich das um es zu benutzen oder sperrt man es in eine Vitrine damit es auch später noch erhalten ist? Ich persönlich empfinde mich als Fotografen ohne Sammlungsauftrag. Was ich habe, nutze ich auch. Vorsichtig und angemessen, aber eben in Nutzung.
Für mich ist das 35mm f2 „8 elements“ das spannendste der Leica 35mm Summicrons. Da gibt es ja inzwischen mehrere Versionen über die Jahrzehnte hinweg und alle verdienen sie eine eigene Vorstellung. Als wunderbare Mischung aus Leistung und Charakter würde ich direkt das hier besprochene bevorzugen.
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Die Fotos wurden mit der M8 gemacht? Wäre interessant zu wissen, da einerseits digital und andererseits mit Crop. Oft wird ja gesagt, dass es für Film und CCD Sensoren besser geeignet ist, bei CMOS sehr Start vignettiert.
Hi Christoph, die Fotos wurden mit unterschiedlichen Kameras gemacht, steht auch direkt im Text. Am meisten habe ich eine Nikon Z7 genutzt dafür. Die M8 ist nur das hübschere Fotomodel um das Objektiv zu präsentieren.