Hätte mir jemand Anfang des Jahres gesagt, dass Tokyo mal zu meinen Lieblingsdestinationen wird, hätte ich wohl nur ein müdes Lächeln gezeigt.
Ich stand Tokyo bis kürzlich eher neutral in meiner Meinung gegenüber. Die japanische Kultur war, und ist es nach wie vor, für mich voller Gegensätze. Einerseits diese disziplinierte Art und Weise, die man in Japan schon bei der Ankunft am Flughafen spürt. Es läuft alles nach einem gewissen Schema ab und man mag es nicht, aus der Masse hervorzustechen. Auf der anderen Seite kleiden sich manche, vornehmlich junge, Japaner in einer Art und Weise, dass man meint, sie würden einem Comic entspringen. Gleichzeitig passt ihr Äußeres nicht zu dem, wie unsere vergleichbar „ausgeflippt“ gekleidete Jugend sich verhält. Die Höflichkeit ist immer präsent.
Lautstärke ist auch so eine Sache. Man schätzt den ruhigen Ton. Betritt man allerdings ein Lokal, rufen die Angestellten „Willkommensgrüße“ quer durch den ganzen Laden und kündigen so allen dein Kommen an. Oder diese Computerspielläden. In der ganzen Stadt sind sie verteilt, und wenn man an so einem vorbeiläuft und die Tür öffnet sich gerade zufällig, ist der Lärmpegel unerträglich laut!
Das Wort „Nein“ ist etwas, womit die Japaner sehr große Schwierigkeiten haben. Es ist im Grunde nicht in ihrem Wortschatz enthalten/gewünscht. Es gilt als sehr ungehobelt, eine Frage mit „Nein“ zu beantworten. Wenn man das nicht weiß und als Deutscher nach Japan kommt, kann es schon mal schwierig werden – für beide Seiten. Dazu eine kleine Geschichte:
Das erste Mal, als ich in Japan war, fragte ich am Bahnhof Tokyo-Station (Ein riesiger Umsteigebahnhof mit etlichen Gleisen, die durch ein völlig menschenüberfülltes Wirrwarr an unterirdischen Fußgängerbereichen miteinander verbunden sind.) einen jungen Mann, wie ich zu einer bestimmten Station kommen würde. Er wusste es nicht. Aber anstatt mir das deutlich zu verstehen zu geben, windete er sich mit „ähs“ und „mmh’s“ und Kopfkratzen und all diese Verlegenheitsgesten. Heute weiß ich, dass er mir einfach nur nicht sagen wollte: „Sorry, aber ich habe keine Ahnung!“ Nachdem ich ungeduldig und auch etwas angesäuert nachhakte, schickte er mich in irgendeine Richtung. Natürlich die falsche. Bevor er also sein „Gesicht verliert“ nannte er mir lieber eine falsche Richtung als mir ein „Nein“ zu sagen. Das ist mir so schnell nicht nochmal passiert, aber es immer wieder gewöhnungsbedürftig.
All diese kleinen Dinge haben mich immer einen gewissen Abstand zu diesem Land und deren Kultur pflegen lassen. Ich weiß nicht, was seit kurzem anders ist, aber es ist sicher nicht Japan, was sich verändert hat. Ein Hauptgrund meiner neu entdeckten Liebe zu Tokyo hat mit der Fotografie an sich zu tun. Und mit der analogen Fotografie im besonderen. Klar! Was auch sonst? 😉
Dieses Jahr wurde ich zu einem offiziellen Fujifilm x-Fotografen ernannt. Was es mir bringt, wird sich zeigen, aber auch das rückte mich irgendwie den Japanern ein Stückchen näher. Jeder hat seinen Preis 😉
Nein, ernsthaft jetzt: Japan und Fotografie gehört zusammen wie Deutschland und Autos. Die größten Firmen der Branche kommen aus Japan, und selbst deutsche namenhafte Firmen lassen dort Ihre Fotoprodukte herstellen. Auch in diesem Jahr entdeckte ich meine alte Liebe, die analoge Fotografie, wieder, und Japan hat noch eine sehr aktive analog Szene. Die Auswahl an Filmen ist deutlich größer als in unserem Fachhandel, und dort kann man Filme noch an fast jeder Ecke kaufen, wie bei uns vor einigen Jahren.
Nunja, es verhält sich numehr zumindest so, dass ich Tokyo eine echt tolle Stadt finde. Was mich an der Stadt wirklich fasziniert, ist die Lautstärke. Ich bin ja nun jobbedingt viel in der Welt unterwegs und komme dabei in viele große Städte. Von Los Angeles über New York, Paris, Rom, Berlin (beste Stadt der gesamten Mutter Erde!!!), Dubai, Delhi, Hong Kong bis nach Tokyo, und ich kenne keine Stadt, die so leise ist! Das ist echt verrückt. Tritt man in all den anderen Städten aus dem Haus, steigt der Lärmpegel automatisch, teilweise drastisch. Der Verkehr, die Menschen, die Stadt selber, alles gibt Laute von sich, und viele ganz heftig. Nicht so in Tokyo. Diese Stadt ist leise! Das ist wirklich verrückt, und ich habe noch nicht rausgefunden, woran das genau liegt.
Ich hatte eigentlich diesmal vor, auf den größten Fischmarkt von Tokyo zu gehen. Um als Besucher auf dem weltweit größten Fischmarkt, den Tsukiji-Markt, teilnehmen zu können, muss man gegen 4.30 Uhr am Eingangstor sein und hoffen, dass der Andrang nicht zu groß ist, da nur eine beschränkte Anzahl an Besuchern zugelassen ist. Leider ist dieser wegen Umbaumaßnahmen derzeit für Besucher nicht zugänglich, also musste ein Alternativprogramm herhalten. Den Meiji Shrine kannte ich noch nicht, und am Wochenende kann man da wohl Zeuge von traditionellen japanischen Hochzeitszeremonien werden. Ich fotografiere zwar schon lange keine Hochzeiten mehr (glücklicherweise 😉 ), aber das interessierte mich schon einmal.
Und ich hatte Glück. Zumindest ein bisschen. Gerade als ich registrierte, dass da eine Hochzeit vonstatten ging, und ich schnell hinhetzte, um noch was mitzubekommen, war es auch schon vorbei. Ich weiß schon, warum ich keine Hochzeiten mehr fotografiere 😉
Das Wetter war schön und ich wollte gerne ans Meer, also machte ich mich von Shinjuku Station fast 1 Stunde mit der Bahn auf den Weg nach Kamakura zum Great Buddha und danach ans Meer. Ich mag das Bahnfahren in Tokyo. Ich schlafe da immer ein, und ich bin da meist in guter Gesellschaft. Die eine Stunde mit der Bahn verbrachte ich dösend, wie all die anderen Japaner auch. Irgendwann wachte ich panisch auf, da ich annahm, meine Station verpasst zu haben. Aber ich bin anscheinend schon ganz gut angepasst, ich hatte noch eine Station zu fahren. Von Kamakura aus musste ich dann umsteigen und noch ein paar Stationen mit einer kleinen Ortseisenbahn fahren. Von der Station Gase aus ging es dann in einem kleinen 10 Minütigem Fußmarsch zum Tempel des Big Buddha.
Das Wetter war an dem Tag wirklich sehr schön. Die Sonne schien von einem strahlend blauen Himmel und die Temperaturen waren für Mitte Dezember angenehm mild. Ich hätte da noch mehr Stunden verbringen können, zumal das Meer nicht weit weg ist und ich dort die Windsurfer am Strand noch Stunden hätte beobachten können. Aber einerseits hatte ich gerade noch genug Geld in der Tasche, um mir die Rückfahrt irgendwie kaufen zu können, in Japan ist es nämlich längst nicht so einfach, mit Kreditkarte überall zahlen zu können, und ATM’s für internationale Karten/Kreditkarten sind auch eher selten. Andererseits wollte ich noch ein paar Erledigungen in Shinjuku machen. Für den ersten Eindruck jedenfalls war das echt schön, und das nächste Mal werde ich dort die Gegend ausgiebiger erkunden.
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Starke Bilder einer faszinierenden Metropole! Ich arbeite zwar für einen Konzern dessen Hauptzentrale in Tokyo sitzt, war aber (leider) noch nicht in der Lage dort zu sein. Danke für Deinen Beitrag.
Liebe Grüße
Jörg
http://www.digitaler-augenblick.de
Danke Jörg 🙂
Ja, Tokyo sollte man sich nicht entgehen lassen, wenn man die Gelegenheit bekommen sollte. Ich drücke Dir die Daumen das es bald mal klappt 😉
Eine Liebeserklärung an Tokyo, bis er noch mal nach Istanbul reist… 🙂
Sehr schöne Fotos!
Feyzi, freut mich das Dir die Bilder gefallen. Es gibt so viele schöne Orte und Istanbul ist ganz sicher einer von Ihnen. Ich freue mich schon auf meinen Aufenthalt Anfang Mai dort 🙂
Großartige Bilder! Tokyo ist meine absolute Lieblingsdestination in unserem Streckennetz…
Wenn Du wieder in Kamakurra bist, dann fahr von dort mit dem Enoden die Küste entlang…wunderschön, Sonnenuntergang mit Meer und Fuji-San inklusive…
Danke Dir Babett!
Auch für den Tipp, werde ich bestimmt machen.