Kürzlich hatte ich die Gelegenheit ein Leica Summarit 35mm für ein paar Tage zum testen geliehen zu bekommen. An dieser Stelle geht mein Dank an meinen lieben Freund Sura von Meister Camera und natürlich an Herrn Meister persönlich. Cooler Typ, der immer bereit ist, Leute/Blogger wie mich zu unterstützen. Nicht selbstverständich so etwas. Ja, da mache ich dann auch gerne Werbung. 😉
Es stand Montreal//Kanada auf meinem Reiseplan. Eine schöne Stadt, jedoch war es wohl die paar mal wo ich bisher dort war einfach zu kurz, ich konnte jedenfalls nie Bilder nach Hause bringen, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Das sollte sich dieses mal ändern. Ich sollte einen tieferen Einblick in eine Religion erhalten, die ich immer interessant fand, aber nie so richtig greifen konnte. Nein, das lag nicht an dem 35mm Summarit, jedoch war es für diesen Trip ein sehr wertvoller Begleiter. Natürlich kann man heutzutage alles im Internet nachlesen und recherchieren, aber es ist etwas anderes, so etwas wie eine Religion oder eine Lebensweise von den betreffenden nahe gebracht zu bekommen. Zumindest für mich.
Es begann in München. Ein lieber Kollege und ich unterhielten uns und schnell wurde deutlich, dass ich einen Sikh vor mir hatte. Dies erkennt man im Grunde schon an dem Namen eines Sikhs. Als Ausdruck von Geschwisterlichkeit tragen Sikh-Männer den gemeinsamen Nachnamen Singh (Löwe), so eben auch mein Kollege. Frauen heißen mit Nachnamen Kaur (Prinzessin; grammatikalisch richtig: Prinz). Normalerweise sind Sikh-Männer ja gut zu erkennen an ihrem Turban, er trug/trägt diesen bei der Arbeit (Fluggesellschaft) nicht. Ich war sofort neugierig, da ich die Sikhs schon immer spannend fand. Sie erinnerten mich in ihrem äusserlichen Erscheinungsbild immer an „Sandokan– Der Tiger von Malaysia“. Ich weiß er war kein Sikh, aber ich fand den immer so cool! Ich glaube jedenfalls, dass dies mit ein Grund ist, warum ich bei Sikhs, ohne eigentlich irgendwas über sie zu wissen, immer ein positives Gefühl habe.
Was mich in dieser Hinsicht immer etwas irritierte, war ihr Ruf des Kriegers. Denn die Sikhs, die mir im Leben begegnet waren, zugegeben alle sehr oberflächlich und stets im Berufsalltag, wirkten auf mich immer sehr ruhig und besonnen. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, setze ich diese Eigenschaften wohl mit friedfertig gleich, was natürlich Unsinn ist, denn das eine schließt das andere ja nicht aus – evtl. setzt es das ja sogar voraus? Auf der anderen Seite ist ein Krieger ja nicht auch automatisch aggressiv. Sieht man mal, mit was für Vorurteilen man im Leben so rumläuft.
Nun denn, jedenfalls wurde ich ziemlich neugierig als mein Kollege erzählte, er wolle in Montreal in einen großen Sikh Tempel. Ich freute mich, dass ich nun endlich mehr Einblicke bekomme, etwas vollkommen unerwartet anderes ausgerechnet in Montreal in den knappen 24 Stunden vor Ort erleben werde und natürlich so mal das 35mm Summarit etwas fordern kann. Allerspätestens hatte er mich aber, als er mir sagte, dass man in jedem Sikh Tempel Essen umsonst bekommt. 😉
Der Tempel war vom weiten schon gut erkennbar und dank der sehr langen Fanhnenstange mit der Fahne der Sikh auch schon der erste Punkt, der meine Neugier weckte. Ich erfuhr, dass diese Fahne eben dafür steht, dass man von möglichst weit her den Tempel der Sikhs erkennt. So wissen andere Sikhs, wohin sie müssen um eben einen Tempel zu finden. Ich hatte mir das erst wie mit dem Kreuz auf Kirchtürmen erklärt, und tatsächlich ist diese Fahne vielmehr als Orientierungshilfe zu sehen. Also weniger ein: „Hier herrsche ich“, als vielmehr ein „Hier sind wir“.
Es war heiss an dem Tag in Montreal, 32 Grad, und normalerweise bekommen mich keine 10 Pferde bei so einem Wetter in eine lange Jeans, der Respekt vor der Kultur und den Sitten allerdings waren dann das 11. Pferd und ich war so happy als wir endlich bei dem Gurduware, so heisst das Haus der Sikh, angekommen waren. Die Schuhe und Socken mussten natürlich ausgezogen werden. Nachdem wir auch unseren Kopf mit einem Tuch bedeckt hatten, mein Kollege hatte mittlerweile seinen Turban angelegt, betraten wir den großen fast leeren Saal.
In dem mit Teppich ausgelegt Saal befand sich im Grunde nur dieser Baldachinähnliche Altar. Es gab keine Tische, Stühle, Bänke oder ähnliche Sitzgelegenheiten. Mann/Frau saß auf dem Boden. Der Altar befand sich gegenüber des Eingangs zentral am Ende des Saals. Mir fiel sofort die Gestalt auf, die einen Staubwedel ähnlichem Teil in regelmäßigen Abständen durch die Luft schwenkte. Ich erfuhr, dass dies aus Respekt vor der heiligen Schrift der Sikh der Guru Granth Sahib geschieht und es soll so verhindert werden, dass Staub oder ähnliches die Schrift beschmutzen. Aus Respekt verneigt man sich vor diesem Altar und der heiligen Schrift, allerdings ist dies kein Muss! Vor dem Altar befand sich eine breite Holztruhe, in die man eine frei wählbare Spende vor dem Verneigen vor der Schrift reinwerfen kann, nicht muss.
Wir waren recht früh an einem Wochentag da. Es war erwartungsgemäß nicht viel los. Wir zogen recht schnell die Aufmerksamkeit der anderen Anwesenden auf uns. Und ich mit meiner neugierigen Kamera allemal. Uns zur Liebe wurde aus der Guru Granth Sahib vorgelesen. Aus dieser lesen sogenannte Granthi vor, dieser Granthi kann dabei sowohl ein Mann als auch eine Frau sein. Dies gefällt mir eh an dem Sikh Glauben. Es findet keine Unterscheidung zwischen Frau und Mann statt. Die Sikh-Religion betont die Einheit der Schöpfung und verehrt einen gestaltlosen Schöpfergott, der weder Mann noch Frau ist. Das alleine finde ich schon sehr sympathisch, auch dass die Sikh nicht das Kastensystem des Hinduismus haben, finde ich auch sehr sympathisch. Alle sind gleich viel Wert bei den Sikh, selbst andersgläubige werden nicht als minderwertig betrachtet. Zumindest ist das in der Theorie so.
Was ich in den Gesprächen mit meinem Kollegen und den anderen Sikhs dort im Tempel über die Religion erfuhr, fand ich wirklich spannend und es machte mir die Religion sehr sympathisch. Religiöse Dogmen sind der Sikh-Religion genauso fremd wie der Aberglauben des Hinduismus. Vielmehr hat der Sikhismus das Ziel, religiöse Weisheit für den Alltag nutzbar und praktisch zu machen. Was für mich die Religion aber wieder unmöglich macht sie anzunehmen, ist dass sie im Grunde ein vegetarisches Leben verlangt. Zumindest wenn man sie konsequent ausleben will. Aber auch hier sind die Sikhs nicht verbissen. Es ist kein muss, nur rituell getötetes Tier (Halal/Kosher) sollte ein Sikh nicht essen.
Apropos essen: Am Schluss führte uns der Herr, der zuvor die ganze Zeit den Wedel über der Guru Granth Sahib geschwenkt hatte, runter zum essen. Der Saal war ähnlich groß wie der Saal mit dem Altar darüber. Das zahlreiche Besteck und Geschirr ließ vermuten, was hier zu Stoßzeiten los sein kann. Morgens, mittags und abends findet ein gemeinsames vegetarisches Mahl statt, das Langar. Es wird durch die Spenden finanziert und von ehrenamtlich arbeitenden Sikhs selber zubereitet. Hauptbestandteile eines solchen Langars sind meistens die Linsensuppe Dal, die oft auch Speise der Armen ist und daher die Gleichheit aller Menschen betont
Ein Sikh kämpft gegen Ungerechtigkeit. Wo immer ein Sikh Ungerechtigkeit entdeckt, dagegen muss er kämpfen, mit allem Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen. Hier vielleicht auch einer der Gründe warum sie als Krieger landläufig gelten? Insgesamt hat mich diese Religion wirklich sehr positiv überrascht. Sie macht einen sehr weltoffenen Eindruck. Das fehlen von religiösen Dogmen, die Gleichstellung von Frau und Mann und der Wunsch, die religösen Weisheiten ins alltägliche Leben zu integrieren habe mich ehrlich beeindruckt. Auch interessant fand ich, dass die Sikhs im Gegensatz zum Hinduismus zB. die Wichtigkeit materieller Bedürfnisse und deren Befriedigung akzeptieren. Als einer der wenigen Religionen ist Brüderlichkeit, auch mit Nichtgläubigen, einer der Grundsätzen des Sikhismus, weshalb der Ertrag ihrer Arbeit auch mit anderen geteilt werden soll. Hier können sich die anderen Religionen mit ihrer Bekehrungsmentalität mal eine dicke Scheibe abschneiden. Ich kann/will hier nicht alles detailliert wiedergeben, dazu bin ich nicht tief genug eingetaucht und will am Ende dann auch keine allzu religiöse Analyse hier betreiben. Im Netz gibt es viele Informationen dazu. Oder einfach mal schauen, ob in der Nähe ein Sikh-Tempel ist. Einfach mal hingehen und mit den Leuten sprechen. Zumindest in Montreal waren sie alle wirklich sehr offen und haben sich gefreut über unsere Neugier.
Am ende des Tages habe ich einen kleinen Einblick in eine Religion erhalten, die mich wirklich positiv überrascht hat. Sie hat für mich am Ende weniger was religiöses als mehr was philosophisches. Lebensweisheiten, die man als Mensch, egal welcher Religion/Herkunft man sonst angehört, auch ohne zu konvertieren gut annehmen kann.
Ein großes Dankeschön an meinen lieben Kollegen Amardip! Ich habe eins der interessantesten Montreal Layover ever gehabt!
Ach ja, und der nette Herr, der uns da durch den Tempel geführt hat, war auch ein coole Socke! Nicht nur, dass er sehr ehrwürdig aussah, er war bis vor ein paar Monaten auch ein hochrangiger Militär, der jetzt zu seiner Tochter nach Kanada zog um auf die Enkelkinder auf zu passen.
Nerd Info: Alle Bilder, die ihr hier seht, wurden mit der Leica M10 und dem Leica Summarit 35mm f2.4 aufgenommen. Was ich im übrigen ein richtig cooles Objektiv finde! Es gilt als das Einsteigerglas, da es das günstigste Leica M Glas ist, wenn auch trotzdem noch sehr teuer. Von der Bildqualität liefert es richtig gute Ergebnisse.
Normalerweise sage ich ja nichts großartig zu meiner Bildbearbeitung, tatsächlich möchte ich das aber diesmal eine Ausnahme machen da ich die Presets echt ganz cool finde, erwähne und empfehle ich die auch gerne. Zum Einsatz kamen die Presets von Patrick Ludolph. Und nur zur Sicherheit: nein ich bekomme für diese Werbung keinen Cent von Patrick. Vielmehr finde ich sie recht gelungen und dann finde ich, kann man das auch öffentlich sagen, wie immer bei solchen Paketen nicht alle, aber doch die meisten.
Leave a reply
Ein wunderbarer Bericht Mehrdad !
Die Fotos sind (wie immer 🙂 ) Extraklasse, gefallen mir sehr gut und tragen deine Handschrift (auch wenn es andere Presets sind).
Immer wieder schön auf eurer Seite vorbeizuschauen !
LG Wolfgang
Danke Wolfgang!
Hallo Mehrdad,
ich war überrascht und beeindruckt, was ein kurzer Ausflug nach Montreal an Erlebnissen bringen kann. Vielen Dank für deinen Bericht und die wirklich tollen Bilder!
Ich bin selbst nächsten Monat in Toronto und daher bereits gespannt, was es dort zu erleben und anschließend zu erzählen gibt. Auf jeden Fall freue ich mich schon auf die Bearbeitung der Fotos. Die Presets werde ich mir daher mal genauer anschauen 😉
Hallo Peter,
Entschuldige die deutlich späte Antwort. Ist mir irgendwie durch die Lappen gegangen.
Anyway, es freut mich das Dir Bericht und Bilder zusagen.
Ich glaube wenn man die Augen offen hält, neugierig bleibt und sich auch hier und da aus seiner Komfortzone bewegt kann man in noch viel kürzerer Zeit gleiches oder mehr erleben.
Ich hoffe Dein Aufenthalt in Toronto war schön.