Ich war kürzlich mal wieder bei meinen Eltern. Nichts besonderes bei mir, denn ich habe glücklicherweise ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Wir leben in der gleichen Stadt, von Computern habe ich mehr Ahnung als mein Ingenieur-Papa, persisches Essen ist einfach eine geniale Küche und Mama kann einfach immer noch am besten kochen. Es gibt also viele Gründe, gerne und oft meine Eltern zu besuchen. Dieses Mal hatte mein Vater gerade seinen Keller entrümpelt und er überraschte mich mit ein paar meiner alten Spielzeuge aus der Kindheit. Ich weiß natürlich nicht, wie das bei Euch ist, ob Ihr bzw. Eure Eltern Euer altes Spielzeug einfach weggeben haben. Aber als ich da so im Wohnzimmer stand, wurde mein Blick wie ein Magnet auf den kleinen unscheinbaren blauen Koffer gelenkt. Okay, meine Mutter ist eine sehr ordentliche und reinliche Person, alles muss immer genau an seinem Platz stehen. Was habe ich da manchmal als Kind drunter gelitten. 😉 Vielleicht fiel er mir auch deshalb sofort auf?
Also unmittelbar mit dem Erblicken des Koffers tauchten schöne Bilder vor meinem geistigen Auge auf. Bilder von Familienreisen, denn der eigentlich Sinn dieses Koffers war die Aufbewahrung der Reiseverpflegung, wenn es von Berlin Richtung Gardasee ging. Die Gummibärchen waren aber eigentlich schon am Übergang Dreilinden erfolgreich verputzt. Irgendwann dann aber diente mir der Koffer vor allem zur Aufbewahrung meiner Autos. Und das war das erste, was mir in den Sinn kam. Die Frage: Ist er da noch drinne? Es gab genau ein Auto unter all meinen Spielzeugautos, das ich wirklich extrem liebte, und ich glaube genau dieses Auto ist auch mit dafür verantwortlich, dass ich so ein Faible für amerikanische Musclecars habe. Sagt jetzt mal der Hobbypsychologe in mir.
Tatsächlich stürtzte ich mich auch sofort auf den Koffer. Meine kleine Tochter war genauso fasziniert von dem Koffer, als sie von meinen Eltern erfuhr, was es damit auf sich hatte. Sie wollte ihn natürlich sofort inspizieren, aber hier galt das Recht des Stärkeren. Erst als ich ihn fand, überließ ich ihr den Rest. Gleichzeitig mit dem Finden des Autos kam aber auch wieder diese Wut über mich selbst. Denn ich weiß bis heute nicht, was das für ein Auto ist, aber es war und ist das coolste Spielzeugauto, das es jemals (für mich) gab. Soviel steht fest. Na und ich Trottel habe dann seinerzeit in meiner Edding-Phase gedacht, es wäre cool, das Auto mit goldener Farbe anzumalen. Hätte ich wenigstens die doofen Scheiben ausgelassen. Dabei hatte das Auto so eine geile Patina… Die ursprüngliche Farbe war ein helleres Blau, welches schon abblätterte, wodurch das geile abgefuckte Metall darunter hervortrat. Obendrein hatte es auch schon mal Bekanntschaft mit einem Hammer gemacht, denn es war schließlich mein obercooles Bad Boy-Gangster-Auto. Selbst jetzt, wo ich hier darüber schreibe, ärgere ich mich noch, dass ich den Look des Autos zerstört habe. Gleichzeitig sehe ich mich auf dem Boden meines Kinderzimmers sitzen und harte Bullitt Szenen nachstellen, glücklich und zufrieden. Das Kind in mir wieder hervorholend schaue ich mir das Auto wieder an, drehe die Räder und, ja, lass es auch mal kurz in einem unbeobachteten Moment am Boden sitzend wieder seine waghalsigen Runden drehen.
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