Vancouver war einer der Orte, der seit langem auf meiner kleinen Must See Liste stand. Ich hatte so viel gutes über die Stadt in British Columbia gehört, dass ich mir gerne selber ein Bild davon machen wollte. Natürlich war die Zeit, die ich hatte, viel zu kurz – wie eigentlich immer. Es galt also, das Beste in der Kürze der Zeit herauszuholen.
Vorab vielleicht noch schnell etwas zu meiner Ausrüstung: Einen Tag bevor es für mich nach Vancouver ging, kam ein großes Paket für mich zu Hause an. Mit freundlichen Grüßen von Carl Zeiss Lenses. Hier hatte ich bereits etwas dazu geschrieben. Neben meiner x-pro1 und den drei Zeiss Objektiven nahm ich noch die Fujifilm x-t1 meiner Frau mit. Eigentlich gibt sie diese nur sehr ungern aus der Hand, selbst mir, aber diesmal hatte sie wohl Mitleid mit mir? Egal, ich nahm das Angebot dankend an. Alle Bilder, die ihr also in diesem Post seht, sind entweder mit der x-pro1 oder der x-t1 entstanden. Wobei ich das 12mm Zeiss eigentlich nur an der x-t1 nutzte. Ich weiß nicht, ob es das Zeiss mit seinem wirklich tollen Aufnahmewinkel war oder die echt tolle x-t1, aber die meisten Fotos entstanden mit dem 12mm. Was ich genau von dem Zeisslingen halte, kommt aber ein anderes Mal. Heute soll die Stadt Vancouver mein Thema bleiben.
Die erste Entscheidung, die ich treffen musste, war: Viertelfinale Deutschland-Frankreich schauen oder nicht? Zwar war schon um 9 Uhr morgens lokale Zeit der Anpfiff, und im Nachhinein wissen wir alle, dass es zum Glück nicht in die Verlängerung ging, aber dennoch, diese 2 Stunden waren in der Relation viel Zeit bei einem nur 48-stündigen Aufenthalt. Ich entschied mich also gegen den Fußball und stattdessen für das Wasserflugzeug.
Im Nachhinein die beste Entscheidung, wie sich zeigen sollte! Erstens soll das Spiel nicht der Kracher gewesen sein (erzählte man mir) und zweitens war das mit dem Wasserflugzeug einfach ein richtig lustige Sache! Ich bin ja nun echt viel im Flugzeug unterwegs, aber so ein kleines Fugzeug ist schon noch mal ein ganz anderes Feeling. Das Ding dröhnt und donnert, wird in der Luft schon mal hin- und hergewirbelt, und Starten und Landen ist ohnehin ein Erlebnis. Ich wollte mir also erst mal einen Überblick über die Stadt verschaffen und mich dann entscheiden, wie die weiteren Pläne aussehen sollten. Tickets waren schnell und unkompliziert gekauft, und bei einem Kaffee aufs Haus machte ich es mir für die erste Halbzeit in der Wartehalle gemütlich. Ein Fernseher stand auch bereit, auf dem das Deutschlandspiel lief. Bis dahin also alles richtig gemacht!
Da es bei den Fliegern keine Sitzplatzreservierung gibt, gilt das Prinzip: First come, first served! Da ich aber für 115 CAN $ keinen Mittelplatz haben wollte, habe ich noch 9 CAN $ draufgelegt und einen von 3 reservierbaren Sitzen reserviert. Ich war natürlich der einzige, der das gemacht hat… Egal! Vorteil, dachte ich, wäre eben der, dass ich mir beim Boarden Zeit lassen und lieber noch den Flieger fotografieren könnte. Wir waren 10 Leute, und bevor der erste Passagier einstieg, sagte der Pilot noch, dass einer einen Platz reserviert hat. Spätestens da kam ich mir wie bei dieser seltsamen Werbung im Fernseher vor, wo über Lautsprecher angesagt wird, wer zuviel für seinen Flug bezahlt hat. Ich musste mich outen und prompt kam der nächste „downer“: „Ach ja, und wer will kann den Co-Piloten Sitz einehmen, der ist auch noch frei.“ Und wo war Mehrdad? Richtig! Gaaaaaaaanz hinten in der Schlange, da er ja einen Sitzplatz reserviert hatte und meinte, er könne ganz locker boarden, ohne sich um einen der besseren Plätze zu „prügeln“.
Ziemlich glückselig stieg ich also aus dem Flugzeug aus und machte mich nun auf den Weg zur Capilano Suspension Bridge. Hierbei handelt es sich um eine 170m lange Hängebrücke, welche sich in 70m Höhe über dem Capilano River erstreckt. Recht imposant, aber das finden leider auch die 1000 anderen Touristen. Dementsprechend voll ist es dort. Alles in allem finde ich, ist das kein Must- See! Es sei denn zu einer Uhrzeit, in der weniger Touristen dort sind, dann könnte das schon fotografisch sehr interessant sein.
Ich verließ den Park daher recht schnell wieder, ohne groß Fotos zu machen, und wollte mein Glück im Cleveland Park weiter oben den Fluß herauf probieren. Ich hatte die Hoffnung, unten am Fluß entlang ein paar schöne Landschaftsaufnahmen zu machen. Im Cleveland Park ist der Cleveland Damm, das Wasser Reservoir von Vancouver und Umgebung. Von dort aus hätte ich durchaus unten am Fluß entlang wandern können, aber irgendwann fiel mir wieder einer der Ranger ein, der mir den Weg beschrieb. Als ich schon gerade wieder losziehen wollte, rief er mir noch mit einem breiten Lächeln hinterher: „But be aware of the bears!“. Toll! Ich alleine mit so einem Bären in Kanada in einer tiefen Schlucht! „Nee! Lass ma!“, dachte ich mir und verzichtete auf den mühseligen Ab-und wieder Aufstieg.
Da ich langsam auch müde wurde, machte ich mich mit dem Bus zurück auf den Weg ins Hotel.
Nachdem ich ein bißchen im Hotel geruht hatte, trieb mich aber die Neugier erneut raus. Diesmal wollte ich die Stadt und die nähere Umgebung erkunden, sprich Canada Place und Gastown.
Gastown ist ein ein historischer Stadtteil Vancouvers und im Grunde die Geburtstätte Vancouvers. Den Namen Gastown verdankt das Viertel dem britischen Siedler John „Gassy Jack“ Deighton, der dort Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts das erste Lokal eröffnete. Der Ort wuchs dann sehr schnell, und 1886 erhielt Gastown dann Stadtrechte und wurde zur „City of Vancouver“. Heute sind dort viele Cafés, Restaurants und alle möglichen (Touristen-) Läden zu finden. Ich bin nur kurz durchgeschlendert und immer wieder mal in die kleinen Seitengassen abgebogen. Fotos von Gastown gibt es zuhauf. Einfach mal bei Google Bilder Gastown als Stichwort eingeben, dann wird einem sicher auch als erstes das berühmte Wahrzeichen des Viertels, die Dampfuhr, begegnen.
Der Abschluß des Tages war mein Zusammentreffen mit Trevor und seinem Sohn. Na gut, mehr mit Trevor als mit seinem Sohn. Die zwei sahen sich wirklich sehr ähnlich. Mir fiel es die ganze Zeit schon auf, wie sie mich da sitzend beobachteten, und irgendwann dann riefen sie mich heran. Wir unterhielten uns eine Weile, und als sie erfuhren, dass ich aus Deutschland komme, ging es los: Did you see the game? Congratulations usw. Ich fand das echt sehr nett von ihm, denn ich glaube sein Herz schlug für Frankreich… hatte ich irgendwie das Gefühl.
Wie dem auch sei, die Spuren des Tages müssen mir wohl ins Gesicht geschrieben gewesen sein. Ich sah wohl so abgekämpft aus, dass sie meinten mich auf eine ihrer komsichen Zigaretten einladen zu müssen. Irgendwie erinnert er mich an Steve Jobs, findet ihr nicht?
Irgendwann wurde es aber für mich dann auch wirklich Zeit fürs Bett und ich schlief tief und fest um 20 Uhr ein. Ich glaube, das nennt man senile Bettflucht? Um 3 Uhr morgens war ich jedenfalls hellwach. Abtörn! Auf der anderen Seite dachte ich mir, da das Wetter eh nicht gut werden sollte, gehe ich halt die Stadt zum Sonnenaufgang fotografieren. Und so machte ich um 4 Uhr morgens einen Spaziergang vom Canada Place rüber zum Stanley Park, um die Skyline von Vancouver zu fotografieren.
Am Ende muss ich mir mal selber auf die Schulter klopfen. Ich habe für mich das beste aus den 48 Stunden in Vancouver gemacht. Ich finde die Stadt sehr schön. Ich weiß nicht, wie ich das genau beschreiben soll, aber Vancouver scheint für mich ein kleines Fleckchen Stadt inmitten herrlich weiter Landschaft. Es wird bestimmt nicht das letzte Mal sein, dass ich dort fotografieren werde.
Leave a reply
Hallo Mehrdad,
wie immer klasse zu lesen. Es macht Spass deine Eindrücke und (guten) Fotos vermittelt zu bekommen ohne den üblichen Tech-Talk.
Freue mich immer über neue stories von Dir.
Gruss
Frank
(bin unter meinem Namen auf 500px.com zu finden :-))
Hallo Frank,
das freut mich das Dir meine Fotos/Stories gefallen! Ich werde gleich mal auf 500px schauen 😉
Beste Grüße
Mehrdad
Klasse Bericht und tolle Fotos. Was machst Du in der Bearbeitung? Einige Bilder sind leicht entsättigt und haben dadurch eine tolle Wirkung