Ich mag die analoge Fotografie sehr, einzig das Entwickeln von Film ist etwas vor dem ich mich bisher, auch damals zur analogen Zeit, immer gedrückt habe. Ich musste also jemanden finden der mir das beibringt. Mit Matz Binder habe ich solch jemanden gefunden, zumindest theoretisch, denn unser Treffen ist erst noch geplant. Matz war aber so freundlich und hat hier mal einen kleinen Artikel vorbereitet um uns in die hohe Kunst der Filmentwicklung zu entführen. Ich will Euch nicht weiter langweilen und lasse Matz mal loslegen. Viel Spass!
Wer sich heute mit der Analogen Fotografie beschäftigt steht vielmehr als damals vor der digitalen Revolution der vor der Frage, wie man seinen Film entwickelt bekommt und gleichsam stellt sich dann die Frage nach der Digitalisierung. Nicht zuletzt will man das analoge retrostylische Kunstwerk auch den Facebook-Freunden präsentieren, per Mail verschicken oder blasphemischerweise sogar digital bearbeiten und drucken.
Im Grunde ist der Weg aber sehr einfach, denn Dank der Renaissance der chemischen Bildverarbeitung gibt es eine Vielzahl von modernen Hilfsmitteln und Substanzen, die sogar das Entwickeln von Farbnegativen recht einfach gestalten. Wir starten hier aber zuerst in die Welt des Schwarz/Weiss Negativs.
Eine der ersten Fragen, die Euch auf den Lippen brennt ist möglicherweise die Frage, ob man eine Dunkelkammer braucht. Schliesslich muss der Film irgendwie aus der Patrone heraus oder von der Spule herunter und wie wir alle wissen, ist der Fotografische Film ein ganz spezieller Freund des Lichts. Die einfache Antwort aber lautet: Nein! Zum Entwickeln des Filmes ist keine Dunkelkammer notwendig. Damit beantwortet sich auch die Frage nach dem Platzbedarf. Man braucht keinen Platz um einen Film zu entwickeln und die Utensilien passen locker in einen 10 Liter Eimer (der hiermit auf die Einkaufliste kommt)
Listen wir also kurz auf, was wir an Dingen brauchen, um einen Schwarz/Weiss Film zu entwickeln:
- 1x Wechselsack gross
- 1x Entwicklungsdose mit Automatikspiralen
- 1x Filmklammern (Wäscheklammern sind nicht gut geeignet)
- 1x 10 Liter Eimer
- 2x Messbecher ca. 1 Liter Inhalt
- 1x Entwickler-Chemie wie zum Beispiel Adox Adonal oder Kodak XTOL
- 1x Fixierer-Chemie wie zum Beispiel Adox Adofix Express
- 1x Netzmittel zum Beispiel Adoflo
- 1x genaues Thermometer
- 1x Mensur bis 100ml mit Millilitereinteilung zum Abmessen von Kleinmengen (Man kann auch eine Spritze verwenden)
- 1x Schere
- 1x Patronenöffner oder einen Flaschenöffner
Es gibt Anbieter im Netz, die ganze Startersets anbieten. Für die ersten Gehversuche sollte auch das funktionieren.
Jetzt aber los. Wir schnappen uns den Wechselsack, eine Schere, die Entwicklerdose mit Spirale und den Film mit dem Ziel den Film in die Dose zu bekommen. Das Fiese ist am Anfang eigentlich nur das Arbeiten im Wechselsack. Man sieht schliesslich nicht was man tut. Mit zunehmender Erfahrung wird man aber kaum mehr als 1 Minute brauchen, um einen Film einzuspulen. Ehrlich. Wirklich. Ich hab’s ausprobiert.
Wenn wir Kleinbildfilme entwicklen, können wir ausserhalb des Wechselsackes ersteinmal den Filmanfang abschneiden. Ist der Film komplett in die Patrone gewickelt, müssen wir die Patrone knacken. Das machen wir im Wechselsack, daher: Alles an Werkzeug kommt jetzt in den Sack. Patronen knacken ist ganz einfach. Es gibt dafür Werkzeuge aber man kann auch einfach einen Flaschenöffner nehmen und an der oben herausstehenden Spule ansetzen und dann so tun als würde man eine Flasche öffnen. Mit keinem Knack fliegt dann der obere Deckel ab und die Patrone ist offen. Nun nehmen wir einfach die Spule heraus, schneiden den Filmanfang ab damit wir eine gerade Kante haben und scheiden noch ganz leicht die vorderen Ecken an, damit der Film sich in den Spulen nicht verhakt. Dann wird der Film an die Führung der Spule gesetzt, ein Stück in die Spule geschoben und dann wickeln wir mit gegenläufigen Drehbewegungen der Spulen den Film auf. Am Ende schneiden wir mit der Schere ab, drehen noch ein Stück weiter bis der Film aus der Führung der Spule komplett auf derselbigen ist. Nun nur noch die Spule in die Dose, Deckel drauf, fertig. Ab jetzt können unsere Hände wieder ans Tageslicht.
Der Vorgang des Einspulens lässt sich natürlich nicht so ganz einfach in Worte fassen. Am besten lernt man das von Angesicht zu Angesicht in einem Workshop oder man guckt sich Online-Videos zu dem Thema an. Vielleicht helfen aber auch die Bilder in diesem Artikel.
Wo der Film jetzt in der Dose ist, können wir ihn entwickeln. An dieser Stelle machen wir einen ganz kurzen Exkurs zu der Frage, warum man den Film entwickeln muss. Wir wissen ja, dass auf dem Filmträger eine Lichtempfindliche Schicht ist. Mit der Belichtung in der Kamera haben wir ja schon „Bild“ erzeugt, was man doch eigentlich nur noch konservieren müsste. Und richtig: Ganz früher in der Fotografischen Urzeit, hat man das Fotografische Material nach dem Belichten nur fixiert und fertig war das Bild. Aber das Verfahren damals hatte einen gravierenden Nachteil. Damit ein sichtbares Bild entsteht, musste man minutenlang Belichten und Kombiniert mit einer Lochkamera musste man schon recht viel Sitzfleisch mitbringen. Im Umkehrschluss heisst das: Die kurze Belichtungszeit einer „modernen“ Kamera reicht bei weitem nicht aus, um auf dem Film ein sichtbares Bild zu erzeugen. Vielmehr wird bei der Belichtung in der Kamera nur ein sog. Entwicklungskeim in der Emulsion erzeugt. Die Entwickler-Chemie ist nun dazu da, diese Keime weiter wachsen zu lassen, bis ein sichtbarer Punkt entsteht. Deswegen also muten wir unserem Film ein Chemiebad zu.
Was wir nun brauchen ist ein 10 Liter Eimer voll mit 20°C warmen Wasser. Aus dem 10 Liter Vorrat kann man sich während der gesamten Entwicklungszeit bedienen und die Abkühlung während der 15-20 Minuten, die wir das temperierte Wasser brauchen ist sehr gering.
Nach Anweisung muss die Arbeitslösung für den Entwickler hergestellt werden. Wie das genau zu machen ist, muss man der Anleitung des Entwicklers entnehmen. Oftmals wird das Mischungsverhältnis in X+Y angegeben, also etwas 1+25. Das bedeutet: 1 Teil Entwickler + 25 Teile Wasser (=26 Teile Arbeitslösung. Wenn ich also 260 ml Adonal-Lösung herstellen will, brauche ich 10 ml Adonal und fülle diese mit 250 ml Wasser auf.
Jetzt muss man nur noch wissen, wie lange der Film entwickeln muss. Als Anhaltspunkt ist http://www.digitaltruth.com/devchart.php extrem zu empfehlen. Gibt es auch als App fürs Smartphone.
Mit diesem Wissen kippen wir den Entwickler in den Entwicklungstank. Sofern nicht anders angegeben, kippen wir die ersten 30 Sek. permanent (nicht schütteln!) und dann alle 30 Sek. 1-2 mal. Ist die Zeit abgelaufen, giessen wir den Entwickler weg. Bestimmte Entwickler, wenn die entsprechend verdünnt wurden, können im Abfluss entsorgt werden. Entwickler die man mehrfach verwendet, kommen zurück in den Vorratsbehäter und im Zweifelsfall hält man einen Kanister für die Abfälle bereit. Ich persönlich entsorge keine Chemie im Abfluss sondern bringe das Verbrauchte Material 2x im Jahr zur kommunalen Sammelstelle, damit die Chemie fachgerecht entsorgt werden kann. Bei der Gelegenheit: Verbrauchter Fixierer darf niemals im Abfluss entsorgt werden. Bitte den Fixierer immer Sammeln und fachgerecht entsorgen lassen. Das im Fixierer enthaltene Silber ist tödlich für die Mikroorganismen in den Klärwerken und hat da also nichts zu suchen.
Nach dem Entwickeln wird der Film gewässert, um ihn von den Entwicklerresten zu befreien. Ansonsten würde die Entwicklung weiterlaufen, was wir ja nicht wollen. Für die Wässerung füllen wir den Tank mit frischen temperierten Wasser und bewegen die Dose ca. 30 Sekunden lang. Dann wird ausgegossen und der Vorgang 2-3x wiederholt.
Dann kommt der Fixierer zum Einsatz. Auch diesen müssen wir nach Anleitung mischen. Fixierer wird mehrfach verwendet. Einen Liter Adofix 1+4 zum Beispiel kann man für gute 25 Filme nehmen. Auch hier kippen wir nach dem Einfüllen 30 Sek. dauernd und dann zu jeder vollen Minuten 5x. Es dauert ca. 5 Minuten mit frischem Adofix. Wenn man einen Filmschnippsel beim Einspulen zurückgelegt hat (z.Bsp den Filmanfang) dann kann man einfach diesen Schnippsel zeitgleich mit Fixierbeginn in eine kleine Pfütze Fixierer legen. Wenn der Schnippsel vollkommen klar geworden ist, kann man das Fixieren des Films beenden.
Nun kommt die Schlusswässerung. Das kann man lange und reichlich machen, mindestens aber 3x für 1 Minuten Kippen, ausgiessen und wiederholen. Ich mache gewohnheitsmässig nach dem Fixieren gleich den Deckel der Entwicklerdose ab, und stelle die offene Dose unter lauwarmes fliessendes Wasser.
Wenn ausreichend gewässert wurde, kommt noch ein kurzes Bad in Netzmittel. Am besten macht man einfach ein paar Tropfen Adoflo in das Wasser der letzten Wässerung und kippt alles nach ca. 2 Minuten Standzeit aus.
Jetzt schütteln wir das restliche Wasser aus der Spirale und legen diese flach auf einen Tisch. Zeit für die Filmklammern! Die Spirale wird im liegen geöffnet. Vorsicht, denn die Gelatine des Filmes ist jetzt noch ganz weich und empfindlich. Die obere Spulenhälfte wird weggelegt. Der Film wird jetzt vorsichtig soweit herausgewickelt, dass man die erste Klammer ansetzen kann und dann weiter bis man den ganzen Film am Haken hat. Eine der beiden Klammern hat eventuell ein Gewicht. Dieses Gewicht muss zum Trocknen nach unten hängen.
Am besten trocknet der Film bei normaler Raumtemperatur. Durch das Netzmittel läuft das Wasser ab und bildet keine Trocknungsflecken. Erst wenn die Gelatine ganz gehärtet ist, darf der Film weiterverarbeitet werden. Während des Trocknens verformt sich der Film mitunter sehr stark. Keine Angst! Das muss so sein. Nach ca. 2 Stunden ist der Film wie von Geisterhand vollkommen glatt.
Und damit ist das Negativ fertig und kann nun zerschnitten, gescannt, vergrößert oder was auch immer werden.
Matz Binder’s Website findet Ihr hier und seinen flickr Stream ist hier zu sehen.
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