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Heliar 50mm f1.5 von Voigtländer - ein review

Wenn ich mir solche 50mm Objektive anschaue, dann muss ich immer ein bisschen schmunzeln- letztlich sind 50mm DIE Standardbrennweite für das Kleinbildformat...

Das Voigtländer Heliar 50mm f1.5 classic S.C. ist ein einfach vergütetes, recht klassich daherkommendes Objektiv. Das verwundert auch nicht, schließlich steht „classic“ auch groß im offiziellen Namen.

Hier mal mein Dank an die united imaging group (uig), speziell den Bereich Voigtländer dafür, dass Ihr uns das Objektiv für einen Test zur Verfügung gestellt habt. Während ich das hier schreibe, ist das Objektiv bereits auf dem Weg zurück.

 

Wenn ich mir solche 50mm Objektive anschaue, dann muss ich immer ein bisschen schmunzeln- letztlich sind 50mm DIE Standardbrennweite für das Kleinbildformat und im Umlauf seit es dieses gibt. Eigentlich sollte man meinen, dass es bereit genügend solcher Varianten gibt. Dennoch kommt auch in diesen Tagen immer mal ein neues (wie hier) oder überarbeitetes Objektiv (bspw die x-te Iteration des Leica Summicron) auf den Markt. Wird da das Rad neu erfunden oder ist es alter Wein in neuen Schläuchen? Weder noch, wie mir scheint. Neues und Altes Bewährtes sind hier beisammen.

 

Haptik, Gefühl und Aufbau

Das Heliar 50mm f1.5 von Voigtländer ist ein ziemlich kompaktes Objektiv für den Leica M-Mount. Die Messsucherkopplung ist sehr exakt, es rastet sehr gut und sauber ein. Der Blendenring sitzt M-typisch vorn am Objektiv und ist leicht zu finden.

Der Fokusring ist etwas erhaben über den Objektivtubus – mit anderen Worten, an der Taille ist es etwas fülliger als am Rest. Das finde ich perfekt gelöst um den Fokusring am Vollmetallgehäuse direkt finden zu können. Einen Fokusstab sucht man am Heliar 50mm f1.5 vergeblich – ist aufgrund der Bauweise auch nicht nötig, wie ich finde.

 

Die Blendenöffnung ist recht weit vorn im Objektiv platziert, was womöglich ein Faktor ist, der zum kräftigen Bokeh des Heliar 50mm f1.5 führt. Sechs Linsen wurden in drei Gruppen zusammengefasst – Voigtländer spricht von einer Neuinterpretation des „ursprünglichen Heliar-Typus“. Dadurch wird ein Effekt erreicht, wie man ihn vielleicht von den bekannten Industar-Objektiven kennt. Dazu addiert sich dann noch eine Einfachvergütung um den Effekt zu verstärken. Das Heliar 50mm f1.5 ist aber kein one-trick-pony. Ab Blende 4 ist Schluss mit den Merkwürdigkeiten – da mutiert es dann vom Kunstpinsel hin zum 50mm-Werkzeug.

Besonders erwähnenswert ist sicher die Naheinstellgrenze des Heliar 50mm f1.5. Es kann bis runter auf 50cm fokussiert werden, bei den meisten Messsucherobjektiven ist bei 70cm oder mehr Schluss. Vermutlich ist das ein dezenter Hinweis auf die Adaptierbarkeit an die unterschiedlichen spiegellosen Systeme. Klein und leicht genug dafür ist es als M-Glas ohnehin. Mir hat es an einer Leica T (Ja, Leicasaurier!!) richtig gut gefallen im Handling.

 

Performance des Heliar 50mm f1.5

Angedeutet habe ich es ja schon, man bekommt hier zwei Objektive in einem. Wer etwas Verspieltes sucht, aber nicht gleich in eine Petzval-Optik investieren möchte, der kann sich mal das Heliar 50mm f1.5 anschauen. Von Offenblende f1.5 bis f2.8 ist das Heliar recht charaktervoll, um es mal so auszudrücken. Man bekommt ordentlich glow, sowohl direkt am Pixel als auch in der generellen Bildwirkung. Letztere erinnerte mich stark an das ZEISS Planar 50mm f1.4 Z.F, das hatte auch einen solch „wolkigen“ Charakter bei offenere Blende.

Exakt scharf ist das Heliar 50mm f1.5 bei Offenblende nicht, aber das will es auch gar nicht sein. Wer scharfe 50mm Bilder möchte, muss hier abblenden. Bei f2.8 kann man schon sehr zufrieden sein. Ab f4 spielt das Objektiv mit all den 50mm-Kindern auf dem Objektivschulhof locker mit.

 

Beim Bokeh scheiden sich ja bekanntlich die Geister. Hier bekommt man zum einen deutliche Bokeh-Bubbles, die nach außen hin Katzenaugen bilden. Die Separation zum Hintergrund ist auch beachtlich, man hat eine schöne Plastizität in den Bildern – was zudem für mittleren bis hohen Mikrokontrast spricht.

!Aber!

Das Bokeh bringt doppelte Linien mit sich, was zu Unruhe im Nebel führt. Das ist Geschmackssache und ich muss sagen, dass mir dieser eine Aspekt an dem sonst echt schönen Heliar 50mm f1.5 nicht so gut gefällt.

Wie immer haben wir keine Testcharts fotografiert, wohl aber Mauern im Hintergrund einiger Bilder. Da sieht man die Charakteristik des Bokeh ganz gut – ergänzend schaut euch mal das Video auf unserem Youtube-Kanal an. Bis auf die Sequenzen, in denen das Objektiv zu sehen ist, wurde alles mit dem Heliar 50mm f1.5 aufgenommen. Beispielsweise auch die Fokuspulls am Anfang wie auch der Brunnen.

Sehr schön ist die recht weiche leuchtende Zeichnung von Gegenlicht. Da gibt es nichts zu meckern.

 

Fazit

Während also auf altbewährte Rezepte für Linsensuppe, äh, Objektivbau zurückgegriffen worden ist, sind diese Rezepte freilich angepasst worden. Mit dem Heliar 50mm f1.5 hat man zum einen die Möglichkeit Aufnahmen zu machen, welche die 40+ Leute noch aus ihrer Kindheit kennen und deren Optik bei Vintagehipstern umso beliebter ist. (Wer ist das eigentlich?)

Zum Anderen kann man auch wunderbar damit portraitieren und generell all das machen, wofür man eine 50mm Brennweite eben gebrauchen kann – aber dann bitteschön abgeblendet.

 

Verglichen mit anderen Objektiven diese Konfiguration fällt mir für Leica M speziell das ZEISS Sonnar 50mm f1.5 ein, das ich rund ein Jahr lang besessen hatte und von dem ich nach einem Test auch besessen war. Ob da eins besser oder schlechter ist… Schwer zu sagen. Sie sind sich recht ähnlich. Während das Sonnar ähnlich bokehbubbelt (auweia!) wie das Heliar 50mm f1.5, ist letzteres doch mit noch mehr Glow unterwegs und damit vermutlich etwas „romantisierender“.

 

Ich hoffe, dass ein paar von Euch sich das Heliar 50mm f1.5 mal vor Zelluloid pappen um die Wirkung nachzuvollziehen. Das konnte ich mangels einer Filmleica gerade nicht tun – umso gespannter wäre ich auf Ergebnisse.

Ob ich mir das Heliar in Anbetracht der vielen vielen Möglichkeiten für einen Preis von 699€ aufwärts neu kaufen würde? Ich weiß es nicht. Spannend ist es allemal.

 

Klickt euch mal durch die Galerie.