In der Reihe zu klassischen Objektiven, die man gut an spiegellose Systemkameras adaptieren kann, möchte ich im Folgenden ein Zeiss Planar 50mm f1.7 für den Contax/Yashica Anschluss vorstellen. Es ist eine Linse, die mich schon verhältnismäßig lange begleitet und mich trotzdem manchmal überrascht.
Wer sich in den 50mm Bereich einkaufen möchte, hat bei klassischen Linsen die Qual der Wahl. Es gibt unzählige Möglichkeiten von SLR-Objektiven mit zig verschiedenen Anschlüssen bis hin zu Messsucherobjektiven. Da gibt es auch mehr als nur den Leica M-Anschluss. Nikon hatte wunderbare Rangefinder im Programm, die leider nicht mehr hergestellt werden und mittlerweile Mondpreise haben. Contax mit seiner G-Serie hatte Messsucher-Optik aber schon ein ausgefuchstes Autofokusystem und so weiter. Das ist wirklich ein Kapitel für sich. Also was nimmt der geneigte 50mm Fotograf für seine Systemkamera? Auf APSC sind 50mm Optiken ja schon fast im Bereich der Portraitobjektive auf Kleinbild dann ein „Normalobjektiv“, mit dem man fast alles irgendwie abdecken kann. Doch nicht nur das ist eine Entscheidungsfrage, sondern auch die Charakteristik eines Objektivs muss beachtet werden. Wenn es auf einem Kleinbildsensor Randschwächen hat, sind die auf APSC vielleicht gar nicht zu sehen – da muss der APSC-Fotograf genau überlegen, ob er sich das Gejammer der Sonyaner über dieses oder jenes Objektiv genauer durchliest oder eben nicht (He, ist nur Spaß!).
Für mich war die Entscheidung recht klar. Ich wollte mir „damals“ aufgrund meiner Schwäche für Objektive von Zeiss eine Serie bzw Palette aufbauen. Problem ist da oft die Preislage. In jenem Moment fotografierte ich digital ausschließlich mit dem Fuji X-System und damit auf APSC. Für den „Normalbereich“ hatte ich da ein Distagon 35mm f2 mit Nikon Anschluss. Ein idealer Einstieg für mich in die Welt von Zeiss – ich wollte nach kurzer Testphase einfach mehr. Das Objektiv ist bezogen auf das Fuji System eher groß und eher schwer. Haptisch und von der Bildwirkung her aber ein Traum – kurz danach verkaufte ich das 35er Fujinon ohne Reue. Dann fing ich an zu rechnen… Und beschloss, dass Nikon Kleinbildformat in jenem Moment für mich nicht zu bezahlen war. Es sollte also Fuji bleiben. Also rechnete ich weiter und fand, dass ich mit Zeiss für Contax / Yashica am besten davon kommen würde. Ich besorgte mir einen normalen Adapter und dann noch einen Metabones Speedbooster um die zukünftigen Objektive wenigstens ansatzweise in ihrem Kleinbildformat nutzen zu können. Hinzu kamen analoge Kameras von Contax und Yashica für echtes Kleinbildformat. Somit rechnete ich mir aus, dass diese Objektive jeweils in 2 Brennweiten bei mir sein würden. (Ist Quatsch! – es geht um Bildwinkel, aber hey, man kann sich auch untechnisch ausdrücken.) Ein 50er wäre also einmal ein 75er f1.7 mit normalem Adapter und dann mit dem Speedbooster ein rund 52mm f0.85 Objektiv – an derselben Kamera!!! 😉 Herrliche Spielereien!
Dann war aber immer noch die Frage, welches Planar man dann nimmt. Es gibt ein recht klassisches 50mm f1.4 und dann eben das hier eigentlich betrachtete 50mm f1.7. Da wägte ich lange ab. Das f1.7er bekommt man für rund 100€; das f1.4er für rund 250€- ein nicht zu verachtender Unterschied, wenn man das Ganze überhaupt erstmal ausprobieren möchte. Allzuviele Erfahrungsberichte gab es auch noch nicht im Netz (heute unvorstellbar!). Das 1.4er hat eine sehr weiche Abbildungsleistung bei Offenblende, das f1.7er ist da schon etwas kontrastreicher, las ich. Das 1.4er ist deutlich schwerer gebaut als das 1.7er… Naja. Letztlich wurde mir durch einen Zufall die Entscheidung leicht gemacht. Ein Freund hatte Bilder gezeigt, die er mit dem 1.7er auf einer Fuji X gemacht hatte und ich fragte ihn einfach direkt, ob er das Objektiv noch benötigt (dieser Mann hat viiiiiiieeeeeele Objektive). Er war bereit, es abzugeben und Zack! Zwei Tage später hatte ich es bei mir.
Das 1.7er Planar ist eine wirklich beachtliche Linse. Bei Offenblende ist es etwas weich, aber bereits gut verwendbar. Die Schärfe lässt sich akkurat einstellen, präzises Fokussieren ist möglich. Es ist erstaunlich leicht und somit selbst in Verbindung mit dem recht schweren Speedbooster an der Fuji perfekt zu „handeln“ („benutzen“, „bedienen“ usw). Mit einer minimalen Drehung des Blendenrings landet man bei f2 und da ist im Grunde schon alles chic. Scharf ist es, lichtstark und Fokusschift hat es auch nicht. Insofern erwischte ich mich oft dabei, bei f1.7 zu fokussieren und dann auf bspw f2 abzublenden für die richtige Schärfe. Man darf nur nicht vergessen, dass die Schärfeebene bei 50mm f2 auch nicht gerade tief ist. „focus – recompose“ ist dabei nicht immer möglich – ein Hoch! auf versetzbare Fokuspunkte. Da haben es die reinen APSC-Fotografen etwas leichter – für ein Normalobjektiv nutzt man da eine 35mm Brennweite, die natürlich eine tiefere Schärfeebene mit sich bringt bei gleichem Bildwinkel.
Im Gegenlicht spielt mir das 1.7er Planar in die Hände. Leichte Flares, die zumeist gut ins Bild passen. Blendensterne bekomme ich nicht hin, aber das ist eher eine Spezialität von Voigtländer, wie ich finde. Bei Offenblende hat man durchaus einen schönen „Schein“ im Bild – ein echter Lichtfänger sozusagen. Da ist dann zu viel Schärfe auch nicht gewünscht in diesem Bereich.
Der Mikrokontrast ist Zeisstypisch recht hoch – man bekommt schon einen guten 3D-Pop hin, auch wenn das 1.7er Planar nicht unbedingt dafür berühmt ist. Das Bokeh ist ansehnlich – die „Scheibchen“ der unscharfen Lichtquellen sind allerdings nur bei Offenblende wirklich rund.
Eigenartig ist, dass ich dieses Objektiv wirklich viel eingesetzt habe und mich sehr an die Bildwirkung gewöhnt habe. Allerdings gab es dann beim jüngsten Einsatz auf einer Sony A7 doch Unbekanntes: Auf einem Speedbooster platziert, weist das 1.7er Planar an meiner Fuji X recht wenig bis gar keine chromatischen Aberrationen auf. Auf einer Sony A7 allerdings kommen die schon mal zu tragen. Da ich das Objektiv noch nicht so lange auf der Sony nutze hatte mich das zunächst überrascht. Auf der Fuji bin ich es einfach so nicht gewöhnt. Für mich spielt das 50mm f1.7 Planar von Zeiss dennoch ganz vorn mit in einer bestimmten Kategorie: Wegbegleiter. Es ist eine Linse, die man einfach so benutzt. Die da scharf abbildet, wo sie es soll, die da angenehm unscharf abbildet, wo sie es soll. Für mich ist das ein echtes Arbeitsgerät. Verhältnismäßig klein, leicht und gut zu bedienen. Liegt sehr gut in der Hand. Alles ist genau richtig. Das ist etwas, das mich immer wieder beschäftigt: Wann war eigentlich der goldene Moment im Objektivdesign? Vermutlich rings um die Entstehungszeit des 50mm f1.7 Planars. Alles ist funktional und hat dadurch eine ganz eigene Ästhetik, die nun auch wieder nicht übermäßig im „industrial design“ liegt. Man hat es so gebaut, weil es eben so gut war. Nicht speziell auf Abbildungsleistung getrimmt wie heutzutage die übergroßen Otus-Objektive beispielsweise. Nicht übermäßig auf gewisse Außenmaße getrimmt, wie die aktuellen Loxia-Objektive: Alle haben den gleichen Filterdurchmesser, was ich perfekt finde. Manche fragen sich halt, warum das 85mm Loxia nicht auch bei f2 liegt oder noch lichtstärker…(Braucht man bei 85mm eh nicht, finde ich.) Da ist die Antwort von Zeiss ganz klar: Es musste von der Größe her zu den anderen Loxia passen – Prima, wie ich finde. Und das triftt beim 1.7er Planar eben auch zu. Es passt perfekt an die analogen Schätze von damals. Eine Contax RTS II beispielsweise ist perfekt ausbalanciert mit diesem Objektiv, man kann quasi den ganzen Tag auf Pressearbeit sein und das Handgelenk schmerzt trotzdem nicht. Noch besser an meiner Yashica FX-3. Klein, leicht, Kleinbildformat. Da ist sogar die Fuji X-Pro 1 mit dem originären 35er Fujinon größer.
Das 50mm f1.7 Planar… Ein Kauftipp für alle, die gern mal klassiche Objektive ausprobieren wollen. Insgesamt kann man sich für relativ wenig Geld mit den Zeiss für C/Y eine umfangreiche Palette aufbauen. Wenn ich empfehlen dürfte und müsste, würde ich es vermutlich so anlegen:
28mm f2.8 Distagon
50mm f1.7 Planar
85mm f2.8 Sonnar
100mm f3.5 Sonnar
Zu jeder dieser Brennweiten gibt es eine lichtstärkere Alternative des gleichen Herstellers für den gleichen Anschluss (bis auf das Zoom). Die hier genannte Liste kann man theoretisch auch „veredeln“. Allerdings bringt beispielsweise das 100mm f2 bei Offenblende bis runter zu f4 chromatische Aberrationen mit sich, was dem günstigeren f3.5 völlig abgeht. Ebenso verhält es sich bei den 85mm Alternativen. Ein Geheimtipp, der allerdings recht viel Budget frisst, ist das 28mm f2 Objektiv. Legendär die Bildwirkung, steil der Preis. Nicht umsonst heißt jene Linse „Hollywood“.
Ich hoffe, der kleine Überblick gibt euch einen Eindruck zum Planar 50mm f1.7.
Elmar
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Hallo Elmar,
deine Heritage-Serie gefällt mir sehr gut, da freue ich mich schon auf Fortsetzungen. Das Planar f/1,7 50mm hatte ich auch mal kurz mit einem Leitax-Umbau an meiner Nikon D700. Was du als „leicht“ beschreibst, war mir allerdings schon zu leicht, ich hatte den Eindruck, dass da zu viel Plastik verbaut wurde. Optisch war es allerdings schon ein sehr gutes Objektiv.
Viele Grüße,
Ralf
Hallo Ralf,
das 1.7er Planar ist tatsächlich deutlich leichter als die passende Schwesterlinse mit f1.4 – beide sind gute „Performer“, wenn man das so sagen möchte. Einziges Manko an meinem 1.7er ist der nicht ganz perfekte Sitz im Bajonett – aber das ist mein Exemplar.
Viele Grüße!
Elmar
Hallo,
die C/Y-Reihe von Objektiven gefällt mir ausgesprochen gut, auch wenn ich sie nicht an einer DSLR-Nikon, sondern ausschließlich an Systemkameras nutzen kann. Das Dist 28mm/2.8 und das Vario 35-70mm/3.5 gefallen mir dabei von der Bildwirkung/-qualität besonders.
Das Planar 50mm/1.7 setze ich bis jetzt recht selten ein – das mag an meiner fehlenden Vorliebe für diese Brennweite liegen oder aber auch, dass es so viele Hersteller alter und guter 50er zum Adaptieren gibt. Von einem winzigen Planar 50mm/2 ZM bis zu einem relativ schweren Minolta 58mm/1.2 ist da für jede Spielart etwas dabei.
Ergänzen lassen sich die Zeiss C/Y-Objektive gut mit den Yashica, wie z.B. dem ML Makro 100mm/3.5.
Das Wackeln am Bajonett scheint bei den Zeiss aber eine übliche Anfälligeit zu sein. Das 35-70mm sitzt bei mir ebenfalls nicht komplett fest und ein 28-85mm hatte ich unter anderem deswegen schon zurück gehen lassen.