Erfahrungsbericht: Der Oberwerth Crossbody Holster für Leica M und Q
Es gibt Kameras, die bleiben einem im Gedächtnis. Nicht, weil sie die neuesten technischen Spielereien mitbringen, sondern weil sie es schaffen, etwas Wesentliches zu verbinden: Bildqualität, Objektivcharakter und eine Form, die sich in den Alltag einschmiegt. Die Sony RX1 ist genau so eine Kamera. 2012 vorgestellt, war sie die erste Kompakte mit Kleinbildsensor – Sony nannte es damals „Vollformat“ (Marketing lässt grüßen). Für mich ist es schlicht das klassische Kleinbildformat, wie es über Jahrzehnte Maßstab war.
Und vielleicht ist genau dieser Schritt rückblickend so bemerkenswert: Sony packte das altehrwürdige Format in ein winziges Gehäuse, verheiratete es mit einem 35er Sonnar – und schuf damit etwas, das es so zuvor nicht gab.
Das fest verbaute Zeiss Sonnar T* 35mm f/2 ist für mich bis heute eines der spannendsten 35er überhaupt. Es hat diesen besonderen „Look“, den man nicht in technischen Diagrammen festhalten kann. Das Rendering der unscharfen Bereiche ist interessant: Lichter werden weich und organisch aufgelöst, ohne je nervös zu wirken. Gleichzeitig tendiert das Bokeh ganz leicht zum Swirl – dezent, nicht aufdringlich, sondern so, dass es dem Bild eine angenehme Dynamik gibt. Besonders bei Porträtdistanzen von etwa 1,5 bis 4 Metern tritt dann das auf, was ich nur als echten „3D-Pop“ beschreiben kann: Das fokussierte Objekt springt förmlich aus dem Bild heraus, klar abgegrenzt vom Hintergrund, ohne künstlich zu wirken.
Ja, die Ränder schwächeln bei Offenblende. Und genau das liebe ich daran. Bilder bekommen so eine kleine Unvollkommenheit, die sie organisch macht. Ein klinisch perfektes Objektiv ist beeindruckend, aber oft auch langweilig. Das Sonnar hingegen hat Persönlichkeit. Klar, ein Wermutstropfen bleibt: Die RX1 kann bei f/2 maximal 1/2000 s belichten. Bei Sonne im Zenit ist man damit schnell am Limit – es sei denn, man greift zum ND-Filter. Diese Einschränkung zieht sich übrigens durch alle Generationen der RX1. Für mich ist das verschmerzbar, aber man sollte es wissen. Eine 1/4000sek erreicht man übrigens bei f5.6.
Dass Sony 2012 den Mut hatte, genau dieses Glas fest mit einem Kleinbildsensor zu verbinden, wirkt im Rückblick fast visionär. Heute, mit der RX1R III im Jahr 2025, hat sich am Grundkonzept nichts geändert: Das Objektiv ist immer noch dasselbe. Und genau deshalb ist es für mich der Kern dieser Kamera.
Werfen wir einen Blick auf die nüchternen Daten:
Sensor: 24,3 Megapixel Kleinbild-CMOS, identisch zur damals aktuellen A99
ISO-Bereich: 100–25.600, erweiterbar
Verschluss: 30 s bis 1/4000 s, elektronischer erster Vorhang, max. 1/2000 s bei f/2
Serienbild: 5 Bilder pro Sekunde (theoretisch – praktisch bremst der Puffer schnell)
Gewicht: knapp 482 Gramm
Display: 3 Zoll, fest verbaut, 1,2 Mio. Punkte
Keine eingebaute EVF, optional aufsteckbar
Naheinstellgrenze: 20 cm (ein echter Vorteil gegenüber vielen 35ern)
All das klingt heute fast bescheiden. Aber 2012 war es eine kleine Sensation: Eine Kamera kleiner als eine Fuji X100, aber eben mit Kleinbildsensor und dieser optischen Referenz vorne dran. Natürlich fehlen Dinge, die wir heute fast reflexartig erwarten: kein Klappdisplay, kein Touchscreen, kein flotter Autofokus. Und doch, wenn man sie benutzt, merkt man, wie wenig all das im Kern wichtig ist.
24 Megapixel auf Kleinbild – das klingt aus heutiger Sicht nach Einsteigerklasse. Aber ehrlich: Mehr braucht man für 90 % der Anwendungen nicht. Die Dateien sind ausgewogen, die Dynamik ist stark, die Low-Light-Fähigkeiten sind mehr als ausreichend. Wer RAW fotografiert, spürt, wie viel Reserve in den Bildern steckt.
Die JPEGs sind okay, aber das wahre Potential entfaltet sich im RAW. Dann bekommt man diesen klassischen Look: detailreich, mit sanften Übergängen, ohne künstliche Überschärfung. Für Street, Reportage oder Reise ist das eine Goldgrube.
Kompakt war hier kein Marketingwort, sondern Programm. Die RX1 ist klein, fast unscheinbar. Sie verschwindet in einer Jackentasche, hängt leicht um den Hals und schreit niemanden an. Gerade das macht sie für Street und Reise so perfekt.
Natürlich musste man dafür Kompromisse machen: Kein eingebauter Sucher, kein Klappdisplay, und ein Autofokus, der schon 2012 nicht der schnellste war. Menüführung? Typisch Sony jener Jahre – sprich: verschachtelt und manchmal rätselhaft. Aber nach zwei Monaten intensiver Nutzung habe ich festgestellt: Die Einschränkungen treten zurück, wenn man merkt, wie oft man die Kamera einfach dabei hat.
Denn was nützt die schnellste Kamera, wenn sie zu Hause im Schrank liegt?
Ich habe in den letzten Wochen kaum ein anderes fotografisches Werkzeug so viel genutzt. Der Grund ist simpel: Die RX1 passt in meinen Alltag. Spaziergang durch die Stadt, kurze Reise, nebenbei schnell ein Foto – die Kamera ist da, ohne dass ich groß drüber nachdenke. Und jedes Mal, wenn ich die Dateien auf dem Rechner sehe, freue ich mich über die Entscheidung. Diese Kombination aus Größe, Objektiv und Bildqualität ist fantastisch. Auch heute noch, 13 Jahre nach ihrer Vorstellung.
2025 spricht die Fotowelt über die neue RX1R III. Moderne Technik, aktueller Sensor, schnellere Bedienung. Aber wenn ich die Original-RX1 in die Hand nehme, spüre ich, warum diese Reihe so besonders ist. Sie war ihrer Zeit voraus, sie ist immer noch relevant – und sie hat etwas, das sich nicht in technischen Daten messen lässt: Seele. Auch wenn die Menüs wirklich eher eine dunkle Seite dieser Seele sind...
Die RX1 ist kein Sammlerstück, das man ins Regal stellt. Sie ist eine Kamera, die man benutzt, die man mitnimmt, die Bilder macht, die bleiben. Und das, am Ende, ist doch das Wichtigste.