Wenn man mit dem Leica M System fotografiert, hat man damit auch ein System gewählt, wo bekanntermaßen viele absolut grandiose Objektive her kommen. Das Problem, was man als normal sterblicher Leica M Nutzer hat, sind die Kosten für die gewünschten oder nötigen Produkte. Wenn ich hier „normal“ schreibe, beziehe ich das hier tatsächlich auf das Portemonnaie und ein bissl auf den Verstand. Denn entweder man hat Geld wie Heu oder einen an der Waffel um so viel Geld für das System aus zu geben. Am besten beides. Ich habe nur letzteres und ich liebe es, ich gebe es zu! Es macht einfach Spass. Aber darum soll es hier nicht gehen.
Ich will heute hier meine Erfahrungen mit dem Voigtländer Ultron 21mm f1.8 Aspherical VM zum besten geben. Bevor ich das allerdings mache, will ich erst einmal ganz herzlich Andreas Jürgensen, er ist Betreiber des LUF und des deutschen Fujifilm X-Forums, und natürlich der Ringfoto Gruppe danken, welche mir das Objektiv zu Testzwecken zur Verfügung gestellt haben. Andreas ist für uns auf Qimago mit der Zeit ein sehr wichtiger Partner geworden, da unser content natürlich auch für seine Mitglieder (beider Foren) interessant ist und wir eine gute freundschaftliche Beziehung pflegen. Anhand des Titels lässt sich mein Fazit recht gut erahnen, weshalb es mir wichtig ist, dies hier noch einmal heraus zu stellen: Wir werden hier auf Qimago für keines unserer Reviews bezahlt und sind, dank werbefreier Plattform, unabhängig von finanziellen Interessen. Wenn wir was gut finden, dann aus Überzeugung, und wenn wir etwas nicht so gut finden, dann halten wir damit auch nicht hinterm Berg.
How does it feel?
Zunächst erst mal ein paar Fakten zu dem Objektiv. Es ist mittlerweile schon ein paar Jahre auf dem Markt (seit 2013), ich bin also definitiv nicht der erste, der was zu diesem Objektiv schreibt. In der Messsucherwelt ist es mit 412g und einem Filterdurchmesser von 58mm eher eins der schwereren und größeren Objektive. Die Naheinstellgrenze beträgt 0,5m und die maximale Blendenöffnung beträgt f1.8 bis minimal f22 in ½ EV schritten. Die Sonnenblende ist fest verbaut, man hat aber zum Glück die Möglichkeit, Schraubfilter zu benutzen. Aufgrund der festverbauten Sonnenblende fallen leider Filtersystem wie LEE oder ähnliche flach. Wie bei den meisten Fremdobjektiven für den Leica Objektivanschluss kommt auch das Ultron uncodiert daher, ich habe es bei meiner M10 immer als Leica Summilux 21mm angegeben. Die Sucherblockage ist natürlich schon deutlich, allerdings reden wir hier auch von 21mm. Der Leica Sucher ist ja im Grunde eh nur sinnvoll nutzbar ab 28mm und erst mit der M10 ist das auch für Brillenträger besser möglich. Bei einem 50er oder 35mm würde ich das strenger sehen, aber bei 21mm ist die Bildkomposition über den Sucher eh ein Best-guess und über das Display/Aufstecksucher ist die Sucherblockage dann eh uninteressant.
Alle Welt schwärmt ja immer so von Leica Glas und dass dieses von überragender Fertigungsqualität sei. Das will ich nicht in Abrede stellen, aber auch ich hatte schon Leica Gläser in der Hand, wo der Blendenring etwas wabbelig war, wie kürzlich mit der Leihgabe eines 21mm Summilux eines Freundes von mir. Das Ultron hat mich dagegen mit dem Namen sofort an einen der Transformers erinnert. Man stelle sich diese scheinbar unkaputtbaren Maschinen vor, die von einem scheinbar normalen Gebrauchsgegenstand sich mit einmal in eine Supermaschine verwandeln. Das ist das Voigtländer Ultron 21mm. Okay, okay, ich gebe es zu ich übertreibe etwas. Aber Bilder verdeutlichen manches besser? Die Bauqualität des Ultrons ist sehr hochwertig, da wackelt nichts, der Fokus ist nicht ganz so weich wie bei einem Summicron 50mm z.B., aber sehr angenehm weich, kein Kratzen, sehr gut gedämpft, ein versehentliches Verstellen ist nicht so leicht. Der Blendenring rastet sauber mit, zugegeben eher doch lauten klicks, ein. Mit einer ungefähr 100° Drehung fokussiert man von 0,5m bis unendlich. Die fest verbaute Sonnenblende bringt einen sehr robusten Schutz des Frontglases von Hause aus gleich mit.
Das haptische Gefühl, wenn man dieses Glas benutzt, kann man ruhigen Gewissens als sehr hochwertig bezeichnen. Wie das nach 3-4 Jahren Gebrauch ist, kann ich natürlich jetzt nicht sagen. Aber ich würde vermuten, dass sich meine Meinung nicht ändern wird.
To whom it may concern
21mm am Messsucher ist schon eher eine unbequeme Brennweite, zumindest dann, wenn man mit dem Messsucher arbeiten will und eine genaue Bildkomposition vonnöten ist. Ich höre jetzt die Aufschreie: Natürlich ist das immer nötig die genaue Bildkomposition. Jaaaaaa, naaaatürlich. Dies gilt insbesondere für Architektur- und Landschaftsfotografie wofür dieses Objektiv nach meinem empfinden hervorragend geeignet ist. Ich erkenne keine nennenswerten Verzeichnung, es ist schon bei Offenblende sehr scharf. Aber ich finde das Objektiv ist so vielseitig, dass es auch für die Streetfotografie sehr gut zu nutzen ist. Einfach mal „aus der Hüfte“zu fotografieren, eine grobe Ausrichtung passt da meist ganz gut. Selbst Menschen kann man so recht gut in Szene setzen. Man sollte natürlich Personen nicht allzu sehr aus der Mitte hinaus im Bild platzieren, aber wenn man nah genug dran ist und die Blende voll aufreisst bekommt man auch eine gewisse Freistellung hin.
Was man natürlich in Bezug auf die Streetfotografie nicht schön reden kann, ist die Größe des Objektivs. Das ist mit Hinsicht auf diesen Bereich der Fotografie mein größter Kritikpunkt. Hier wäre wohl als Beispiel aus dem Hause Voigtländer das Skopar 21mm f4.0 Pancake eine bessere Wahl. Natürlich nur wenn man auf die Lichtstärke, die einem das Ultron bietet, verzichten kann/will. Für alle anderen Anwendungsbereiche fallen mir wenig Gründe gegen das Ultron ein. So gut wie keine Verzeichnungen, sehr Lichtstark für ein Ultraweitwinkel, eine Naheinstellgrenze von 0,5m und schon offen knackscharf.
Okay, was ist jetzt mit der Bildqualität?
Ich habe es oben schon erwähnt. Die Bildqualität des Ultron lässt für mich keine Wünsche offen. Es ist offen im Zentrum richtig schön scharf, zum Rand hin verliert es ein wenig. Ab f2-f2.8 ist die Schärfe auch zum Rand hin sehr gut. Ich habe im Grunde keinerlei Verzeichnungen wahrnehmen können, was es natürlich besonders für Architektur Fotografen sehr interessant macht. Sehr ungewöhnlich bei einem Glas dieser Brennweite ist natürlich, dass man auch mit schärfe-unschärfe Verläufen schön spielen kann. Das Bokeh ist für mich sehr ansprechend, nicht zuletzt dieser Umstand macht dieses Objektiv schon recht vielseitig.
Ich bitte jetzt einmal alle Leica-Fanboys diesen Abschnitt eventuell zu überlesen? Mindestens aber jetzt stark zu bleiben. Auch will ich Sicherheitshalber noch einmal oben auf meinen Hinweis oben verweisen, dass ich weder von Voigtländer/Ringfoto noch sonst wem Geld für diesen Artikel erhalte!
Ich hatte ja von einem Freund das Leica Summilux 21mm zur Verfügung gestellt bekommen. Ich hatte ca. 2,5 Monate mit dem Objektiv, was soll ich sagen? Ich war enttäuscht. Ich erwartete ein Glas, was in Sachen Bildqualität und Schärfe so überragend war, der Preis ist es ja auf jeden Fall, dass ich vor Ehrfurcht in die Knie gehen würde. Nöö, nix da! Offen fand ich es ziemlich weich, selbst im Zentrum. Vielleicht soll das ja so sein und ich Banause erkenne den tieferen Sinn nicht, aber ich mochte die Ergebnisse nicht. Ich bin auch kein Pixelpeeper und Schärfefanatiker, der seine Bilder bei 400% nur genießen kann. Auch habe ich dann über das Display und teilweise mit dem elektronischen Aufstecksucher von Leica fotografiert, der Messsucher war es also auch nicht. Aus anderen Gründen musste ich das Glas sogar zu Leica schicken. Es wurde dort dann auch gecheckt und justiert (zumindest steht das auf dem Werkstattbericht drauf), das heisst, das Objektiv muss im Prinzip Top in Schuss gewesen sein. Bei Offenblende sind meine Erfahrung mit dem Voigtländer Ultron die, dass es das Summilux 21mm überragt. Ja, ich kann mit Eurem Kopfschütteln jetzt umgehen, aber nur weil etwas teurer ist, gefällt es mir nicht automatisch mehr. Ich kann ja nur meine persönlichen Erfahrungen hier zum besten geben. Weshalb ich auch immer erwähnen: Macht Euch unbedingt selber ein Bild von den Dingen und glaubt nicht jedem Blogger alles – ausser mir/uns hier natürlich. 😉
Fazit?
Im Grunde reicht ein Wort: Knallerglas! Ich liebe dieses Objektiv. Es ist sehr vielseitig einsetzbar, liefert hervorragende Bildergebnisse und die 21mm sind ja eh eine meiner liebsten Brennweiten. Effekthascherei mögen böse Zungen sagen, ja es ist natürlich eine gewisse Dramatik damit möglich, aber für Landschaften und Architektur zum Beispiel kann es ja manchmal nicht weit und dramatisch genug sein. Es gibt wenig was ich an dem Glas nicht mag.
Hier einmal meine Pro- und Contra-Liste.
Pro
- Lichtstärke
- Schärfe bei offenblende (Zentrum) ab f2-f2.8 auch zum Rand hin sehr gut!
- 0,5m Naheinstellgrenze, vor allem in Verbindung mit der Lichtstärke sehr gut einsetzbar bei einem UWW und man kann so recht dramatische Bildergebnisse kreieren
- im Grunde Verzeichnungsfrei
- Fertigungsqualität (im Moment nur Kurzzeit Erfahrung)
- festverbaute Sonnenblende (also dies ist so ein bissl ein zweischneidiges Schwert für mich)
Contra:
- Größe und Gewicht ist für eine Messsucherkamera gerade noch so okay.
- die festverbaute Sonnenblende verhindert leider Filterhaltesysteme wie von LEE und ähnliche.
- Sucherblockage –wobei die jetzt hier eher steht damit ich mindestens drei Punkte habe 😉
Alles in allem, muss sich sagen, hat mich das Voigtländer Ultron 21mm f1.8 VM wirklich beeindruckt! Ein wundervolles Objektiv zum Bruchteil des Preises seines Leica Pendants, wenn auch ½ EV lichtschwächer. Eine absolute Kaufempfehlung von mir für alle, die ein Lichtstarkes 21mm für Ihre Leica M suchen – ich rechne schon seit ein paar Tagen. Mal schauen wie lange ich das Glas behalten darf, vielleicht schicke ich es dann auch mal Elmar, damit er schauen kann, wie es sich an einer Sony macht.
So, hier nun noch ein paar Bilder welche alle mit der M10 und dem Voigtländer Ultron entstanden sind. Es durfte mich nach Berlin, Tel Aviv-Jaffa und Tokyo begleiten.
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Hallo Mehrdad, würdest du das Objektiv für die Xpro 2 verwenden?
Lg manfred
Hallo Manfred,
gute Frage. Ich habe es tatsächlich nur an der M10 getestet. Ich bin ja meist eher so der Liebhaber von Fujinon Glas an meinen Fujis. Tatsächlich würde ich jetzt aber vermuten das es in den Ecken smeart? Ich kann das im Moment leider nicht testen, da es auf dem Weg zu Elmar ist. Er will es an der Sony unter die Lupe nehmen. Ich bitte ihn das dann mal auch an einer seiner X-en zu adaptieren.
Hallo Mehrdad,
danke für Deinen ausführlichen Bericht und die tollen Fotos. Der Bericht weckt da schon eine gewisse Kauflust 😉
Ich freue mich schon auf den Bericht von Elmar! Eine M ist bei mir längerfristig in Planung und daher kaufe ich momentan bei Anschaffungen meine Objektive (35 und 50mm) mit M-Anschluss, adaptiere diese aber zur Zeit an Sony A7 X Kameras. Ein Weitwinkel fehlt da noch……
Viele Grüße
Detlef
Hallo Mehrdad,
danke für die tolle Einschätzung von Dir. Ich habe zwei Fragen zu dem Objektiv, eigentlich drei:
1. Der Anschlag bei Unendlich stellt das Objektiv wirklich auf unendlich?
2. Wie sieht es mit Coma in den Ecken bei f/1.4 aus?
3. Chromatische Aberrationen?
Ich denke daran, das Objektiv anzuschaffen und möchte es an der M10 auch gern mal für ein Astro-Bild nutzen.
Viele Grüße,
Dirk
p.s. Eure Quimago-Beilage von Alexander Görlitz ist toll gemacht. Ein Mitflug im Cockpit wäre ein absoluter Traum von mir.
Hier: 21mm liebste BW, im Video über die 21 color skopare: 21mm ist eh nicht so deins…für mich trifft auch beides zu;-) Es geht ohne aber wenn man’s hat möchte man’s nicht missen.
Jetzt kann ich den Kommentar nicht mehr editieren, dann als radon: Hello – Goodby