Alles was von Fujifilm neu auf den Markt kommt bewirkt bei mir erst einmal das ich Interesse entwickle. So auch bei dem Fujinon XF 16-55mm f2.8 LM WR. Als ich dann erfuhr das Elmar, der hier auch schon über den Fujifilm Telekonverter TCL-x100 geschrieben hat, schon der „Versuchung“ erlegen ist und sich das Glas gekauft hat, bat ich Ihn seine Eindrücke schriftlich für uns fest zu halten.
Nun denn, wollen wir?
Sechzehn bis Fünfundfünfzig. Effzwoacht.
Ich wollte eigentlich nur noch mit Festbrennweiten arbeiten und hatte das in den letzten zwei Jahren fast ausschließlich getan (es sei denn, ich hatte mal eine fremde Kamera in Händen). Dann hatte ich mir mal ein Zoom gekauft, das im Ruf steht, qualitativ eine „variable Festbrennweite“ zu sein- das Zeiss Vario-Sonnar T* 35-70mm f3.4 für den Contax/Yashica-Anschluss (kurz C/Y). Nachdem ich dieses Zoom-Objektiv durch alle möglichen Wetterlagen, Lichteinflüsse, Landschaften, Architekturen, Lebenssituationen und Häuser genutzt hatte, war mir klar, dass ein Zoom eine praktische Sache ist, wenn es auch entsprechende Bildqualität abliefert. Das Zeiss spielt da hervorragend mit – die Linse ist trotz ihres Alters noch gut geeignet für das Fuji X System. Für mich ist das insbesondere interessant, da ich neben einem normalen Adapter auch einen metabones speed booster einsetze und das Zoom dadurch von rund 36mm bis 105mm (Brennweite im Kleinbildäquivalent) einsetzen kann. Und das mit richtig guter Auflösung, Haptik usw.
Dann kündigt sich das Fujinon XF 16-55mm f2.8 LM WR an… Hmm, ein Zoom für Profis? Lichtstark (ja, ich finde „f2.8 durchgängig“ immer noch lichtstark für ein Zoomobjektiv), perfekt korrigiert und natürlich perfekt abgestimmt auf das Fuji-System, für welches ich mich nunmal (derzeit) entschieden habe.
Ich wollte reviews abwarten, Testbilder auswerten, Details herausbekommen. Schließlich ist das für mich eine Menge Geld, das leider nicht auf Bäumen wächst. Aber der Reiz überwog das Abwarten und so verkaufte ich ein wenig „Fotokram“ und konnte dann das „Fujinon XF 16-55mm f2.8 LM WR“ bestellen.
Warum ist das 16-55mm plötzlich so interessant gewesen für mich? Ich bin ein Fan des Fuji X Systems. Ja, das sage ich mal so frei raus. Was mir allerdings nicht gefallen mag, ist der Schärfeverlauf der hauseigenen Objektive. Zum Beispiel: Ich hab ein Jahr lang das Fujinon XF56mm f1.2 genutzt. Super Bilder- Kinder, Hochzeiten, Kirchenarchitektur, low light Sachen, Pressekram, Portraits, Landschaften, alles mögliche. Doch irgendwas ist nicht ganz stimmig für mich. Irgendwann bekam ich es raus – die Fujiobjektive sind mir oft, hmm, zu kontrastreich oder zu „scharf“ in den unscharfen Bereichen. Sie sind teilweise auf Auflösung und Kontraste hin optimiert, was im Bokeh zu in meinen Augen unschönen Linien führen kann. Ausnahmen sind für mich die X100 und das XF14, da läuft das etwas sanfter. Will ich persönlich mit Unschärfe spielen, nehme ich am liebsten Zeiss Objektive – man denke hier an den berühmten „Zeiss 3d-Pop“ – diejenigen, die ich vorhanden habe, sind allerdings für SLR-Kameras gerechnet, also zumeist recht groß und schwer. Dann sah ich ein paar Aufnahmen im Netz, die mit dem 16-55mm getätigt wurden, und war interessiert: Das Bokeh scheint stimmig zu sein.
So kommt nun endlich das Fujinon XF 16-55mm f2.8 LM WR ins Spiel. Ich wollte ein reines „Arbeitstier“. Ein Objektiv, das ich hauptsächlich für Stativaufnahmen nutze und das wetterfest ist, wollte ich mir in Hinblick auf die zukünftige Erwerbung eines wetterfesten Gehäuses schon mal leisten. Ich will richtig gute Auflösung, Schärfe, Mikrokontraste und alles, was man sich so wünscht. Ich will gute Haptik, etwas, das sich nach hoher Qualität anfühlt. Ich will mal was mit Autofokus (bin ich schon gar nicht mehr gewöhnt). Ich will ein Objektiv, dass abgeblendet auf bspw f11-f16 immer noch sehr gute Ergebnisse liefert. Ich will einen relativ breit einsetzbaren Brennweitenbereich. All das liefert mir das Fujinon XF 16-55mm f2.8 LM WR. Es ist ein Objektiv, das ich nicht aufgrund seiner „Freistellungsfähigkeit“ oder dergleichen kaufe. Es ist ein Objektiv, das ich kaufe, weil ich es abblenden werde und das, auch wenn ich es mal „offen“ verwende, immer noch sehr gute Ergebnisse erzielen kann. Es ist ein ideales Immerdrauf, wenn man, äh, große Taschen hat, denn…
Was es nicht ist: Ein „kleines“ oder gar „leichtes“ Objektiv für die Jackentasche. Das Ding ist groß und schwer – zumindest im Vergleich zu den anderen Objektiven des Fuji X Systems (das 50-140mm mal außen vor). Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man überlegt, es sich zu kaufen.
Was man sich allerdings auch überlegen muss, ist, dass dieses eine Objektiv qualitativ richtig gut Schritt hält mit einigen Festbrennweiten, dass der Autofokus unglaublich leise, treffsicher und schnell ist, und dass ein wetterfestes Zoom manchmal nötig ist, wenn man im Regen kein Objektiv wechseln möchte.
„Früher“ hatten Hersteller von Kameras und Objektiven oft zwei oder mehr Linien an Festbrennweiten gleichzeitig laufen. Eine lichtstärkere Reihe mit bspw 35, 50, 85, 100, 135mm bei Offenblenden von f1.4 bis f2 und eine weniger lichtstarke, dafür aber kompakte Reihe mit gleichen Brennweiten aber eher um die f2.8 oder f3.5. Oft war es so, dass man für Lichtstärke natürlich größere und schwerere Objektive in Kauf nehmen musste (vom Preis mal ganz abgesehen), die dann offenblendig recht weich zeichneten oder falls adaptiert bei Digitalkameras teils heftige chromatische Aberrationen aufweisen, die erst abgeblendet auf f2.8 nachlassen und dergleichen. Die schönen runden Bokehscheibchen sind dann abgeblendet auch meist dahin…
Die f2.8- Kollegen sind dann bezahlbar, klein, offen schon sehr kontrastreich und weniger fehlerbehaftet usw. Aber eben nicht so lichtstark. Na und?! Bei 85mm f1.4 das Gewünschte korrekt scharf zu bekommen, ist auch nicht gerade jedermanns Sache oder Fähigkeit bzw ein Abblenden auf f2.8 lässt erstmal mehr als nur die Wimpern beim Portrait scharf erscheinen.
Hier kommt nun wieder das 16-55 Zoom ins Spiel. Stelle ich mir einen Festbrennweitenpark hin, alle f2.8 von, sagen wir mal, 16mm, 21mm, 25mm, 28mm, 35mm und 50mm, dann habe ich deutlich mehr zu schleppen und zu bezahlen und zu wechseln usw. Normalerweise würde ich nie auf die Diskussion Zoom vs Festbrennweiten einsteigen (Ich mag Festbrennweiten vor allem wegen der Einschränkung zur Befreiung.). Aber dieses Zoom ist tatsächlich so gut! Mal abgesehen davon, dass es diesen Festbrennweitenpark von Fuji nicht gibt – da kommt dann nur sogenanntes „Fremd“- bzw. „Altglas“ infrage.
Erstmal einen Kaffee…
Es sind „nur f2.8“?! Kein OIS?! Wie konnten sie nur?! Das Ding ist so groß und schwer, dass man es nicht gleich verreisst. Ich fotografiere viel analog- ja, auf Film. Da habe ich so unglaubliche ISO-Werte, wie 200 oder 400. Da habe ich so Verschlusszeiten von 1/30 oder länger. Und die Bilder werden trotzdem scharf. Weil man sich erinnert, wie man das mal gelernt hat. Ellenbogen an den Körper, halb ausatmen, auslösen wenn nicht so viel Bewegung ist. Beide Hände benutzen usw.
Mit den High-ISO-Fähigkeiten der Fujis sind durch diese persönliche Einstellung die „nur f2.8“ für mich fast(!) irrelevant. Es gab freilich schon ein paar Situationen, in denen ich mir etwas mehr Lichtstärke gewünscht hatte. Aber dass diese Situationen auftreten würden, wusste ich im Voraus und hatte entsprechend eine ewas lichtstärkere Festbrennweite dabei. Voraussicht ist die Porzellankiste der Mutter, oder so ähnlich.
Nach dem ganzen Geschwafel über das Objektiv bleibt mir ein kurzes Resümee zu ziehen: Ich mag dieses Zoom. Es liefert hervorragende Ergebnisse, macht genau was es soll. Es ist ein Objektiv über das man eigentlich nicht weiter reden muss, denn es arbeitet und arbeitet und arbeitet… Es wird zum Werkzeug, über das man nicht nachdenken muss. Die Blende bleibt immer auf dem Wert, den ich eingestellt habe, egal wohin und wie weit die Brennweite verändert wird. Der Fokus wird automatisch nachreguliert, wenn ich „gezoomt“ habe. Komposition und Auslösen im rechten Moment. Mehr braucht man dann fast nicht mehr tun. Selbst ich als Freund der manuellen Steuerung finde alles in allem: Super gemacht!
Dann lehne ich mich mal zurück und genieße das Licht.
Hier könnt Ihr gerne mehr Bilder zum Thema auf meinem Flickr-Account sehen.
Ciao!
Elmar
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Hallo Elmar. Ein super interessanter Artkel den du da geschrieben hast. Ich habe heute das Objektiv auch bekommen und finde es jetzt schon SUPER!! Für mein X-System verkaufe ich gerade sogar meine D800 mit dem Nikon 24-70mm und meine anderen Objektive…..!! Das X-System macht einfach nur Spaß, Freude und es schaut noch sehr gut aus. Viele Grüße vom Ingo
Freut mich sehr, Ingo! Ist alles ziemlich subjektiv geschrieben und doch freu ich mich, wenn jemand Lust bekommt, was auszuprobieren. Es gibt genügend Menschen, die so ein Objektiv ablehnen ohne es zu kennen, nur weil jemand gesagt hat, es sei bspw zj groß, zu schwer, zu irgendwas. Ich will auch niemanden überreden, das zu kaufen oder Werbung für Fuji machen oder dergleichen. Es geht ums Probieren und selbst einschätzen.
Viel Spaß beim Fotografieren! Elmar
Hallo Elmar,
zunächsteinmal vielen Dank für Deinen ganz toll geschriebenen Artikel. Neben dem Aspekt interessant darf keinesfalls vergessen werden, dass er auch , jedenfalls für mich, sehr lehr-
reich ist.
Da ich gerade am Überlegen bin ob ich mir das 23/1,4 oder eben dieses Zoom zulegen soll, ist nunmehr die Entscheidung für das 2,8/16-50 mm gefallen.
Herzlichen Gruss Rolf
ein tolles Objektiv, was die Haptik und gebotene Leistung anbetrifft!
Ist der Nachfolger meines Nikkor 24-70/2,8.
Nur hatte ich mir dieses immer etwas ‚länger‘ nach oben hin gewünscht,
das Fuji hat’s 🙂
Ist doch logo, dass durchgehend 2,8 bei einem Standardzoom kein Leichtgewicht sein kann,
obwohl es deutlich weniger auf die Waage bringt als die vergleichbaren Nikon und Canon
Fullframe-Pendants.
fehlender Bildstabi ?:
für mich kein Argument mir dieses Objektiv nicht zu holen….früher ging’s doch auch ohne!
Und bei einem geräuschlosen elektronischen Verschluss und lautlosem AF würde der ‚Summer‘
z. B. bei Konzert- oder Kirchenaufnahmen doch nur stören, oder?
Danke für den tollen Bericht
Peter
Hallo Elmar,
Deinen tollen Bericht habe ich leider erst jetzt entdeckt, ansonsten hätte er mich vermutlich vor einigen Irrtümern beim Objektivkauf bewahrt. Trotzdem vielen Dank dafür, nach vielem Lesen war Dein Test für mich der ausschlaggebende Anstoß für den Erwerb des 16-55. Insgesamt führt das bei mir jetzt zu einer Reduzierung und einer besseren Ausgewogenheit meines Objektivparks (16-55, 55-200, 27, 35, 90 und 12 Touit). Lediglich über den Verkauf des 16er bin ich noch im Zweifel, aber nur emotional!
Gruß Klaus