Es gibt so Kameras, die sind einfach was Besonderes. Es sind meist Produkte, die eine kleine Nische bedienen, sei es aufgrund ihres Aufnahmeformats, des Aufnahmemediums und/oder ihres Preises. Diese Kameras haben meist die Eigenschaft zu polarisieren! Es gibt glühende Verfechter und nicht minder extreme Gegner. In Zeiten der sehr leistungsfähigen Smartphones ist der Fotoapparat an sich ist ja schon auf eine Nische geschrumpft. Profis und ambitionierte Hobbyfotografen sind heute meist nur noch die Käufer von DSLR’s und (glücklicherweise eine immer mehr wachsende Anzahl) spiegellosen Systemkameras. Der Markt ist recht klar gegliedert. Es gibt die DSLR’s (von APSC bis Kleinbildsensor), es gibt die spiegellosen Systemkameras (von Mikro 4/3 bis Kleinbildformat) und es gibt die digitalen Mittelformatkameras (alles jenseits des Kleinbildformates). Während die letzt genannten an sich schon eine Nische bilden, gibt es in den ersten zwei Gruppen mindestens eine solche Nischenkamera. Sei es nun, weil die eine einen 50MP Sensor hat, oder die andere eine Kamera ist, die im Jahr 2016 immer noch bewusst keinen Autofokus hat.
Und dann gibt es noch die Leica M Monochrom (Typ 246). Eine digitale, spiegellose Messsucherkamera mit einem Kleinbildsensor ohne Autofokus, und die, wie der Name es erraten lässt, rein monochrome Bilder aufnimmt. Und hier reden wir nicht von monochromisierten Bildern, also Fotos, die in Farbe aufgenommen wurden und nachträglich (in der Kamera) durch Entzug von Farbe schwarzweiß sind. Nein! Sie werden monochrom aufgenommen. Diese Kamera kann keine Farbbilder aufnehmen – b a s t a!
Also, wenn das keine Nischenkamera in der Nische ist, dann weiß ich auch nicht?
Natürlich war meine Neugier auf diese Kamera riesig, aber es ist nicht so leicht, an ein Testmodel heranzukommen. Aus diesem Grund bin ich in fast hysterischem Jubel ausgebrochen, als mein Freund aus dem Leica Store im KaDeWe mich ganz nebenbei fragte, ob ich denn in der Stadt sei, denn er hätte eine Monochrom da, die ich mir leihen könnte. Ich hatte an dem Tag eigentlich einiges zu tun, und meine Frau zählte auf mich. Naja, was soll ich sagen. Ich glaube 30 Minuten später stand ich vor meinem Kumpel im KaDeWe und schien wohl ein ziemlich breites Grinsen im Gesicht gehabt zu haben? Er musste jedenfalls lachen, als er mich kommen sah. 😉 Dickes Dankeschön, Sura und Yasar!!!!
Die Kamera kam zu einem perfekten Zeitpunkt zu mir – so dachte ich jedenfalls. Es standen Dubai und Tokio auf dem Reisezettel, und vor allem in Tokio mit viel freier Zeit vor Ort, aber das Leben oder vielmehr das Gegenteil dessen kam dazwischen. Manche Dinge sollen nicht sein und so hatte ich „nur“ knappe 23 Stunden in Dubai, um mich mit dieser Kamera auszutoben. Ich hatte sie insgesamt länger, aber die Tage war ich viel mit anderem beschäftigt als mit der Fotografie.
Zum Handling insgesamt will ich nichts schreiben, das habe ich schon damals hier ausgiebig getan. Es ging da zwar um die Leica M (Typ240), aber vom Handling her sind diese Kameras ja identisch. Was mich bei der Monchrom mehr interessiert hat, war: Wozu eine monochrome Kamera, wenn ich das ganz einfach auch am Rechner in ein monochromes Bild umwandeln kann?
Wie bei Leica üblich wird ja eine Kamera nicht günstiger, weil sie etwas weniger hat. 😉 Die M (Typ 246) ist die teuerste M – nehmen wir jetzt mal nur die von-der-Stange-Kameras.
Es bleibt also die Frage: Warum? Ich bin nun alles andere als jemand, der Ahnung von Kameratechnik hat, aber hier lohnt sich schon mal ein Blick in diese Richtung. Der entscheidende Punkt ist, soweit ich das verstanden habe, der, dass ein monochromer Sensor aus den Daten eines Sensorpixels genau ein Bildpixel berechnen kann. Bei einem Bayer oder auch x-trans Sensor – also Farbsensoren – ist das nicht so. Da die Farbfilter (RotGrünBlau) keine vollständigen Helligkeitswerte liefern können, müssen diese aus den Nachbarpixeln jedes Sensorpixel die fehlende Informationen interpolieren. Dies hat zur Folge, dass sich die effektive Auflösung ungefähr halbiert. Man kann aus diesen Sensoren mittels Software dann zwar auch ein monochromes Bild erstellen, aber den Auflösungsverlust durch die Interpolation bringt das nicht zurück.
Man kann also sagen, dass ein monochromer Sensor jeden Pixel eins zu eins auch auf den Bildschirm/Papier bringt. Oder anders: Um mit einem Bayer/x-trans Sensor eine vergleichbare Auflösung wie ein 24MP monochromen Sensor zu erhalten, muss der Bayersensor 48 MP aufweisen.
Ich gebe zu, dieses Wissen habe ich mal wieder Michael J.Hußmann zu verdanken, der eine unglaublich tolle Art hat, auch dem Dümmsten, also mir, einen scheinbar komplizierten Sachverhalt vollkommen einfach darzustellen.
Ob das allerdings jemandem die knapp 50% mehr an Kosten wert ist im Vergleich zu einer M mit Bayersensor, muss man selber entscheiden, aber am Ende zählt für mich eh nicht die ganze Theorie. Ich will einen Mehrwert in den Bildern erkennen. Und hier muss ich zugeben, hat mich persönlich die Monochrom schon beeindruckt. Das ist schon ein „anderes“ schwarzweiß, was man aus dieser Kamera gewinnen kann. Ich fotografierte mit einem Zeiss Biogon 25mm f2.8 zm, einem Voigtländer Skopar 35mm PII und einem Planar 50mm f2.0 zm. Die Schärfe, die ich erhielt, wenn ich den Fokus getroffen hatte und die Belichtungszeit es zuließ, war schon beeindruckend. ISO12800 waren überhaupt kein Problem. Naja gut, Farbrauschen war auch nicht zu erwarten. 😉
Neben all dem technischen Für und Wider bleibt aber die Frage: Ist eine Kamera, die nur monochrome Aufnahmen tätigen KANN, sinnvoll? Hier kann ich verstehen. wenn jemand dies klar für sich verneint, und ich gebe zu, ich gehörte bis vor kurzem auch zu denen, aber nachdem ich eine Woche diese Kamera testen durfte, verstehe ich die Faszination daran durchaus. Meine ersten Schritte in der Fotografie nahm ich mit Schwarzweiß-Film. Die größte Schwierigkeit empfand ich damals, in Farbe zu sehen und in schwarzweiß zu denken. Das erfordert Übung, Erfahrung und im besten Fall Talent. Natürlich kann man das am Rechner alles dann nachbauen, oder die Kamera einfach auf eine monochrome jpg Simulation umschalten, und vermutlich würde kein Betrachter den Unterschied erkennen? Aber wie so vieles in der Fotografie, zumindest in der Fotografie der ambitionierten Hobbyfotografen, ist es selten der Betrachter, der uns ein Spielzeug kaufen lässt oder nicht, sondern unser Spieltrieb und unser Wunsch nach Weiterentwicklung, der uns experimentieren lässt. Für ein gutes Bild braucht es eh eine ganze Menge anderer Dinge als eine tolle Kamera, einen tollen Sensor, Objektive oder was weiß ich tolles Spielzeug. Am Ende sind die Kamera und das Objektiv nur ein Werkzeug, um ein Bild zu erhalten, das es schafft, eine Nachricht vom Sender zum Empfänger zu transportieren. Je besser ich natürlich die Stärken und Grenzen meines Werkzeugs kenne, desto besser kann ich mich darauf einstellen und so meinen Blick auf die Dinge konzentrieren, für die ich damit gewappnet bin.
Ganz konkret fand ich die Erfahrung mit der Monochrom ähnlich wie nur mit einer Brennweite „bewaffnet“ loszuziehen. Es gab einige Situationen, in denen ich dachte: Mist! Jetzt ne Farbkamera wäre besser. Aber irgendwann fing es an, das Denken in schwarz und weiß, und hier ist es mir wichtig zu betonen, dass ich damit nur das Foto meine. 😉
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Sehr schön, Danke für die Bilder und Deinen Bericht. Wie ist das mit der Belichtungsmessung? Da ein Highlight-Recovery in LR nicht möglich sein wird, eher unterbelichten? Hast Du Farbfilter verwendet?
Hallo Klaus,
ja ich habe Gelb- und Rotfilter (PalmDeira Station und Burj al Khalifa) benutzt. Man muss in der Tat auf die Lichter achten, aber das bin ich in der digitalen Fotografie eh gewohnt. Ich bin da jedoch etwas praktischer veranlagt. Ich gehe nicht nach den strengen Methoden der Technik vor (EER, auf die Lichter, auf die Schatten usw. und so fort) ich belichte auf mein Motiv, denn das ist das einzige was für mich zählt. Und wenn ich ausbrennende Lichter habe…so what? Wenn das Bild die Message transportiert ist alles im lot…für mich.
Vielen Dank, Mehrdad, toller Bericht und wie gewohnt wunderschöne Bilder! Aber Gewissensfrage: Schränkt man sich mit der Kamera bei der anschließenden Bearbeitung am Rechner nicht unnötig ein? Ich schätze gerade die geniale Möglichkeit derBearbeitung von Helligkeitsinformationen bei ursprünglichen Farbbildern! Diese Möglichkeit fällt doch bei Leica Monochrome total weg!?
Gruß Klaus
Hallo Klaus,
Nun ja, das ist wohl in der Tat eine Frage die sich jeder selber beantworten muss. Deshalb ja mein Beispiel mit der Festbrennweite.
Auch da schränkt man sich ein und am Ende ist es (für mich) die einzige Art und Weise zu fotografieren. Eine Einschränkung muss nicht was negatives sein. Es kann mitunter sehr kreativfördernd sein. Die M’s haben dieses Konzept schon sehr perfektioniert und damals wie heute, werden nach wie vor viele sehr geniale Bilder auch mit einer Kamera gemacht die den Fotografen auf den ersten Blick stark einschränkt. Ein gutes Beispiel ist auch die analoge Fotografie. Das ganze Technikfeature battle , höher, weiter, schneller, besser bringt keinem Kreativität….da kann eben manchmal ganz banal „weniger mehr sein“ 😉
…stimmt, bei der Mono ist wohl in der Tat weniger = mehr.
Tolle Fotos, welche du hier zeigst, Mehrdad, besonders das mit dem Piloten im Cockpit gefällt mir außerordentlich gut, Obwohl ’nur‘ sw…..sorry monochrom, kommt ein schönes Bokeh rüber.
Gruß,
Rolf
Danke Dir Rolf 🙂
Ich mag Deine Art zu schreiben und die Dinge so zu sehen sehr. Danke Sir! #weiterso
Danke Dir Jörg!
Vielen Dank für deinen schönen Bericht! Die Monocrome reizt mich tatsächlich auch, die Brillianz in den Bildern muss toll sein. Von der ersten Monochrome inspiriert habe ich eine zeitlang mit Kameras der Sigma Foveon Reihe fotografiert, die Bilder des Sensors mit drei farbsensitiven Schichten kann man zu einem monochromen Bild zusammenrechnen und bekommt ähnlich gute Ergebnisse, verliert aber leider Empfindlichkeit und damit ISO-Leistung. Trotzdem können diese Kameras eine kostengünstige Alternative sein, wenn man die ganzen Nachteile wie langsame Geschwindigkeit und fehlenden Sucher in Kauf nimmt, die SW Bilder aus den Sigmas sind jedenfalls auch etwas besonderes.
Übrigens, wenn ich noch etwas klugscheissen darf, könnte man theoretisch mit der Monocrome auch wieder in Farbe fotografieren. Dafür nimmt man 3 Filter (RGB, also rot, grün und blau) fürs Objektiv und nimmt vom Stativ aus drei Bilder mit den verschiedenen Filtern auf. Wenn man diese Bilder zusammenrechnet bekommt man ein wunderbares Farbbild heraus 🙂
Danke für Deinen Kommentar, aber ich glaube Du irrst.
Nur weil Du einen roten, grünen oder blauen Filter vor Dein Objektiv schraubst kann die Kamera immer noch keine Farbinfos aufnehmen. Der Filter vor dem Objektiv bewirkt lediglich das rot, grün oder blau in helleren oder eben dunkeleren Grautönen wiedergegeben wird.
Die Monochrom nimmt nur Grautöne auf, daraus lässt sich am ende kein Farbbild berechnen ?
Etwas anderes passiert auf einem „Farbsensor“ auch nicht, das RGB-Farbfilterarray modifiziert den Grauwert eines jeden Pixels und dieser Grauwert kann mit dem Wissen der Farbe des Filters vor dem Pixel, und den passenden Nachbarpixeln, in einen RGB-Farbwert übersetzt werden. Die Technik mit den Farbfiltern wurde schon für eine der ersten Techniken zur Aufnahme von Farbbildern verwendet, habe ich mir also nicht ausgedacht sondern nur nachgequatscht 😉 Hier ein Link zu den Farbbildern, ist ziemlich faszinierend wie einfallsreich die Leute früher waren: http://archive.boston.com/bigpicture/2010/08/russia_in_color_a_century_ago.html