Wie kommt’s?
Ich geb’s ja zu. Die Gerüchteküche und Neuigkeiten auf dem Kameramarkt beobachte ich gern. Manchmal erweckt dieses oder jenes Produkt einen Kaufreiz. Oder sagen wir mal, einen Spielreiz. Dann will ich was ausprobieren. Schauen, was man für Bilder damit machen kann und wie sich das anfühlt. Und wenn das Portemonnaie Pech hat, wird aus dem Reiz zum Spielen ein Reiz zum Kaufen.
Eine der interessantesten Ankündigungen des letzten Jahres war für mich die Fujifilm X-Pro 2. Auf die war ich echt gespannt, war das „alte“ Modell Pro 1 ja auch „schon“ 4 Jahre alt. Im Kamerasektor also schon ein Dinosaurier, wenngleich noch nicht ausgestorben. Meine X-Pro 1 funktioniert wie am ersten Tag, auch wenn sie grob geschätzt rund eine Viertelmillion Auslösungen bei mir hatte, eher mehr. Nach und nach wurden immer mehr Gerüchte zur Pro 2 verbreitet. Was ich dabei beinahe übersah, war die X70. In einem review zur Fuji X-Pro 2 sah ich dann auf einem Bild, dass die X70 auch Gestalt angenommen hatte und tatsächlich zu existieren schien (irgendwas war da ja zumindest abgebildet). Und diese Kamera reizte mich wirklich.
Im Januar gab es ein sneak preview von Fujilfilm in Berlin, in das ich hinein stolperte. Dort gab es natürlich die Pro 2 zu befummeln, aber eben auch die X70. Keine finale Firmware, aber was soll’s! Anfassen, spielen… ich wollte sie unbedingt ausprobieren.
Seit ein paar Tagen halte ich sie in den Händen und ich kann sagen: „gefällt mir“!
Erster Eindruck
Die X70 passt in eine Hand. Sie ist nicht zu leicht, fühlt sich total „wertig“ an. Deutlich besser als zum Beispiel eine X-M1. Die Knöpfe haben einen sehr guten Druckpunkt und alles läuft wie am Schnürchen. (Na gut, fast alles. Ich bekomme immer mal wieder „Kartenfehler“ angezeigt bei völlig normal funktionierenden Speicherkarten.)
Das Klappdisplay ist praktisch und funktioniert auch im Selfiemodus; ganz umgeklappt dreht sich das Bild um.
Die Auslöseverzögerung ist weiter minimiert worden und gefühlt wie bei der X-T1. Die Kamera ist sehr leise im Betrieb und vor allem sehr handlich. Man hat sie immer dabei.
Die X70 bespielt den Bildwinkel, den die Kamera in meinem smartphone auch abdeckt – er entspricht einer Brennweite von rund 28mm bei Kleinbildformat (wir haben hier 18,5mm auf APS-C-Format). Die Bildqualität ist fujitypisch recht hoch. Im Moment kann ich leider nur mit jpgs arbeiten, da das Programm meiner Wahl zur Rohdatenentwicklung (Capture One Pro 9.x) leider die X70 noch nicht unterstützt – naja. Schade. Phase One habe ich mal angeschrieben…
Was kauft man da?
Zu einem „fehlenden“ Sucher äußere ich mich mal so weit: Die Kamera hat keinen Sucher. Das weiß man idealerweise bevor man sie kauft. Man kauft eine Kamera ohne Sucher. Also hinterher bitte nicht beschweren. 😉 Ach so: Das Objektiv kann man auch nicht wechseln… ich erinnere mich an die Leute, die in Foren an der X100/s/t bemängelt haben, dass sie ja keinen „Zoom“ hat… ähem. Vor dem Kauf klären und dann sollte das soweit ok sein.
Der interne Blitz der X70 leistet gute Arbeit, wenn man ihn automatisch werkeln lässt. Da ich nicht so der Blitzer bin, werde ich dazu nichts weiter ausführen. Man kann jedoch dank Zentralverschluss auch mit ganz kurzen Synchronzeiten arbeiten. Probiert es mal aus!
Die echte smartphone Kamera!
Die X70 macht Spaß und ist praktisch. Das Objektiv ist mit f2.8 nicht sehr lichtstark, dafür aber gut korrigiert und vor allem sehr sehr klein. Dadurch hat man die X70 auch mal in der Jackentasche und so schnell zur Hand wie sonst das smartphone. (Jenes hätte auch keinen Sucher…) Dank Fuji Camera App kann man die Bilder schnell auf’s Telefon ziehen und von da aus weiter verteilen. Das funktioniert recht stabil und einfach. Insofern kann ich die Kamera im smartphone einfach ruhen lassen und brauche in der Rubrik „Kamerahandy“ nicht mehr nach den besten Möglichkeiten suchen. Auch ist die X70 deutlich schneller bereit und im Arbeiten deutlich schneller zu bedienen als meine verschiedenen Kamera-Apps auf dem smartphone. Zudem ist die Bildqualität dem smartphone deutlich überlegen. Wer möchte, kann die X70 ja auch mit dem touchscreen bedienen- entweder zum Fokussieren oder zum Auslösen. In der Wiedergabe dann pinch und wipe beim Anschauen. Fernsteuern per Telefon geht auch. Da könnte Fuji aber die App noch etwas verbessern. Letztlich greife ich nun gleich zur X70 und nicht zum smartphone. Ich denke, das ist wieder eine Kamera für die Gelegenheitsfotografen, die derzeit eher mit dem „Handy“ fotografieren und sich da eine gute Kamera wünschen. Bedienung per touchscreen ist man ja mittlerweile gewöhnt und wer es klassisch mag, nimmt die „normalen“ Knöpfe und Rädchen.
Autofokus und Akku
Der Autofokus ist schnell und präzise. Allerdings bitte ich den geneigten Leser, diese Aussage mit Vorsicht zu genießen. Ich bin Autofokus nicht wirklich gewöhnt. Normalerweise arbeite ich mit manuellen Linsen. In letzter Zeit hatte ich allerdings auch die Gelegenheit, Autofokuskameras zu testen (bspw die Sony RX1R Mark II und dazu die Fujifilm X100T) und kann sagen, dass der Autofokus auf dem Niveau der X100T liegt, eher noch etwas schneller ist. Der mittlere Teil des Sensors verfügt über Phasendetektionspixel und liegt der Fokuspunkt in diesem Bereich, ist das Fokussieren auch recht flott. Fokussieren kann man auch per Touchscreen, was sehr zügig und zuverlässig funktioniert. Fuji hat da seit der X-Pro1 einiges gelernt und die Entwicklung zeigt sich endlich.
Die Gesichtserkennung funktioniert. Auch im Profil, was mich zunächst überraschte. Bei manchen Gesichtern jedoch, schlägt sie einfach nicht an. Man muss sich dann einfach die Freunde zur Kamera aussuchen und nicht umgekehrt. 😉
Die Akkuleistung ist gut. Nicht sehr gut, aber gut. Seit dem Test der Sony RX1R Mark II, die akkumäßig eine Enttäuschung ist, habe ich mir angewöhnt, die Kamera bei jeder Gelegenheit aufzuladen. Das ist hier gar nicht so nötig. Man kann den Akku über den USB Anschluss der Kamera aufladen. Das hat übrigens zur Folge, dass neueste smartphones die Kamera nicht per USB auslesen können, da „das angeschlossene Gerät zu viel Strom verbraucht“… Fujifilm legt leider kein Ladegerät bei, aber immerhin ist es der bekannte Akku aus der X100s/t bzw X30. Womöglich hat der Fujikäufer also bereits entsprechende Akkus und Ladegeräte zur Hand. Das Aufladen des Akkus in der Kamera ist relativ zeitaufwändig.
Design
Das Wichtigste an der X70 ist einfach, dass man sie wirklich immer dabei hat. Ich würde am Design noch was ändern: Die Öse für den Gurt an der linken Seite würde ich weglassen. An so eine kleine Kamera kann man eine Handschlaufe hängen oder einfach gar nichts. Die ist so klein, dass ich sie mir vermutlich nie umhängen würde. Hosentasche geht ja auch. (Ok. Hipster haben hier verloren! :-p) Die Kamera ist wieder mal so schön „retro“, das eine Handschlaufe sowieso vom „style“ her am besten passt (also wen es interessiert…). Am Besten man ersteigert auf ebay eine alte kaputte mini-Messsucherkamera, bspw Fujica oder Olympus und nimmt dann deren alte Handschlaufe.
Der Griff der X70 ist erstaunlich gut. An allen meinen Fujifilm X-System Kameras nutze ich Zusatzgriffe, auch wenn das die Kompaktheit und den Gewichtsvorteil teilweise auflöst. Die Bodenplatten sind ein guter Schutz und ich kann die Kameras schnell auf das Stativ klemmen, zudem habe ich sie einfach besser in der Hand. Bei der X70 fehlt mir da zum ersten Mal kein extra Griff. Auf eine kleine Arca-Swiss-Platte hoffe ich dennoch. (ishoot, macht mal!)
Alles in allem finde ich die X70 erstaunlich gut. Schnell, klein, leise, immerdabei. Bildqualität stimmt auch. Ich hoffe, dass ich später mal was zur Dauerhaltbarkeit sagen kann… 😉
Elmar
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Hey Elmar!
Mal wieder sehr schöne Bilder von Dir! Das mit der „18“ find ich besonders gut!
Ich hoffe die X70 hilft Dir über den „Verlust“ hinweg 😉 Danke Dir nochmal.
Ganz liebe Grüße
Micha
Hi Micha,
wir haben das genau richtig gemacht! Du ziehst mit der s weiter und ich nutze nun die X70. Ich bin schon auf den Weitwinkelkonverter für die Kleene gespannt, der ist sicher ein großer Spaß.
Auf bald!
Elmar