Ich glaube jeder Fotograf/Fotointeressierte, der über den grünen Automatikmodus hinaus fotografiert, bekommt bei einem Objektiv mit einer Anfangsblende von f0,85 erst mal Schnappatmung. Na gut, mir geht es zumindest so. Das geht bei mir aber schon meist bei f1.2 los und nimmt im Quadrat zu, je kleiner die Zahl bzw. größer die Anfangsblende wird. Nach anfänglichem Staunen und Ehrfurcht vor diesem Objektiv kommen aber schnell auch die kritischen Gedanken: Welches Sparbuch muss ich dafür plündern? Wie sicher kann man damit fokussieren? Ist das überhaupt sinnvoll nutzbar bei Anfangsblende? Usw. usw.
So war das auch bei dem IBELUX 40mm f0,85 von der deutschen Firma/Hersteller HandeVison. Die Neugier auf das Objektiv war sehr groß, und ich wollte wissen, wie die Ergebnisse dann tatsächlich sind. Ich bat die OSD Optic System Development GmbH um ein Testgerät, und ein paar Tage später wurde mir dies netterweise per Post nach Hause geliefert.
Erster Eindruck
Schwer! Das war der erste Gedanke, den ich hatte, als ich das Objektiv aus seinem schönen Lederköcher nahm. Die Verarbeitungsqualität ist sehr hochwertig, komplett aus Metall mit integrierter Sonnenblende, die sich einfach heraus- und wieder hineinschieben lässt. Leider rastet diese nicht ein, es reicht also schon eine leichte Berührung und die Sonnenblende fährt wieder leicht ein. Sehr irritiert hatte mich der Objektivdeckel. Dieser ist nicht mit einem normalen Schnappsystem ausgestattet, sondern muss eingeschraubt werden. Das finde ich eher nicht so gelungen. Durchaus besonders zwar, aber eben nicht besonders praxistauglich.
Die Blende stuft sich in ganzen Blendenschritten ab, von f0,85 bis f22. Das fand ich etwas ungewöhnlich, aber, nun gut, besonders halt.
Mit einer Naheinstellgrenze von 0,75m ist das jetzt nicht allzu nah, aber auch nichts Besonderes. Was mich etwas irritierte, war die ölige Blende meines Testgeräts. Das hätte ich von einem relativ neuem Objektiv nicht erwartet, aber andererseits, wer weiß, wer das schon alles vor mir hatte. An meiner x-pro2 wurde das ganze natürlich sehr kopflastig, aber irgendwoher muss ja die Lichtstärke kommen. Allerdings habe ich die Kombination am Objektiv festgehalten, denn mit 1150 g am Objektivbajonett schien mir das die kameraschonendere Variante zu sein.
Fokussieren mit dem Lichtwunder
Im Gegensatz zu dem Samyang 50mm f1.2, welches ich kürzlich zum Testen hier hatte (ich hatte hier darüber geschrieben), fiel mir das Fokussieren nicht ganz so leicht. Das Ibelux ist so bis f2.0 schon recht weich und zeichnet auch nicht so kontrastreich wie das Samynag z.B., wodurch das Fokuspeaking es wohl schwerer hat. Jedenfalls musste ich viel mit der Sucherlupe arbeiten, und da dann auch immer durch Hin- und Herdrehen am Fokusrad die richtige Stellung überprüfen. Wenn der Fokus aber saß, dann wusste die Schärfe im Zentrum aber schon zu überzeugen. Es ist nicht so knackscharf wie das Samyang oder das xf56mm, aber für Portraits sehr schön scharf.
Bei Offenblende bis etwa f2.0 sind zum Teil schon deutliche chromatische Aberrationen zu sehen, diese sind aber in einem geeigneten RAW Konverter (z.B. Lightroom) gut korrigierbar.
Bokeh okeh?
Bei einem Objektiv dieser Lichtstärke und dieser Brennweite ist die Frage nach dem Bokeh für mich mit einer der interessantesten, und ich muss zugeben, dass ich das Bokeh ganz nett finde. Mich persönlich hat es jetzt aber nicht sooo vom Hocker gehauen. Vielleicht habe ich auch die Erwartungen in Anbetracht der Bauqualität, die zugegeben sehr hoch sind, und des Preises nur viel zu hoch gesetzt. Nicht falsch verstehen, es war sehr gut, aber ich für mich fand es jetzt nicht herausragend. Es hat mich jedenfalls nicht so sehr begeistert wie das Fujinon xf56mm oder gar das Samyang 50mm. Tatsächlich mochte ich das Vordergrund-Bokeh – oder sagt man da einfach nur die Unschärfe – aber dafür umso mehr.
Fazit
Das Ibelux 40mm für Fuji x ist haptisch wirklich ein Genuss. Man spürt die Lichtstärke dieses Glases geradezu. Leider ist es auch schwer. Sehr schwer. Der Fokusring läuft butterweich und die eingebaute Sonnenblende ist auch von Vorteil. Aber am Ende ist dieses Glas in meinen Augen kein Alltagsobjektiv – aber diesen Anspruch hatten die Designer glaube ich eh nicht. Es ist meiner Meinung nach ein Spezialist und zielt wohl vor allem auf Portrait- und im speziellen auf Hochzeitsfotografen ab. Alleine das Gewicht macht es für einen Reisefotografen, wie ich es bin, im Grunde uninteressant. Die Bildqualität ist sehr gut, wenn auch speziell, da es schon eher weich zeichnet und erst so ab f5.6 wirklich knackig scharf wird, und das dann auch bis in die Ränder.
Wer auf Lensflares steht und diese nicht in Photoshop einbauen will, der bekommt diese bei Gegenlicht meist mitgeliefert. Ich finde das oft sehr interessant, natürlich doof, wenn unerwünscht, diese dann wegzubekommen, aber wie ich schon schrieb: Dies ist ein besonderes Objektiv, durchaus eins mit Charakter.
Wer viel Portrait, oft bei sehr schlechten Lichtverhältnissen (Konzertfotografie und Ähnliches) fotografiert oder einfach nur auf der Suche nach einem besonderen Glas ist, der sollte sich das Ibelux ruhig mal genauer anschauen.
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ein solches Objektiv kauft man explizit aufgrund der Lichtstärke, leider wird mir darauf zu wenig eingegangen
Hallo Mehrhad
Vielen Dank für Deinen Bericht. Auch ich besitze das IBELUX an meiner Olympus M10 Mark ll. Auch ich vom Bokeh und der Linse angetan. Nur etwas habe ich bisher noch nicht fertiggebracht. Weder Fokuspeaking noch Lupe funktionieren dabei.
Kannst Du mir sagen warum dies scheinbar auf der Fuji geht bei meiner Mft Olympus aber nicht…?
Würde mich auf eine Rückantwort freuen. Danke Grusd Marcel
Hallo Marcel,
Nun warum das bei der Olympus nicht geht kann ich Dir leider auch nicht sagen.
Bei der x-pro ist das gut zu nutzen, aber bei Offenblende natürlich auch alles andere als einfach bzw. auf Anhieb zu treffen der Fokus.
Was genau meinst Du denn genau mit „…funktionieren…“?
Technisch ist die Kamera dazu nicht im Stande oder ist es für Dich persönlich nur schwer umzusetzen?
Auch ich nutze das IBELUX – unter anderem an einer Olympus M5 Mark lI.
An der Olympus, die der M10 Mark ll von Marcel ziemlich ähnlich ist, funktionieren sowohl Fokuspeaking als auch Lupe tadellos. Beide Funktionen habe ich auf Funktionstasten gelegt, was speziell beim Peaking sehr nützlich ist: die Konturränder begrenzen sich bei Offenblende naturgemäß auf den hauchdünnen Schärfebereich und können leicht übersehen werden – wenn dann das Peaking einmal tatsächlich nicht eingeschaltet ist sucht man lange und vergebens; die Funktionstaste gibt da wenigstens die Sicherheit, daß man mit Erfolgsaussicht auf der Suche ist. Die Peakingkontur auf Rot zu stellen ist m.E. auch recht nützlich.
Die Schwachstelle des IBELUX an der Oly ist die sehr breite Basis rund ums Bajonett: der Objektivradius ragt über die Ebene des Kamerabodens, die meisten Schnellwechselplatten passen dann nicht mehr – ein Problem, dem man mit Trennscheibe und Feile aber wirkungsvoll abhelfen kann … natürlich an der Platte, nicht an der Kamera …
Ich nehme an, Siggi wünscht sich die „Lichtstärke“ zwecks Arbeit in der Finsternis. Zu diesem Zweck würde ich eine billigere f 1.8 – Linse nehmen und das gesparte Geld in einen empfindlicheren Sensor investieren – gerade im Dunkeln ist das Scharfstellen bei Offenblende nicht einfach. Gebaut ist das IBELUX wohl in erster Linie für cremiges Bokeh.
„Lichtstärke“ ist eh etwas irreführend, wird synonym gebraucht mit der möglichen Blendenöffnung – die Leistung im Finstern hängt zusätzlich aber noch vom Transmissionsgrad ab, also wieviel Licht durch Reflexion an und Absorption in den Linsen verlorengeht…
Liebe Grüße
gth
Hallo
Besten Dank dass Du auch auf mein Anfragen geantwortet hast.
Vielleicht kannst Du mir sagen was ich für ein marginaler Fehler mache. Das Fokus Peaking ist eingeschaltet…auch als ich mit einem Adapter ein Leica oder Zorki Objektiv vor die Kamera machte, konnte ich die Funktionen nicht nutzen.
Da geht einfach nichts. Ich bin ratlos….
Das Peaking sowohl das Vergrössern sind eingestellt. Das sehe ich ja im Menü.
Ich wäre Dir oder jemandem Anderen wirklich SEHR dankbar, wenn Ihr mit dabei helfen könntet.
(Das kann doch nicht sein dass dies nicht geht und bei allen Anderen scheinbar doch.)
Ohne diese Funktionen ist scharf stellen nicht wirklich einfach.
Besten Dank!
Liebe Grüsse
Marcel
Hallo Mehrhad
Besten Dank für Deine Antwort.
Mit funtionieren meine ich z.b. dass das Focus Peaking oder das Vergrössern einwandfrei mit Zuiko Linsen, eingstellt auf manuell, funktionieren.
Aber sobald ich ein altes Leica per Adapter oder eben das IBELUX montiere, dass dann weder das Peaking noch das Vergrössern abrufbar sind.
Es passiert einfach nichts. Ich kann einfach nur scharfstellen. Das ist alles…..
Ich wäre sehr froh, wenn mir jemand dabei wirklich helfen kann, ich finde einfach nichts auf dem Netz.
Was mache ich falsch?? Wenn ich ins Menü gehe dann ist das Peaking aktiviert und auch das Vergrössern….
Die Linse muss ja nicht Kontakte haben, um diese Funktionen nutzen zu können, diese hat ja das Ibelux sowieso nicht!!
Beste Grüsse
Marcel
Hallo Marcel,
greifst Du auf das Fokuspeaking über eine definierte Taste zu – oder geschieht das über den MF-Assistant automatisch beim Fokussieren am Objektiv? Zweiteres funktioniert natürlich nur bei einem Objektiv, das der Kamera die Betätigung des Schärferings „mitteilt“ … was die elektrisch nicht dialogfähigen rein mechanischen Gläser natürlich nicht können.
Das Fokuspeaking muß in diesem Fall der User per Taste aufrufen.
Die Festlegung des Peakings auf eine Funktionstaste kann im „Zahnrad”-Menü / Unterpunkt Taste/Wahlrad/Schalter bewerkstelligt werden.
Das „Zahnrad-Menü” muss evtl. zuerst einmal im „Schraubenschlüssel-Menü“ / Unterpunkt „Zahnrad” Menü Anzeige freigeschaltet werden.
Liebe Grüße
gth
Hallo gth…:)
Das ist es. Ich habe nochmals gegoogelt und habe genau dies in einem Forum lesen können.
Da das Objektiveja keine Informationen bekommt über die Kamera muss ich eine Taste mit dem Fokus Peaking belegen.
Und siehe da…..es funktioniert. Mensch, bin ich was froh…..nun kann ich endlich diese sehr hilfreiche Funktion nutzen.
Vielleicht auch mal auf einem meiner Streetphotography Streifzüge….:)
Dir vielen Dank nochmals für Deine Mühel und Hilfe.
Ich habe mir jetzt noch einen Adapter bestellt mt welchem ich ein altes 50mm 1.4er Nippon Kogaku Objektiv an der MFT ausprobieren kann. Da bin ich auch auf das Bokeh gespannt sowie alles andere.
Beste Grüsse aus der Schweiz
Marcel
P.S. Ich habe einfach die rote Filmaufnahme Taste damit belegt und schon ging es…:))
Ich hatte im Herbst 2014 die Möglichkeit, das Ibelux für fotoMAGAZIN in der Praxis zu testen – ergänzt durch den dort üblichen Labortest. Ich empfand das Ibelux optisch als ausgesprochen schwach und den Preis für absolut unangemessen: unbrauchbar bei Offenblende, da extrem weich; erst bei Blende 3,2 halbwegs zu gebrauchen (keine Spitzenleistung erwarten). Spätestens nach Schließen der Blende um zwei Stufen muss ein moderner Lichtriese eigentlich klasse sein, sonst haben die Entwickler etwas falsch gemacht. Wozu sonst so viel Gewicht mitschleppen und so viel Geld ausgeben? Auch an meiner Fujifilm X-T1 war das Ibelux kaum zuverlässig zu fokussieren, egal, was ich auch unternommen hatte. Auch ist die Brennweite 40 mm an einer APS-C-Kamera alles andere als sexy. Ich empfand das Ibelux als grobschlächtig gefertigt; nach Qualität fühlte sich da gar nichts an. Das Ding ist nur elend schwer. Der Foussierring bot keinerlei Friktion und war deshalb viel zu leichtgängig. Dafür war der ruppig laufende Blendenring zu schwergängig. Pardon, das können Andere besser.
Auch hat das Ibelux optisch keine Chance gegen das tolle Voigtländer Nokton 0,95/42,5 mm für MFT oder gegen das ebenfalls hervorragenden Leica Nocticron 1,2/42,5 mm für MFT oder das Fujinon XF 1,2/56 mm für die Fujifilm-Kameras. All diese Objektive waren weitere Testteilnehmer. Bei Offenblende lässt das Voigtländer das Ibelux deutlich hinter sich, die anderen beiden mit ihrer Offenblende 1:1,2 „lichtschwächeren“ Kurzteles erst recht. Und das, obwohl alle Konkurrenten deutlich billiger sind als das knapp 1200 Gramm (!) schwere Ibelux, dessen Öffnung 0,85 eine reine Renommierblende ist. Ich jedenfalls würde dieses Objektiv niemandem empfehlen.
BTW, weil ich privat sowohl bei MFT als auch bei Fujifilm im APS-C-Format zuhause bin, habe ich längst das wunderbare Fujinon 1,2/56 mm und das nicht minder geniale Voigtländer 0,95/42,5 mm gekauft und könnte damit nicht glücklicher sein. 🙂
Frank