Das Iberit 35mm f2.4 ist ein gutes Objektiv.
Wie kommt’s?!
Mehrdad hat an anderer Stelle bereits über das 24mm f2.4 geschrieben, welches ich inzwischen auch schon in Händen halte. Die Reihe der Iberit-Objektive ist wirklich spannend. Praktischerweise hat man sie uns zum Testen überlassen und praktischerweise auch im Leica M-Mount, den ich somit an meine Fuji X und meine Sony A7 schrauben konnte.
Letztlich dürften sich die Objektive mit anderen Anschlüssen wirklich nur im Bajonett unterscheiden und wenn ich da die Wahl habe, würde ich persönlich immer ein Bajonett wählen, das ich auf möglichst vielen Kameras einsetzen kann. Letztlich finde ich, dass man immer lieber etwas mehr in gutes Glas investieren sollte und dafür die Ausgaben für Kameras kleiner halten sollte. Jedes Jahr kommt da ein neues Modell raus, Wertverluste sind teils immens und man möchte ja vielleicht auch immer mal neues Spielzeug haben. Da lege ich mir doch lieber Objektive hin, die halbwegs unabhängig von einem bestimmten System funktionieren und kaufe ggf ein paar Adapter dazu. Ich persönlich steh ja auf Zeiss Objektive und da investiere ich privat in die Reihe mit Nikon Anschluss – jene kann ich dann auf Nikon, Sony und Fuji nutzen (und letztens auch auf einer Canon EOS M5). Vielseitiger wird es erst, wenn ich noch mehr Kameras habe (was ich momentan ausschließen würde, aber man weiß ja nie…). Nun gut, zurück zum Iberit.
So war also das 35mm f2.4 für ein paar Tage mit mir unterwegs und da ich die 35mm und 50mm Brennweite sehr gern und häufig nutze, habe ich das 35er mal auf einer X-T1 und mal auf einer A7 eingesetzt. Gewohnt bin ich 35mm Brennweite allemal. Mein Lieblingsobjektiv ist ein 35mm f2… dicht gefolgt von einem 35mm f2.8. Also sollte ein 35mm f2.4 gut dazu passen, oder? Leider nicht ganz.
Kontrast
Ehrlich gesagt ändert das 35er Iberit meine Art zu fotografieren etwas oder anders gesagt, bespielt einen anderen Bereich. Während ich es sehr schätze, auch mit einem 35mm von Zeit zu Zeit etwas freizustellen und auch etwas sogenannten 3D-Pop zu erreichen, ist das mit dem 35mm Iberit nur schwer möglich. Das Objektiv liefert leider so wenig Mikrokontrast und so weichen Schärfeabfall, dass das so gut wie gar nicht zu machen ist. Aber das ist ja nicht schlimm, wenn man das in diesem Objektiv nicht sucht… Wie meinen?!
Wenn ich ein Objektiv suche, mit dem ich bspw auf f5.6 abblende und dann so klassisch reportagemäßig mit tiefer Schärfe an meine Motive gehe, ist das 35mm Iberit goldrichtig. Wenn ich jedoch auf 3D-Pop und etwas Spiel mit dem Bokeh hoffe, dann suche ich besser woanders. Insofern kann das Iberit 35mm einen Käufer sehr zufrieden stellen. Mich persönlich jedoch nicht.
Leider bringt der geringe Mikrokontrast einen interessanten Nebeneffekt mit sich: Auf elektronischen Suchern wird es mitunter schwer zu erkennen, ob das gewünschte Objekt auch wirklich im Fokus ist. Meistens sah alles gleichmäßig unscharf aus und das mag ich überhaupt nicht. Als jemand, der zu 95% manuell fokussiert, bin ich gewöhnt, dass es etwas länger dauert. Ich bin gewöhnt, das focus-recompose lieber nicht stattfindet, ich bin gewöhnt, dass ich bei manchen Linsen abblenden muss, damit es wirklich scharf ist. „Allet jut!“ aaaaaber: Jedesmal erkenne ich den Übergang von Scharf zu Unscharf deutlicher als hier beim Iberit 35mm. Insofern kann ich es für den Einsatz am Messsucher wirklich empfehlen. Am EVF jedoch ist es teils ein Krampf. Da muss man wirklich schon sehr gutes Licht haben um das schnell (und darum geht es gerade) erkennen zu können. Schade eigentlich, denn ich habe das Gefühl, dass das Iberit einen erstaunlich guten Transmissionswert hat, also im Grunde bei wenig Licht wirklich gut einsetzbar ist. Dann müsste man es halt bei Offenblende auch gut scharfstellen können und das ist eben schwierig. Man kann scheinbar nicht alles haben, oder?! 😉
Handling
Eine Designentscheidung bei den Iberit, die ich nicht ganz verstehe, ist das scheinbar willkürliche Hinzufügen eines Fokustabs beim 35er. Warum hat das 50er keinen oder das 24er? Versteh ich nicht. Entweder es gibt welche oder eben nicht. Man benötigt nicht wirklich einen Fokustab für das 35er – der Fokusring ist gut zu finden. So gut, dass man beim Verstellen der Blende manchmal gleich mit fokussiert… Ja, ist mir desöfteren passiert, aber das ist ja nicht das Schlimmste und nunmal eher „user error“. Insgesamt fasst sich das Iberit wirklich gut und solide an, alles dreht sich gut gedämpft, die Blenden rasten sauber ein. Da ich anders gewöhnt bin, war es natürlich teilweise frustrierend an die Naheinstellgrenze gebunden zu sein. Messsucher haben halt auch Nachteile…
Bilder
Eigentlich das wichtigste… Also man kann gute Bilder damit machen und ich glaube, dass ich eines meiner Favoritenbilder im Bereich Architektur damit geschossen habe. Das Iberit ist kein Ausreißer, weder nach oben noch nach unten. Es liefert keine übermäßig hervorstechende Bildwirkung und das ist auch gut so! Letztlich kann der Fotograf sich hier nicht hinter simplen Bokehtricks oder Freistellen verstecken. Entweder man fängt das Motiv gut ein oder eben nicht.
Das Objektiv ist ein gutes Werkzeug. Es überzeugt mich durch Schärfe und Kontraste, die ich in der Nachbearbeitung gut herausholen kann, aber eben auch erst da. Wer nicht gern bearbeitet: Sucht woanders oder lebt mit f5.6 bis f11 und schaut, dass wirklich alles scharf ist und das Bild sich korrekt aufbaut. Mit diesem Objektiv kann man schon was gutes schaffen, aber nicht durch „Blende auf und Spaßbokeh!“ – vielmehr zwingt dich das Objektiv zum Arbeiten. Es erinnert an die alten Tage und man bekommt einen recht „analogen“ Look damit, denke ich. Nun ja. Wer sich an die Fotografie mit Reiseausrüstung von früher erinnert, weiß, was ich meine: Kameras, wie die Rollei 35 oder dergleichen liefern ähnliche Ergebnisse. Da blendet man auch gnadenlos ab, weil man eher Zonenfokus nimmt. So auch beim Iberit 35mm f2.4 – ein wirklich gutes Objektiv.
Fazit
Wer jetzt gleich hier liest, fängt lieber nochmal von vorne an. Hier wird nicht geschummelt!
Während des Ausprobierens hatte ich so meine Schwierigkeiten mit dem Iberit. Ich konnte nicht gut Scharfstellen. Desweiteren liefert das Objektiv „nichts Besonderes“ im Sinne eines besonderen Effekts. Kein Swirly Bokeh, kein 3D-Pop, keine Vignette, keine überragende Lichtstärke, keine besonders schlechten Ergebnisse. Es ist halt einfach so da und funktioniert. Und was macht man dann damit? Genau! Entweder man setzt es die ganze Zeit ein oder man lässt es liegen. Ich war hin und her gerissen und musste mich teils zwingen, das Iberit zu verwenden, habe ich doch schon eine Menge anderer 35mm Objektive. Es hat mich ehrlich gesagt nicht sonderlich inspiriert. Dann jedoch, dann geht man durch die Ergebnisse am Rechner und ist ganz zufrieden. Es ist ein Annäherungsprozess, der bei mir recht lang dauerte. Letztlich kann man zufrieden sein, wenn man sich dran gewöhnt hat. Hier werfe ich aber eine nicht nur philosophische Frage auf: Sollte ich mich an das Werkzeug gewöhnen oder sollte das Werkzeug zu meiner Art des Arbeitens passen? Das ist sicher an anderer Stelle nochmal zu durchdenken.
Für’s Iberit 35mm kann ich nur sagen: Lohnenswert für den dokumentarischen Einsatz. Gute bis sehr gute Ergebnisse. Wenig Lustfaktor.
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Ich frage mich ernsthaft, wer die Zielgruppe dieses und der anderen Iberits sein soll. Üblicherweise verwenden nur erfahrene und anspruchsvolle Fotografen die antiquierten Messsucherkameras mit M-Anschluss. Wer sich Leica-Optiken wie das Economy-2,4/35 mm nicht leisten will oder kann, greift zu Zeiss (Biogon CM 2,8/35 mm). Wem auch das noch zu teuer ist, greift zur erstaunlich guten Hausmannskost von Voigtländer/Cosina. Im vorliegenden Fall zum sehr kleinen, optisch guten und preiswerten Color-Skopar II 2,5/35 mm. Wo ist da noch Raum für das Iberit?
Das frage ich mich auch. Würde das Objektiv bei rund 300€ liegen, wäre es einfach eine andere Nische auf dem Markt. Mit angepeilten rund 600€ Neupreis ist es in direkter Konkurrenz zum 35mm f2.8 Biogon von Zeiss und kann diesem nicht das Wasser reichen. Da muss man schon sehr auf flauen Filmlook stehen, wenn man das 35er Iberit als einzige Linse nehmen wollte.
HI Frank,
Ja das color skopar II 2,5/35mm ist an der M8 und M9 im Bereich hervorragend und der alten Leica 35mm-Gauss-Konstruktion durchaus ebenbürtig. E. PUTS lobt auch das vm 35mm. Problem ist die Serienstreuung bei der VM-Reihe. Habe das Zeiss CM 2,8 /35mm und das Summarit 2,4/ 35mm mal getestet, hier würde ich das Biogon vorziehen. Leistung und Preis sprechen dafür.