In den letzten 3 Wochen hatte ich die Gelegenheit eine Kamera auszuprobieren, über die ich schon sehr viel gelesen und gehört hatte – die Canon EOS R. Eine freundschaftliche Zusammenarbeit mit Foto-Görlitz liegt dem Ganzen da zugrunde und als sich die Möglichkeit auftat, war ich sofort dabei.
Von der EOS R hatte ich schon viel gelesen und war wirklich ziemlich gespannt, was da so kommen würde. Letztlich herrschte in den Foren und in den Kommentarbereichen, in denen ich mitlas, eine eher negative Stimmung bezogen auf die EOS R. Noch „besser“ wurde es, als nun auch noch eine abgespeckte Variante für einen guten Einstiegspreis angekündigt wurde… Naja. Ich überzeuge mich da lieber selbst.
Schon bei der EOS M Reihe war ich zumeist positiv überrascht worden. Die Kameras wurden im Internet auch nicht gerade positiv bewertet, aber sind besser als ihr Ruf. Insbesondere die EOS M5 ist da recht ernst zu nehmen.
Die EOS R kam zunächst mit dem 50mm f1.2 L Objektiv zu mir. Wir hatten uns darauf verständigt, da ich ohnehin am liebsten mit Festbrennweiten arbeite und die 50mm mir auch gut liegen. Mal abgesehen davon war kein Zoom vorhanden. Beim Auspacken war ich erst ein bisschen überrascht. Mein letzter Kontakt mit L – Objektiven ist schon eine Weile her. Da war es das phänomenale 24mm f1.4 Überrascht war ich einfach von der schieren Baugröße des Objektivs. Es ist schon ein ordentliches Trum, wie man so sagt. Letztlich ist es aber leichter gebaut, als es aussieht und damit immer noch gut im Handling. Für eine optimale Handhabe wäre der Body der EOS R nach unten minimal zu verlängern, finde ich. 4 bis 5mm mehr „Fleisch“ nach unten und das Ding wäre perfekt.
Nach zwei Wochen Fotografieren mit der EOS R kam noch das 28-70mm f2 Zoom (f2.8 kann ja jeder… ? ) hinzu und machte die Testausrüstung perfekt. Das Zoom ist allerdings wirklich ziemlich „fett“, dagegen ist das 50er L fast zierlich zu nennen.
Das Gehäuse ist recht solide gestaltet. Alle Knöpfe haben einen klaren Druckpunkt und lassen sich auch blind erfühlen. Sehr gut finde ich das Klapp- und Drehdisplay, das man auch verkehrt rum an die Kamera klappen kann um eine displayfreie Rückseite zu haben. Alle Klappen sitzen sauber und dicht. Etwas Nieselregen hat die Kamera abbekommen und das war problemlos – wie wetterfest die Kamera ist, habe ich also nicht ausprobiert. Wenigstens fühlt sich das Material „eher warm“ an. Beim Fotografieren im Spätwinter nicht das Schlechteste.
Die Bedienung der EOS R läuft ziemlich einfach. Das Menü ist klar (Typisch Canon) strukturiert, schnell hat man alles Wichtige gefunden. Da das Display per touch steuerbar ist, kann man sehr schnell navigieren. Wenn erstmal alle Knöpfe und Rädchen eingestellt sind (das Herstellersetting funktioniert aber auch richtig gut), kann man nahtlos loslegen.
Ich glaube, ich habe 11min gebraucht, die mir noch unbekannte EOS R einzurichten (inkl Zeit einstellen etc). Wifi-Konnektivität funktioniert sehr schnell und sauber im Übrigen – wenn ich das bspw mit meiner Fuji vergleiche… Ist schon ein Unterschied. 😉
Eine kleine Sache hatte mich anfangs in der Bedienung gestört und das ist der kleine Slider auf der Rückseite zwischen Sucher und Daumenablage. Der rechte Teil des Sliders ist für mich zu nah am Daumen. Ständig war beim Greifen der Kamera mein Daumen da drauf und ich fragte mich, warum sich die ISO schon wieder verstellt hatte. Den Slider kann man allerdings einzeln pro Richtung mit Funktionen belegen (oder ohne Funktion lassen). So konnte ich dem habhaft werden. Das ist in der Haptik/ Bedienung mein einzig negativer Punkt. Denn prinzipiell fände ich da schon eine Funktion, die ich dort unterbringen würde, aber nicht kann, da ich sonst versehentlich Dinge tun würde.
Sehr schön auch, dass man den Fokuspunkt per Daumen auf dem Display verschieben kann während man durch den Sucher schaut. Das habe ich bei der EOS M5 schon gemocht, hier funktioniert es auch. Allerdings ist aufgrund der Baugröße der EOS R das Unterfangen etwas schwieriger. Man braucht für ein echtes Nutzen dieser Funktion recht große Hände.
Bildqualität
Mancherorts liest man, dass die EOS R womöglich aufgrund des Sensors oder der Objektive womöglich nicht mit der Konkurrenz mithalten könne… Dem ist nicht so. Vielleicht liegt es an den negativen Kommentaren, dass sie mich so positiv überrascht. Letztlich kann man damit genauso gute Sachen abliefern wie mit jeder aktuellen Kamera auch. Allerdings gibt es für die EOS R solch tolle Objektive, wie das 50mm f1.2 L , was wirklich eine Sahneschnitte ist. Groß ist es, aber fein! Wenn ein System solche Objektive aufweisen kann, sind dreiviertel der Miete drin. Im Grunde hat man da (beinahe) ZEISS Otus Qualität mit einer tollen Lichtstärke und (sogar ? ) Autofokus. Ich habe gelesen, dass das 50er bei Offenblende um -3EV vignettieren solle… Nein. Ich habe sämtliche Korrekturen ausgeschaltet und es ist definitiv nicht so viel. Also nicht jeden Forumstalk glauben.
Der Autofokus sitzt und falls nicht, kann man ihn blitzschnell nachregulieren inkl Peaking, das sehr sauber sitzt. Ein einziges Mal hat der Fokus bei mir nicht gegriffen – bei Kerzenschein in einem ansonsten stockfinsteren Raum (Fokus sollte nicht auf der Kerze liegen, das wäre zu einfach.).
Fazit
Insgesamt hat mich die EOS R einerseits positiv überrascht, andererseits ist sie sehr schnell „in den Hintergrund getreten“. Sie macht ihren Job und sie macht den so gut, dass man sie bedenkenlos greifen kann, „wenn es drauf ankommt“. Insgesamt ein System, das man sich näher anschauen sollte, insbesondere wegen der phänomenalen Objektive. Wenn jetzt noch ZEISS für diesen Anschluss was liefern sollte, wäre ich im siebten Himmel.
Definitiv kann ich sagen, dass ich im fotografischen Alltag nichts vermisst habe und ich wette, das würde manchen Datenblattreitern auch so gehen, wenn sie die Canon EOS R erstmal für ein paar Tage in der Hand haben.
Würde ich jetzt eine EOS R einkaufen, dann vermutlich mit dem 50mm f1.2 L und dazu per Adapter das 24mm f1.4 L dazu. Dann wäre erstmal Schluss. Das 28-70mm Zoom ist qualitativ sehr sehr weit vorn, allerdings auch wirklich ziemlich schwer auf Dauer.
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Hallo Elmar,
danke für Deinen Bericht, den ich wirklich interessant finde. Ich WOLLTE die EOS R richtig gut finden – vor allem wegen dem 50/1.2. Ich hatte sie 3 Tage zum Testen – allerdings erstmal mit dem 35/1.8 Macro, das auch phantastisch sein soll.
Was soll ich sagen: Die Kamera ist erstmal grundsolide und greift sich besser als jede Sony A7. Das ist schon mal gut. Für mich persönlich kamen aber dann Punkte, die leider gar nicht gingen:
* Der Fokus beim Testshoot mit dem 35/1.8 lag dermassen oft daneben – da bin ich tatsächlich mit jeder Leica M6-10 besser.
* Das Canon Farbmanagement (oder dessen Umsetzung in Lightroom) sagen mir leider überhaupt nicht zu. Wo ich bei meinen Leicas oder einer Sony ein paar Klicks brauche, um ein RAW nach meinem (!) Geschmack zu bearbeiten, waren es bei der EOS R gefühlt 3mal soviele – vor allem an Stellen, die ich normalerweise nicht anfasse… 😉
* Das schlimmste Problem war, dass die Kamera immer mal wieder offensichtlich ein RAW „versaut“. Die Fotos App auf dem iPad stürzt dann bereits beim Anzeigen der RAWs zum Import ab und nix geht mehr, bis man das betreffende Bild auf der Kamera irgendwie ausfindig macht und löscht. Auch da wieder: das ist halt MEIN Workflow. Ich konnte den Fehler leider reproduzieren – und zwar nur mit der EOS R in Verbindung mit dem iPad.
However. Das 50/1.2 ist schon eine Sahneschnitte – und das 28-70/2 ganz sicher auch – abgesehen davon, dass die Linsen riesig sind.
Canon bringt sicher noch eine EOS R1 oder wie auch immer die heissen wird, die ein wenig besser „passt“.
Ah, ok. Mit dem iPad habe ich es freilich nicht benutzt, mit der Androidversion lief alles sauber.
Lightroom ist einfach viel zu verbreitet – ein Fakt, den ich immer mal versehentlich ignoriere. Ich nutze Capture One 12 und bin da auch ganz zufrieden mit der EOS R.
Ich kann dich gut verstehen, es ist immer etwas ätzend, wenn man systemübergreifend arbeiten will und dann nicht in einen Workflow finden kann, der die Systeme miteinander direkt kombinieren kann. Mir geht das ausgerechnet mit einer meiner Lieblingskameras, der Leica X-Vario, so. Da ist das Thema Weißabgleich mit anderen Kameras abstimmen ein rotes Tuch… 😀 Parallele Aufnahmen mit ner Sony und der X-Vario – ein Graus in der Abstimmung im Nachhinein.
Mal sehen, wie Canon die Reihe entwickelt. 🙂
Ich hoffe gut. Konkurrenz belebt ja das Geschäft. Da Canon bereits Cashback auf die R gibt und auch Calumet eine Eintauschaktion gemeinsam mit Canon anbietet (250 EUR bei Abgabe irgendeiner alten Kamera) scheint man sich bei Canon das Geschäft (leider) anders vorgestellt zu haben.
Viele Leute schreckt offensichtlich der fehlende Stabi ab. Das schreckt mich als Leica User erstmal gar nicht – haben die Ms doch keinen und bei der Q schalte ich ihn meist aus… 😉
Aber gerade der Weissabgleich war es bei der R der mich z.B. fuchsig gemacht hat. Da muss ich bei Q, M und A7 eigentlich so gut wie nie ran – und ich „hasse“ es am Weissabgleich rumzufummeln – da verstehe ich Dich komplett. Und Graukarten und Co. sind für mich irgendwie keine Option. Einfach nicht mein Ding… 😉
Aber es freut mich sehr, dass die Kamera auch mal wieder ein positives Review bekommt. Canon sollte mal ein Bundle machen EOS R + 50/1.2 für 3.500 EUR oder so… 😉 Obwohl – wir sind ja fast da… 😉