Einer guten Kooperation mit dem Hause Zeiss entstammt meine Möglichkeit, immer mal wieder Objektive zu Testzwecken zu leihen. Ich fotografiere gern mit diesen Objektiven und besitze inzwischen auch ein paar solch gute Linsen. Zeiss stellte mir für einen Test ein Milvus 100mm f2 zur Verfügung.
Am 11.09. feiern wir Carl Zeiss‘ Geburtstag – 201 Jahre ist er inzwischen alt! Als Goethe starb, war Zeiss gerade 16 Jahre alt geworden… In den Zeiss Werken wird wert auf Optik gelegt, im eigentlichen Sinne. Ferngläser, Objektive, Mikroskope, Brillen und einiges mehr. Ein recht breites Portfolio mit einer inzwischen recht langen Tradition. Das Erbe der alten Objektive behandeln wir auf Qimago in der heritage Reihe: Ein Überblick über ältere Rechnungen, die heute immer noch erhältlich sind und gute Dienste leisten.Darunter sind Objektive für verschiedene Kamerasysteme: Leica, Nikon, Canon, Hasselblad, Sony und nicht zuletzt Fujifilm. In der Vergangenheit gehörten noch Marken wie Contax, Contax/Yashica und Rollei dazu.
Bei der Milvus Serie geht es um eine Reihe von aktuellen Objektiven für Spiegelreflexkameras. Neue Rechnungen, aktuelle Beschichtungen und ein wetterfestes Design, über das man sich als Nutzer der Classic-Serien entweder freut oder den Kopf schüttelt. Letztlich wird das Design durch die verschiedenen Serien stringenter. Otus, Milvus, Batis und Touit – sie sind sich ähnlich geworden und so kann man (zumindest der Nerd kann es) von weitem schon das Zeiss an der Casonykon erkennen.
Ich nutze hier eine Nikon Df, entsprechend das Milvus 100mm f2 mit Nikon Anschluss. In diesem Typus verfügt das Objektiv über zwei Ringe: Zum einen der recht prominente Fokussierring und zum anderen nah am Gehäuuse liegend der Blendenring. Beim Canon-Anschluss fällt letzterer weg, da Canon die Blende ausschließlich elektronisch regelt und damit über Rädchen am Gehäuse einstellen lässt. Inzwischen macht Nikon das mit seinen G-Objektiven ebenfalls, da gibt es also auch keinen Blendenring mehr.
Zeiss jedoch fertigt die Milvus-Objektive für Nikon nach wie vor mit einem Blendenring, was sie für mich besonders interessant macht.
Zum Einen dreh ich gern am Rad und stelle die Blende am liebsten direkt am Objektiv ein. Das ist persönlicher Geschmack, am Rädchen per Gehäuse geht das freilich genauso schnell – keines der Systeme hat Vorteile, die schwerwiegend genug sind um die jeweils andere Herangehensweise zu verdammen.
Zum Anderen, und das ist der eigentliche Punkt für mich, erlaubt mir der Blendenring, die Objektive direkt an meinen spiegellosen Kameras zu adaptieren ohne aufwändige Adapter mit Mechanik zu benutzen. Ein einfacher präzise gefertigter Adapter reicht also aus um beispielsweise ein Milvus auf meine Fuji oder Sony zu pflanzen.
Der Blendenring des Milvus 100 ist einfach zu erreichen und sauber einzustellen. Da wackelt nichts, man fühlt das Einrasten sauber und genau. Der Fokusring ist haptisch ein Genuß, allerdings mit Handschuhen zunächst schwer zu finden, da er sich vom Rest des Objektivs nicht weiter abhebt. Die Gummierung ist mit bloßen Händen freilich gut zu finden. Der Fokusweg ist im Bereich unter 3m recht weit, man kann wirklich sehr präzise fokussieren. Darüber hinaus findet man den richtigen Fokus auch recht schnell – auch an der DSLR.
Beim Fokussieren durch den optischen Sucher hilft der Zeiss – typische hohe Mikrokontrast schon sehr. Man sieht sofort, ob es scharf ist oder nicht. Allerdings sollte die Dioptrienkorrektur an der Kamera gut eingestellt sein. Anfangs lag ich an dieser Stelle daneben und war schon ganz verzweifelt- ich hatte aus Versehen die Korrektur verstellt und die ersten Bilder waren entsprechend im Sucher scharf und auf dem Display dann völlig daneben. Da läuft man schnell vom Selbstzweifel in Richtung „Fotokram funktioniert nicht mehr“. Nichts dergleichen – „user error“, der Klassiker für jede Kundenhotline. 😉
Das Bokeh des Objektivs ist fein mit einem Hang zum „swirly“, so dass man manchmal meint, der Hintergrund scheine sich zu drehen. Ich finde das ganz angenehm, allerdings wird es nicht jedem gefallen. Zu viel dessen finde ich auch störend. Das Zeiss ist da ganz gut dabei. Ich mag es, dass Linien in den Unschärfen nicht zu hart rüberkommen.
Zur Schärfe muss ich nicht viel sagen. Selbst bei Offenblende ist das Objektiv knackscharf in der Fokusebene (Vorsicht! Bemerke: Fokusebene! Diese ist recht schmal.). Chromatische Aberrationen sind sehr gut kontrolliert. Abblenden hilft natürlich immer. 100mm mit Blendenring 2 ergeben nur sehr wenig Schärfentiefe… Das sollte man nicht außer Acht lassen. Insbesondere „Tester“ mit dem „Ist es auch wirklich scharf bis in die Bildecken???!!!“-Syndrom achten selbstverständlich immer(!!!) darauf, dass Objekte an den Bildrändern in der gleichen Fokusebene liegen, wie das fotografierte Hauptobjekt. Immer. Selbstverständlich. Mir ist wichtig, dass das fokussierte Objekt scharf und sauber abgebildet wird. Da ist das 100er Milvus ein Traum (bzw Albtraum bei Hautunreinheiten…).
Alles in allem kann ich das Objektiv sehr empfehlen als mittleres Tele. Ich hoffe, dass es mich noch eine Weile begleiten wird. Wer über einen Kauf nachdenkt, sei gewarnt: Es hat natürlich keinen Autofokus – nicht dass hinterher Klagen kommen!
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