Eines der Objektive, die ich schon immer mal testen wollte, ist das Zeiss Distagon 15mm f2.8. Ein traumhaftes Weitwinkelobjektiv, das wirklich interessante Perspektiven ermöglicht.
Für meine häufigen Einsätze der Fototechnik in Sachen Architektur und Licht war ich natürlich sehr erfreut als Zeiss positiv auf meine Anfrage für ein Testobjektiv reagierte. Ich versprach mir einiges davon, wollte ich es doch auf Kleinbildformat einsetzen, auf dem es durchaus als Ultraweitwinkel gelten kann. Vor einiger Zeit besaß ich ein Voigtländer 15mm Super Wide Heliar, das ich auf meine Fuji X-Pro 1 gesetzt hatte. Eine Kombination, von der zumeist abgeraten wird, da die alte Version, die ich „damals“ benutzte, nicht so gut für Sensoren korrigiert war. Auf APSC ist das auch schon ok, als ich das Heliar dann immer mal mit der originalen Bessa nutzte, merkte ich schnell, wie genau man doch arbeiten muss, damit die Bilder entsprechend ordentlich rüberkommen. Wenn man dann mit Film arbeitet, ist die Lernkurve entsprechend steil… 😉 Aber na gut, es soll ja um das Zeiss gehen.
Man muss schon einiges hinblättern für das 15mm Distagon, bekommt aber ein sehr hochwertig verarbeitetes Objektiv mit drei Jahren Garantie in die Hände. Die Verpackung war Zeiss-typisch im weißen Karton mit Styroporpolsterung. Recht simpel. Finde ich persönlich ganz gut, denn so wichtig Verpackung und die damit verbundene Botschaft zwischenmenschlich sein kann, bei Produkten dieser Art schaue ich doch lieber auf das Produkt selbst.
Nimmt man das Distagon das erste Mal in die Hand, fühlt man sich direkt wohl. Kühles Metall, schweres Glas. Allerdings ist das Objektiv insgesamt leichter als es die Größe vermuten lässt. Auffällig ist die riesige, fest installierte Gegenlichtblende. Sie macht einen Großteil der wahrgenommenen Größe aus und schützt das Frontelement wirklich gut. Anders als bei den meisten Zeiss-Objektiven ist der Objektivdeckel nicht so ein merkwürdiges Plastikteil sondern eine aus Metall gefertigte Stülpblende. Man stülpt quasi den gesamten Deckel als Schutz außen über die Gegenlichtblende. Das haftet dann ganz gut an – saugend sozusagen. Ich finde das Prinzip sehr gut (beim Voigtländer ist das übrigens auch so…), allerdings muss man etwas Platz in der Tasche einplanen, denn der Deckel ist recht groß. Positiv fällt auf, dass man handelsübliche Einschraubfilter nutzen kann. Das Fontelement ist nicht so sehr gewölbt bzw tritt nicht zu sehr heraus. Nutzer eines Lee-Systems verzweifeln natürlich ob der Gegenlichtblende.
Das Zeiss Distagon 15mm f2.8 habe ich im Nikonanschluss getestet. In der Klassikversion – inzwischen gibt es auch eine Neuauflage mit noch besserer Beschichtung innerhalb der Milvus-Reihe. Welchen Vorsprung dieses vor dem Klassiker hat, muss man sehen. Der Blendenring sitzt in günstigem Abstand zum Gehäuse, so dass man die Blende gut direkt am Objektiv einstellen kann. Natürlich kann man die Blende auch per Rädchen an der Kamera steuern. Ich habe das Objektiv hauptsächlich an meiner Nikon Df getestet, zugegebenermaßen eher selten an der Fuji, denn da greife ich eher auf das hauseigene 14mm zurück, allein aus Gründen des Handlings. Das 14mm ist eines der besten Objektive von Fuji, das betone ich immer wieder gern. In Sachen Mikrokontrast hat das Zeiss allerdings die Nase vorn – was den Schärfeeindruck natürlich positiv beeinflusst. Aber auch an der Sony A7 musste es für ein paar Aufnahmen herhalten. Die 16Mp der Nikon bespielt es hervorragend, auch die 24Mp der Sony fordern das Zeiss noch nicht heraus. Wie es sich bspw an einer D800e oder Sony A7R schlägt, vermag ich nun nicht zu sagen. Es dürfte aber noch Reserven haben. Insgesamt ist da hauptsächlich das sorgfältige Arbeiten nötig.
Das Zeiss habe ich, wie immer, nicht technisch getestet. Soll heißen, ich habe nicht anhand aufgenommener Tabellen versucht, Unschärfen, Verzeichnungen und dergleichen zu finden. Stattdessen habe ich es einfach eingesetzt und beobachtet, was dabei so heraus kommt und wie man arbeiten muss um damit gute Ergebnisse zu bekommen. Es ist ein rectilineares Objektiv – optisch korrigiert um gerade Linien auch als solche darzustellen. Das funktioniert ganz prima, man muss nur aufpassen, dass man die Kamera entsprechend der Linien auch ausrichtet bzw per Wasserwaage korrekt einsetzt. Kippende Linien sind künstlerisch natürlich ok – für meine eigene Fotografie kippe ich die Linien entweder ganz oder gar nicht. So halb schräg durch die Kirche geknipst… ok. Kann man machen, aber dazu braucht man dann auch keine hochwertigen Objektive anschaffen. (Persönliche Meinung, jeder kann das halten wie er will.)
Wie die meisten Zeiss Objektive hat auch das Distagon 15mm f2.8 einen gewissen Charakter bei Offenblende. Es weist dann eine sichtbare Vignettierung auf, die allerdings bei f4 auch verschwunden ist. Dennoch ist es auch bei f2.8 „scharf bis in die Ecken“ – wenn die Objekte dann auch alle in der Schärfeebene liegen. 😉 Die Vignettierung setze ich ganz gern absichtlich ein, wer sie nicht mag, nutzt einfach zur Korrektur lens profiles bei lightroom oder dergleichen. Hier kommen wir auch ein bisschen zum Zeiss-typischen 3D-Pop: Auch das 15er Distagon spielt da gut mit. Beispielsweise das monochrome hochformatige Bild mit den Säulen ganz oben… Das kommt mir schon recht plastisch rüber, regelrecht mit Tiefe. Das Licht war gut in jenem Moment, aber mit diesem Objektiv hatte ich auch keinerlei Mühe, das gute Licht auch zu nutzen.
Das Bokeh ist ganz ansehnlich, natürlich etwas schwierig hervorzurufen – man muss halt schon sehr nah ans Objekt heran. Coma weist es nicht auf – eine gute Linse für die Astrofotografie, auch wenn die Blende „nur“ f2.8 ist. Der Transmissionswert scheint recht gut zu sein. Die Blendenskala ist gut und zutreffend, auch für europäische Augen gut ablesbar – Vorsicht! nicht falsch verstehen: Wer mit der Skala in „feet“ arbeiten möchte, hat vermutlich mit dem rot seine Probleme. Im Gegensatz zum Weiß für die metrischen Angaben ist das nicht wirklich gut abzulesen. Ein kleines Manko an der Klassikserie, wie ich finde.
Angenehm auch die Blendensterne und das Gegenlichtverhalten. Es gibt in der Klassikversion noch ein paar nette Flares, wie es dann bei der Milvus Version aussieht, bleibt abzuwarten. Flares nutze ich manchmal ganz gern um den Blick in die Tiefe des Bildes hinein zu lenken. Manchmal stören sie aber auch, wenn man ein eher technisches Bild machen möchte/muss. Insgesamt hielt sich das aber in Grenzen.
Das 15mm hat mich häufig begleitet. An manchen Tagen war es die einzige Linse, die ich mitnahm. Es ist ein ungewöhnlicher Blickwinkel, man kann wunderbar Entfernungen und Raumausdehnung suggerieren. Bildunwichtige Objekte in die Entferung rücken, aber dennoch scharf abbilden. Zumeist nutzte ich entweder die Offenblende, wenn ich in Innenräumen ohne Stativ unterwegs war oder aber gleich Blenden von f8 oder f11 um eine gute Durchzeichnung von vorn bis hinten zu erreichen. Vermutlich liegt eine Idealblende bei etwa f4 bis f5.6 – da hat man noch genügend Licht und zugleich genug Tiefe in der Schärfe. Hat man das Objektiv allerdings einfach nur dabei um es „mal“ zu verwenden, wird es auf Dauer sicher zu schwer und zu groß sein. Man muss das wirklich einplanen, denke ich. Ein Objektiv dieser Art kauft man sich auch nicht einfach so – für die gelegentliche Anwendung bei spiegellosen Systemen gibt es da natürlich Alternativen, die kleiner, leichter und günstiger in der Anschaffung sind. Wem es auf kompromisslose Qualität ankommt, der ist allerdings mit dem Zeiss Distagon 15mm f2.8 gut beraten. In dieser Hinsicht ist sicher eines der neueren Objektive von Zeiss auch interessant: Das 18mm f2.8 Milvus könnte ein ganz großer Wurf sein. Leider konnte ich das nur sehr kurz testen bislang, die Anfrage für einen längeren Test ist allerdings gestellt.
Durch den langen Zeitraum des Testes habe ich mich ganz gut an diese Brennweite gewöhnt und möchte das Distagon auch nicht mehr missen. Es ist wirklich eine Wohltat und erweitert das fotografische Portfolio enorm.
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Würdest du den Umstieg von einem älteren Zeiss 18 mm ZF zum 15 mm empfehlen ?
Hi Matthias, das „alte“ 18ZF ist auch eine Klasse für sich. Den Unterschied zwischen beiden Brennweiten bemerkt man schon deutlich, finde ich. Persönlich würde ich heute vermutlich auf das Milvus 18 umsteigen – ein supergeniales Glas!
Hallo ich habe den zeiss milvus 18 mm und es ist ein grosser wurf die linien sind korrigierter der 15er sollte gerade haben hoffe wird es irgendwann mit gerade linie geben mfg pelillo
Das Milvus 18 gefällt mir auch etwas besser als das 15er. Allerdings ist mir nicht ganz klar, wo du die ungeraden Linien findest. Das 15mm Distagon ist komplett rectilinear. 🙂