Wenn man wie ich viel mit einer Leica M fotografiert, dann ist man durch den Sucherrahmen meist auf Brennweiten im Bereich von 28-50mm festgelegt. Es gibt zwar auch 75mm und 90mm Rahmen, aber die sind dann schon hart an der Grenze des Sinnvollen. In die andere Richtung, also Richtung Weitwinkel, ist im Grunde schon bei 28mm Schluss. Für Brillenträger, je nach M Modell, schon auch mal bei 35mm. Für die neueren M Modelle, wie die M(Typ240) oder die M10 geht über das Display bzw. den Visoflexsucher natürlich alles, aber mal ehrlich: Ne M macht am meisten Spaß mit dem Messsucher! Trotz dieser Einschränkungen liebe ich es, mit weitwinkligen bis hin zu ultraweitwinkligen Objektiven zu fotografieren. Ja, auch an meiner M.
Ich bzw. wir hier bei Qimago sind bekennende Voigtländer Fans. Ich hatte bis vor kurzem das Voigtländer Super Wide-Heliar 15mm in der LTM Version. Das Objektiv ist eigentlich echt klasse. Schön klein und leicht. Es ist nur eher ungeeignet für digitale Kameras, da es, wie das ZEISS Distagon 15mm auch, am Italian Flag Syndrome leidet. Hier habe ich das mit Michael Hußmanns Hilfe versucht zu erläutern, um was es sich dabei handelt. Ich hatte also die Hoffnung, dass die aktuellste Version (Affiliate Link) von Voigtländer diesen Bildfehler nicht produziert, und bat daher Voigtländer bzw. die Ringfotogruppe, mir das Objektiv in der aktuellsten Version zuzusenden.
Das erste, was mir positiv auffiel, als ich das Objektiv auspackte und in den Händen hielt: Es ist nicht sehr viel größer als die LTM Version. Es ist nach wie vor sehr klein und kompakt. Besonders wenn man es zum Beispiel mit dem zugegeben lichtstärkeren Distagon 15mm von ZEISS vergleicht. Mit einem Filterdurchmesser von 58mm gehört es nicht zu den kleinsten M Gläsern im Durchmesser, aber es ist eben schön kurz. Auch wenn es also grundsätzlich möglich ist Filter zu benutzen, so kann man keine Filtersysteme wie LEE’s Filterhalter (Affiliate Link) oder ähnliches benutzen, da die Sonnenblende fest verbaut ist. Ich stehe fest verbauten Sonnenblenden immer mit etwas gemischten Gefühlen gegenüber. Auf der einen Seite bin ich ein Fan von Sonnenblenden, da ich sie vor allem zum Schutz des Frontglases nutze. UV-Filter und sonstiges mag ich gar nicht. Auf der anderen Seite sind diese ja meist eben an solchen Ultraweitwinkel-Objektiven, und gerade an diesen nutze ich hier und da schon ganz gerne Filter, aber eben am liebsten mein LEE Filter seven5 System. Jedes mal neue Filter kaufen, ist natürlich auch eine Möglichkeit – nicht!
Die Sucherblockage… nee, oder? Ich meine, wer mit diesem Glas über den Sucher der M fotografiert, der nimmt eh in Kauf, dass er ca. 40° an Bildwinkel nicht sieht. Das sind immerhin was um die ⅓ des gesamten Fotos. Ich denke, da ist die Frage nach der Sucherblockage eher eine akademische, oder?
Wie gewohnt bei Voigtländer fühlt sich das Objektiv wirklich sehr hochwertig verarbeitet an. Da wackelt und klappert nichts. Saubere ½ EV Blendenklicks von f4.5 bis f22. Die Dämpfung des Fokusrings ist mit perfekt nicht schlecht beschrieben.
An dieser Stelle mache ich mal einen Ausflug zu einem Punkt, der mich echt schon lange nervt an Voigtländer Objektiven, der aber nicht unwichtiger sein könnte: Die Objektivdeckel!
Die Rückdeckel bei Voigtländer, also ich rede nur von den aktuellen M-Mount Varianten, finde ich alle merkwürdig. Im Grunde kann man diese nur gut an Voigtländer Objektiven nutzen. Und dann wären da die Frontdeckel, bei denen man innen zwei Flügel zusammendrücken muss und sie dann aufs Objektiv friemeln muss. Ich treffe eigentlich nur mit viel Mühe gleich die richtige Position. Ich weiß, total unwichtig, aber es nervt mich, und hier wollte ich das einfach mal anbringen.
Die Bildqualität dieses Objektivs ist wirklich erstaunlich. Es macht richtig viel Spaß mit diesem Objektiv zu fotografieren. Architektur, Landschaft und auch Street geht damit dank fehlender Verzeichnungen wirklich sehr gut. Menschen sollten man natürlich nicht zu weit aus der Bildmitte positionieren. Der extreme Bildwinkel von ca. 110° sorgt schon für ordentlich Dramatik. Es ist offen schon sehr gut nutzbar und an der M ist die Schärfe in den Ecken auch ganz ordentlich ohne dabei allzu sehr zu vignettieren. Hier gebe ich aber auch zu bedenken, dass mir Vignettierungen selten etwas ausmachen. Im Gegenteil, ich füge diese sogar oft meinen Bildern hinzu. Smearing ist an der Leica M auch nicht zu entdecken. Wie bei sehr vielen Voigtländer Objektiven kann man bei direkter Lichtquelle im Bild sehr schöne Lichtsterne provozieren. Ein Effekt, den ich immer sehr an den Voigtländer Objektiven mag.
Was es für mich zu einer Freude gemacht hat, mit diesem Objektiv zu fotografieren, war, dass man sich über die Fokussierung im Grunde keine Gedanken machen muss. Schon offen, also bei Blende f4.5, ist das Glas im Bereich von zum Beispiel 0,8m bis 3/5m scharf. Das ist natürlich kein Alleinstellungsmerkmal des Voigtländers, eher eine optische Gesetzmäßigkeit, aber es ändert nichts an der Entspannung damit zu fotografieren.
Es gibt aber natürlich auch hier nicht das perfekte Objektiv. Der größte Mangel dieses Objektivs könnte natürlich die Lichtsstärke sein. Gerade bei schlechten Lichtverhältnissen in zum Beispiel Innenräumen oder bei der Astrofotografie wäre etwas mehr Lichtstärke schon ganz nett. Ansonsten sind Kameras wie die M10 ja vor allem im HighISO Bereich heute schon sehr gut, so dass man dieses Manko natürlich auch mit einer höheren ISO ausgleichen kann. Lichtstärker bedeutet natürlich auf der anderen Seite oft auch eine Einbuße auf der anderen Seite zum Beispiel bei Größe und Gewicht. 😉
Die optische Qualität, die qualitative Verarbeitung, die Größe und das Gewicht und nicht zuletzt der wirklich verhältnismäßig kleine Preis machen dieses Objektiv zu einem wirklichen No-Brainer für jeden Architektur- und Landschaftsfotografen. Ich finde dieses Objektiv aber wirklich klasse und kann es uneingeschränkt empfehlen. Klare Kaufempfehlung!
Leave a reply
Hallo Mehrdad,
ich hatte mir das Objektiv vor ein paar Jahren für meine Fuji X-E1 gekauft, um auch da einmal in den Genuss von etwas Weitwinkel zu kommen. Natürlich ist es durch den Cropsensor an der Fuji nicht ganz so extrem, aber das kam mir ganz entgegen. An der Fuji habe ich es wirklich gerne genutzt, und auch da macht es eine sehr gute Figur.
Jetzt an meiner Leica M9-P nutze ich es allerdings kaum noch, da die M9-P kein Liveview hat, aber auch weil mir da die 15mm schon etwas zu weit sind. Liegt vielleicht auch daran, dass die Landschaften, die ich normalerweise fotografiere, einfach nicht „weit“ genug sind ;-).
Nächstes Frühjahr kommt hoffentlich eine Leica SL ins Haus und im Sommer geht es dann in eine Landschaft, die vielleicht für 15mm taugt, und dann kommt es möglicherweise wieder mehr zum Einsatz.
Hergeben würde ich es aber auf keinen Fall mehr.
Viele Grüße,
Ralf