Ich gebe es zu: Manche Objektive begeistern mich mehr als andere. Das Voigtländer 35mm / 1:1,2 Nokton asphärisch VM III ist eines, das mich etwas mehr begeistert als andere dies tun.
(K)ein Vergleich
Vor kurzem und zeitlich gesehen zum Teil parallel hatte ich das 35mm f1.4 VM Nokton II S.C. zum Test hier. Ein paar Vergleiche zwischen diesem und der 1.2 Version konnte ich dann noch anstellen. Das 1.4er zeichnet, und das war vorher eigentlich klar, mit etwas mehr Glow an den Kanten, ein paar mehr Aberrationen, ein bisschen weniger scharf bei Offenblende. Das ergibt, wie ich finde, einen ganz eigenen Look, den ich auch sehr schätze. Das 1.4 ist dabei kein one-trick-pony, sondern ganz vielseitig einsetzbar.
Im Vergleich zeigt sich das 35mm / 1:1,2 Nokton allerdings nochmal ne Klasse „besser“. Das setze ich erstmal in Anführungszeichen, weil man hier letztlich auch in Sachen Geschmack unterwegs ist. Es ist schärfer bei Offenblende, hat gleich mehr Mikrokontrast und dadurch etwas mehr Plastizität in den Bildern, vignettiert etwas weniger, verzeichnet wiederum genau andersrum als das 1.4er und hat weniger „swirl“.
Handling
Das 35mm / 1:1,2 Nokton von Voigtländer ist für Leica M Verhältnisse kein kleines Glas. Ich mag so ganz kleine Objektive immer nicht so sehr. Da fummelt man zu viel dran rum, eh man alles gefunden hat. Ich habe manchmal die Befürchtung versehentlich aufs Frontelement zu tatschen. Wenn Blendenring und Fokusring deutlich fühlbar sind und das Objektiv mit der Hand gut zu finden, ist mir das lieber. Das 35mm / 1:1,2 Nokton ist da schon eher mein Fall. Es ist definitiv nicht zu klein, ragt ein wenig ins Sucherbild hinein an der Leica. Aber hey – dafür weiß man, wohin man zielt. 😉 Im Ernst, ich finde es recht stimmig so – allerdings ist es kein Leichtgewicht. Die Version II war noch größer und schwerer gewesen. Aktuell sind wir bei 50,5mm und rund 332gr.
Alles in allem hat man eine solide Konstruktion in Händen, die haptisch weit vorn mitspielt. Das Filtergewinde ist auch sauber geschnitten, ich konnte meine Filter schnell einsetzen, ohne dass sich da was verkantet hatte. Als Nutzer einer Leica Monochrom ist das für mich immer ein wichtiges Kriterium, wie gut und schnell ich meine Farbfilter einsetzen kann. Zudem nutzen viele bei solch lichtstarken Modellen auch ND-Filter um tagsüber schöne Freistelleffekte zu bekommen.
Performance des 35mm / 1:1,2 Nokton III
Kurz gesagt: Begeistert!
Die Begründung ist recht einfach. Das Objektiv ist erstaunlich gut optisch auf Aberrationen und Schärfe korrigiert. Man findet nur ganz wenig „coma“. Das Bokeh ist schön rund und sauber. Manchmal ergibt sich in der Unschärfe ein wenig swirl. Das wirkt immer etwas künstlerisch/zeichnerisch und ist nicht übertrieben, wie bei manch anderen Objektiven. Das bleibt alles im harmonischen Bereich.
Das 35mm / 1:1,2 Nokton verzeichnet etwas. Das macht sich bei Architekturaufnahmen bemerkbar, wenn man alle Korrekturen aus der raw Datei entfernt. Die Verzeichnung ist minimal kissenförmig, lässt sich allerdings sehr einfach korrigieren, wenn man es braucht. Für Fotos, die ohne starke gerade Querlinien auskommen, ist das kaum von Belang. Tatsächlich macht es bspw Portraits eher etwas ansehnlicher – mit einem 35mm geht man ja etwas näher ran, was durchaus zu einer recht prominenten Nase führen kann. Bei einer leicht kissenförmigen Verzeichnung tritt die Nase dann minimal weniger heraus… nur mal so als Beispiel.
In Sachen Verzeichnung erwarte ich bei der Kombination aus Kompaktheit und Lichtstärke wirklich keine Wunder und werde so in den meisten Fällen positiv überrascht. So auch in diesem Fall. Das 35mm / 1:1,2 Nokton ist in Sachen Abbildungsleistung ganz weit vorn.
Ein positiver Aspekt, der mich ganz besonders freut, weil ich M-Mount Objektive ja gern an andere Kameras adaptiere: Die Nahgrenze von 50cm ist super! Danke dafür! Mit den üblichen 70-80cm bei M-Mount kann ich oft nur wenig anfangen.
Fazit zum 35mm / 1:1,2 Nokton
Ich habe das Gefühl, mich nun langsam durch die Palette der Voigtländer Objektive vorzutasten. Für eine Weile hatte ich auch das 40mm / 1:1.2 Nokton zum Spielen, welches ich sehr sehr mag. Nun habe ich einen neuen Favoriten – das 35mm / 1:1,2 Nokton III. Ich möchte das Objektiv nicht übermäßig loben, die kleine Verzeichnung ist nicht wegzudiskutieren (zugleich muss man sehen, dass fast alle dieser kleinen Objektive verschiedener Firmen gern noch mehr verzeichnen). Gleichzeitig wüsste ich gerade nicht mehr, ob ich mir das 35mm / 1:2 Ultron oder eben das 35mm / 1:1,2 Nokton III holen würde. Die Lichtstärke ist dabei für mich gar nicht so ausschlaggebend.
Das Gesamtpaket des 35mm / 1:1,2 Nokton III ist einfach sehr lohnenswert und es harmonierte nicht nur mit der Monochrom, sondern auch mit anderen Kameras, die hier gerade zum Testen sind: Leica SL2, Leica M8.2, Nikon Z7, Nikon Z50. Auf jeder dieser Kameras lieferte das 35mm / 1:1,2 Nokton III tadellos ab. Und das ist ein Kriterium, das man nicht außer acht lassen sollte: Lieber in ein gutes Glas investieren und es zum nächsten Body mitnehmen, als zu viel Geld in Kamerabodies stecken. Das „Voigtländer 35mm / 1:1,2 Nokton asphärisch VM III“, um nochmal den gesamten Namen zu bemühen, ist eines, das man mitnimmt von System zu System. Ich denke, es hat das Zeug zum Klassiker.
Klickt euch durch die Galerie!
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Moin,
vielen Dank für den schönen Bericht – klasse Aufnahmen!
Ich habe einige Voigtländer-Optiken und bin von denen regelrecht begeistert.
Ich wusste gar nicht, das es vom 1.2/35mm inzwischen eine Version III. gibt.Ich habe immer noch die IIer Version und bin mit der auch dahingehend zufrieden, dass das Objektiv ebenso an der Sony A7R III eine gute Figur macht.
Allerdings hat das Schätzchen gefühlt das Gewicht einer Handgranate.
Das neue Modell ist offensichtlich kleiner geraten – aber: Wie schlägt es sich optisch gegenüber dem Vorgänger?
Das wäre ggf. ein schönes Update …
Viele Grüße aus dem Emsland,
Werner