Im letzten Jahr habe ich mir nach einigem hin und her eine Leica T gegönnt. Teilweise tauchen recht günstig gebrauchte Modelle auf – insbesondere die erste Version. Eine solche T wurde es dann auch mit etwas Zubehör. Ich adaptiere da immer nur Fremdobjektive und dadurch wurde diese Kamera überhaupt nutzbar für mich. Denn während die Leica T gebraucht sehr günstig ist, behalten die dazu gehörigen Objektive doch recht gut ihren Wert…
Dank einer Leihgabe von FOTO-GÖRLITZ konnte ich nach über einem halben Jahr mit der Leica T endlich mal ein originäres TL-Mount (heute nur noch L-Mount) für das APSC- Format ausprobieren: das 23mm f2 Summicron-TL. Ich freu mich, dass das geklappt hat, denn so konnte ich meine Leica T noch einmal ganz neu kennenlernen. Und das hatte Höhen und Tiefen.
Haptik und Verarbeitung
Das 23 f2 Summicron-TL kommt sehr gut verarbeitet daher – da kann man nicht meckern. Falls da jemand die Nase rümpfen möchte, weil das vielleicht „nur APSC“ ist oder „kein echtes Leica Glas, weil nicht M“, soll das tun, das ändert an der Qualität ja gottseidank nichts.
Ich hatte ein gebrauchtes Exemplar in Händen, das allerdings nichts zu wünschen übrig lässt. Es ist neuwertig und daher konnte ich quasi gleich sehen, wie gut sich beispielsweise Farbbeschichtungen erhalten oder ob der Fokusring irgendwann mal Spiel entwickelt. Hier bin ich ganz positiv überrascht. Da wackelt und spielt gar nichts. Das Objektiv rastet sauber und perfekt ein. Die Farbbeschichtung wirkt recht haltbar und wird sicher mit der Zeit in Richtung „Patina“ abwandern. Beschriftung ist nicht wirklich drauf, eine Skala für manuellen Fokus kann man sich dank focus-by-wire eh sparen.
Das Objektiv ist angenehm leicht und nicht zu groß. Die Leica T ist damit prima ausbalanciert. Wenn man dann noch die optionale Gegenlichtblende aufsetzt, wirkt das Objektiv zwar doppelt so groß, gewinnt ja aber kaum an Gewicht. Es ist ein echtes Immerdrauf. Dank APSC-Sensor kommt man ja auf einen Bildwinkel, den man so von der klassischen Reportagebrennweite von 35mm an Kleinbildformat kennt. Das ist ja unter anderem das Erfolgsrezept der Leica X/X1/X2/X-E, der Fuji X100-Reihe und auch solchen Geräten wie der Sony RX1 in ihren Iterationen. Hier hat man nun ein Wechselobjektiv.
Handling
Eine Schnellschusskanone ist es nicht gerade. Das liegt aber hauptsächlich an der Kamera. Prinzipiell funktioniert das 23mm f2 Summicron-TL recht leise und fix. Man kann es mit der X100 Serie von Fuji vergleichen. Die T liegt etwa auf X100s Niveau.
Mit einer aktuellen Leica CL kann man da sicher mehr rausholen, mit der T fand ich die Performance eher etwas lahm. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich vorher fast ausschließlich mit adaptierten Objektiven mit M-Anschluss auf der Leica T gespielt habe. Da ich einen sehr guten Adapter besitze, funktionieren sogar die per Skala auf den Objektiven angegebenen Zonen prima. Ich hatte dadurch im Fokussieren nie Probleme; dafür mit der Belichtungsmessung, aber das ist Thema „T“. Es ist mit adaptierten Objektiven fast egal, welche Belichtungskorrektur eingestellt wird oder welche Auto-ISO-Einstellungen vorliegen – die T macht, was sie will. Bspw stellt man als Automatikwert 1/60sek ein… und oft auch bei schlechtem Licht gibt die Kamera dann Mondwerte vor: 1/100 sek und berechnet f2.8 (zeigt das sogar an), völlig unabhängig vom Objektiv. Crazy stuff!
Ich hatte gedacht, dass ich durch ein originäres T-Objektiv zumindest ein paar dieser Probleme würde lösen können. Tatsächlich! Dafür kamen allerdings neue…
Das Zusammenspiel zwischen Kamera und 23mm-Objektiv funktioniert perfekt. Die Kamera hält sich endlich mal an die vorgegebenen Auto-ISO-Einstellungen (das kann sie nämlich mit adaptierem Glas nicht, s.o.). Der Fokus allerdings pumpt. Bei schlechtem Licht sowieso – das ist dem Kontrast-Autofokus geschuldet, da kann das Objektiv nichts dafür. Bei gutem Licht greift der Fokus präzise, aber halt recht langsam. Was mir auffällt: Das 23 f2 Summicron-TL hat eine recht „weite“ Nahgrenze. Unter 50cm sollte man nichts versuchen, was manchmal ganz schön nervt. Leica gibt zwar 30cm als Nahgrenze an, tatsächlich hat sich per Autofokus nicht ein einziges Foto unter 50cm ergeben. Der Fokus pumpt und pumpt und … und dann macht man das Bild halt anders. Ich habe dann auf manuell geschaltet und schnell am Rad gedreht. Fetzt aber mit dem Display der T nicht wirklich. Also habe ich eher auf das Bild verzichtet.
Tatsächlich passiert allerdings auch beim 23mm Summicron-TL etwas, das die Leica-Fangemeinde bei einer anderen Leica mit einem anderen Objektiv schon schimpfen ließ, mich aber überhaupt nicht juckt: Unter 1m Abstand zum Objekt blendet die Kamera/das Objektiv ab, wenn man Offenblende eingestellt hat – aber witzigerweise auch nicht immer. Bei der Leica X führte das zu großem Ärger, hier wird es kaum besprochen. Von f2 ging die Kamera automatisch auf f2.2, einmal auf f2.8 – also kaum ein Unterschied. Dafür wird die Schärfe im Nahbereich etwas besser erhalten. Eine gute Sache, wie ich finde. Konsistenz konnte ich nicht wirklich feststellen. Leica überrascht. ?
Was uns zur Bildqualität bringt.
Man bekommt wundervolle, etwas cremige Bilder hin bei Offenblende, die allerdings auf dem Punkt, wo man es möchte, knackscharf sind. Die Farben sind immer etwas kühl, man hat ein super Blauspektrum. Das liefert höchst angenehme Bilder (und auch Selfies, wenn man mal den Arm so richtig lang macht… ? ). Der Umgang mit Lichtern ist ganz weich. Mikrokontrast gibt es aber auch, so dass ein wenig 3D-Pop entsteht.
Insgesamt ein „echtes“ Leica-Objektiv irgendwie. Ich denke, auf einer Leica CL mit 24 Megapixeln und einem besseren Autofokus, hat man auch recht viel Potential zum Bilder ausschneiden, die Pixelschärfe kann man aus dem Objektiv jedenfalls herauskitzeln. Tatsächlich übertrifft das phänomenale Zoom der Leica X Vario das 23er Summicron-TL in Sachen Schärfe schon. Dafür muss man beim Zoom auf die Lichtstärke komplett verzichten.
Negativ fiel mir aber die Verzeichnung auf beim 23mm Summicron-TL. Capture One beinhaltet dankenswerterweise ein „lens profile“ für das 23mm, allerdings sind damit noch nicht alle Fehler behoben. Linien sind oft gewölbt. Mich stört das im Alltag nicht unbedingt und wer oft Menschen fotografiert, kann gerade dadurch auch Bilder machen, die fürs Auge angenehm sind – nicht zu korrigiert. Wer aber mal ein bisschen Architektur aufnimmt… oh je. Ich habe es für ein persönliches Projekt mit Plattenbau zu tun – da sind die Linien normalerweise sehr sehr gerade… Nur eben mit dem 23mm Summicron-TL nicht. ?
Fazit
Die Kamera lieferte noch „bessere“ Bilder als mit bewährten Fremdobjektiven ab. Die Belichtung stimmt auf den Punkt und die Auto-ISO-Einstellungen werden tatsächlich mal beachtet. Man gewinnt ziemlich viel dazu, wenn man das 23mm Summicron-TL auf seine Leica T setzt. Allerdings schnelle Fotos… eher nicht – tatsächlich hatte ich in der letzten Zeit mit dem 21mm f3.5 Voigtländer deutlich mehr Spaß an der Leica T als mit dem 23mm Summicron-TL.
Da das Display der Leica T für offenblendiges manuelles Scharfstellen eher zu schrottig ist, sind für sowas originäre AF-Objektive schon angesagt. Da bildet das 23mm f2 Summicron-TL keine Ausnahme. Es ist gut, kaufen werde ich es mir allerdings erstmal nicht, auch wenn ich das Glück hatte, bei FOTO-GÖRLITZ ein wirklich perfektes Exemplar zu finden.
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