Hurra…….ich bin geheilt !
GAS, wer kennt sie nicht. GAS, das ist eine ziemlich fiese Krankheit, welche vor allem Fotografinnen und Fotografen befällt. Man erkrankt erst ganz unbewusst daran und wenn man es merkt, ist es meist schon zu spät. Die Krankheit äußert sich dadurch, dass der Fotograf (ich benutze im folgenden die maskuline Form, da es mich auch getroffen hat und ich also auch aus eigener Erfahrung schreibe) kaum noch zur Kamera greifen kann, nur noch selten das Haus verlässt (es sei denn er muss kurz raus zum DHL oder Hermes Boten), resultierend daraus – auch im Sommer – unter einer gewissen Blässe leidet (ausgelöst durch stark gestiegenem PC-Konsum) und teilweise unter starken Stimmungsschwankungen leidet, die zwischen Vorfreude und Ernüchterung hin und her pendeln.
Forscher, Mediziner und Leidensgenossen bezeichnen diese Krankheit, GAS, als das sogenannte „Gear Acquisition Syndrome“, frei übersetzt, das „Ausrüstungs-Anhäufungs-Syndrom“. Es ist der Drang eines Fotografen, immer neuere und bessere Technik haben zu wollen, um so ein Plus an Technik und Qualität zu haben oder sich einfach mal wieder ein neues Spielzeug zuzulegen. Schnell kann dieser Drang allerdings das normale rationale Maß übersteigen. Dann beschäftigt man sich nur noch damit und es kommt zu den oben beschriebenen Symptomen.
Woher kommt das? Man hat das Gefühl, dass das Fotografieren mit der aktuellen Technik, die einem zur Verfügung steht, einem ein Limit in seiner Arbeit auferlegt, man sich mit „anderer oder besserer“ Technik mehr entfalten könnte und so zu besseren Ergebnissen kommen würde. Also ändert man das was leicht zu ändern ist, schafft Sachen ab, legt sich Neues zu, doch schnell ist man gefühlt an demselben Punkt. Ein verdammter Teufelskreis.
Die Fotoindustrie tut da ihr Übriges dazu, wie ich finde. Wenn man den Markt ein wenig verfolgt, gibt es ja eigentlich keine Woche, in der nicht irgendein neues Kameramodell erscheint, ein neues „Must-Have-Equipment“ auf den Markt kommt, ohne dessen Besitz man sein Hobby eigentlich an den Nagel hängen kann, denn vernünftige Bilder sind ab sofort nicht mehr möglich.
Ich selbst habe in den letzten Jahren auch nahezu alle Kamerasysteme gehabt und ausprobiert und im Nachhinein muss ich sagen, mit allen Kameras habe ich gute Bilder gemacht. Gut immer im Sinne von dem Wissen über die Fotografie und allem was dazu gehört, welches ich zu dem Zeitpunkt hatte.Was habe ich in den vergangenen Jahren nicht alles gekauft und verkauft. Selbst Mehrdad kann mittlerweile ein Lied davon singen. Immer wenn ich bei Ebay Kleinanzeigen wieder etwas verkaufe, bimmelt sein Handy und ich habe das Gefühl, ich habe ihn manchmal echt um seinen Schlaf gebracht.
Über die letzten Jahre bin ich über die beschriebenen Um- und Irrwege zu Leica gekommen und bin mit meinen heutigen Kameras, einer Leica Q und einer Leica M angekommen. Zugegeben, ich bin damit auch fast am oberen finanziellen Ende angekommen, aber angekommen. Das Suchen hat gefühlt ein Ende und das tut gut. Vor allem mit der Leica M erlebe ich eine andere Art des Fotografierens. Ich habe mich voll auf sie eingelassen. Der Hamburger Fotograf Patrick Ludolph hat das in seinem Blogbeitrag auf www.neunzehn72.de ganz treffend beschrieben und seine Erfahrungen mit dieser Kamera absolut treffend beschrieben. Hier nachzulesen, wer mag.
Ich habe mich mittlerweile von allem anderen Equipment verabschiedet und es ohne Tränen verkauft und es geht mir gut. Das Reduzieren auf das Wesentliche und diese minimalistische Art der Fotografie hat mich voll gepackt und in seinen Bann gezogen. Es macht einen riesen Spass, endlich wieder jeden Tag die Kamera dabei zu haben, zu fotografieren und die Ergebnisse zu verarbeiten, zu teilen und in Zukunft eventuell auch mal auszustellen. Das ist es was mich an der Fotografie immer schon begeistert hat und dessen bin ich mir jetzt voll bewusst.
„Das viele gesparte Geld sollte man statt dessen lieber in das stecken, was vor der Kamera ist, nicht in die Kamera selbst“, ebenfalls ein Zitat dessen Urheber mir gerade nicht einfällt. Ich besuche seitdem viel lieber eine fotografische Ausstellung, lasse mich von tollen Fotobüchern inspirieren oder mache die ein oder andere Kurzreise zu fotografisch interessanten Zielen.
Ich habe vor kurzem mit meiner Leica M10 hier zuhause um die Ecke an der Spree einige herbstliche Bilder gemacht. Ich finde, die Serie spiegelt ein bißchen den „Mood“ wider, in dem man sich manchmal in seiner Gedankenwelt befindet.
So, und jetzt muss ich auch schon los und raus………das Licht sieht gut aus.
Leave a reply
Vielen dank für diesen Artikel, er spricht mir aus der Seele. Die Parallelen kommen immer wieder. Fotografiere seit >20 Jahren mit Leica. Und – weil GAS – zwischendurch mit Nikon fremdgegangen. Aber der Liebe kannst du dich nicht entziehen und so bin ich – nach dem Verkauf aller Nikondinger (D4,…) wieder bei der M (M10) gelandet. Mache wesentlich weniger Bilder, muss am Ende weniger aussortieren, GAS gibt es – wie du sagst immer – aber das schöne (ob das der richtige Ausdruck ist) ist, die Dinger werden sooo teuer – wer will nicht mal mit 0.95 fotografieren – GAS eben, wenn man 1.4 schon hat.
Aber noch 2 Monate, dann kommt Weihnachten…
Gruß aus Nürnberg
Ich bin – und das kann Mehrdad sicher gut bezeugen – dem GAS extrem verfallen. Aber es besteht durchaus Hoffnung – mit einem kleinen Rückfall zur Nikon Z7 vor kurzem.
Aber grundsätzlich werde ich jetzt wieder mit Leica Q und M „bewaffnet“ wieder mehr Bilder machen und Spaß am Fotografieren haben. Die M habe ich gerne in der Hand. Die M ist unauffällig. Die M ist gefällig. Die M macht (und sei es nur komplett eingebildet) einfach gute Bilder. Die M ist „purer“ Fotografieren. Die M ist schweineteuer. Die M ist einfach die M.
Doof nur, dass ich aus Anflug von „ich lasse das Geld doch lieber auf dem Konto“ meine M und das 50er APO im September erstmal verkauft habe. Nun kehre ich reumütig zurück. Mal sehen, wie lange diesmal… 😉 😀
Hallo Christian toller Gastbeitrag. Die Q und die M10 ergänzen sich perfekt untereinander und sehen noch super aus. Bin mit beiden Systemen selber super zufrieden und kann deine Beigeisterung gut nachvollziehen. Jedem das seine, hauptsache es macht Spass.