Mehrdad bat mich vor kurzem, einen Beitrag für Qimago zu verfassen. Da wir beide viel reisen, kam mir die Idee, einen Beitrag über Vorbereitung, Technik und Apps speziell für reisende Fotografen zu schreiben. Dies mag natürlich eine sehr subjektive Meinung sein – allerdings hat sie sich für mich bewährt.
Aber erstmal ein paar Infos zu mir und meiner Arbeit: Ich bin Umberto Federico – Fotograf und Flugbegleiter aus München. Wer mag (und in der Hoffnung das diese schamlose Schleichwerbung nicht zensiert wird ;-)) darf sich gerne meine Arbeiten unter www.umbertofederico.de ansehen.
Mein Hauptfokus in der Fotografie liegt auf der Porträt- und Reisefotografie. Durch meine fast 12-jährige Tätigkeit als Flugbegleiter und meine diversen privaten Reisen, hat sich über die Zeit ein gewisser Erfahrungsschatz angesammelt. Ich reise auf zwei unterschiedliche Arten:
1. Beruflich
Ich darf natürlich nicht unbegrenzt Gepäck mitschleppen und muss mich somit einschränken, was die Fotoausrüstung angeht. Zudem muss alles an Ausrüstung IM Koffer oder Handgepäck Platz finden, da es Vorschriften zum Erscheinungsbild gibt, wenn ich in Uniform unterwegs bin.
2. Privat
Hier muss es praktisch sein und so klein und leicht wie möglich, da ich hauptsächlich mit dem Rucksack unterwegs bin – also noch weniger Platz wie auf beruflichen Reisen. Auch bin ich privat meist mehrere Wochen unterwegs – dies gilt es später bei der Vorbereitung zu beachten.Zuhause im Studio oder bei Kundenterminen gibt es so gut wie keine Einschränkungen, was die Ausrüstung angeht. Ich fahren ein Auto – einen Smart – und alles findet wunderbar im (wenn auch kleinen) Kofferraum platz – vom Blitzstativ bis hin zu mobilem Hintergrund und Kamera-/Lichttechnik. Wenn man allerdings 5 Wochen mit einem 60l Rucksack unterwegs ist, sieht das etwas anders aus. Also fangen wir mal mit der Vorbereitung an…
Jede Reise ist individuell und somit auch die Anforderungen an die Kameraausrüstung. Ich frage mich, was ich auf der Reise alles sehen möchte, in welche Situationen kommen, was für Aktivitäten planen. Bei mir ist es dummerweise immer der bunte Mix: von Landschafts- und Panoramaaufnahmen auf Wanderungen oder Bergbesteigungen bis hin zu Porträtsessions oder Street-Fotografien und Videoaufnahmen ist alles mit dabei. Demzufolge habe ich folgende Ausrüstung IMMER mit dabei:
- Kamerabody (Nikon D810)
- Kabelauslöser/Funkauslöser
- Kameragurt Peak Design
- Kompaktkamera Nikon AW120 (wasserdicht und schlagresistent)
- Super-Weitwinkel Samyang 14mm f2.8
- Porträtobjektiv Nikkor 85mm f1.8
- Standardobjektiv Nikkor 50mm f1.8
- Reisestativ aus Kohlefaser
- Ersatzakkus für beide Kameras
- Ladegeräte
- Speicherkarten ohne Ende
- Externe 2.5″ Festplatte für Backups
Ich bin kein Fan davon, sofort als Fotograf oder Tourist aufzufallen – deswegen ist auch immer eine relativ abgeranzte Schultertasche als Tarnung mit dabei, in der ich die vor Ort gerade benötigte Technik mitnehme. Es gibt meiner Ansicht nach nichts dümmeres, als in Südamerika mit einem Kamerarucksack mit fettem Nikon-Aufdruck herumzulaufen und so eine einfache Zielscheibe für Taschendiebe oder sonstige dunkle Gestalten abzugeben.
Damit wären wir auch schon beim Stichpunkt Sicherheit: Informiert euch immer vorher, was euch im Land erwartet! Generell kann gesagt werden, das man so unauffällig wie möglich bleiben sollte – egal wo man ist. In Amerika oder Asien mag das nicht so zum Tragen kommen wie in Afrika oder Südamerika – trotzdem ist Vorsicht geboten. Für den Fall das doch mal was schiefgehen sollte, bietet sich eine Kameraversicherung an. Zwar ist dann die Kamera erstmal weg und der Urlaub bleibt relativ undokumentiert – aber dennoch bekommt ihr alles ersetzt. Hier bietet sich auch die Praxis an, sämtliche Aufnahmen regelmäßig auf die Festplatte zu speichern, um eine zweite Kopie zu haben. Dies kann man in der Regel in jedem Internetcafé oder im Businesscenter vom Hotel machen, falls es sowas gibt. Auch der ständige Wechsel von Speicherkarten kann euch davor schützen, mit nichts dazustehen wenn die Kamera geklaut wird. Ich habe zwei Urlaube in Peru, einen langen in Guatemala und diverse Aufenthalte in Mexico Stadt und Kapstadt schadlos überstanden – es ist also kein Problem. Falls Ihr dennoch Fragen zu einer guten Versicherung habt, hinterlasst einfach einen Kommentar und ich geb Euch weitere Infos dazu.
Zur Technik möchte ich nur grundsätzliches sagen. Ich liebe meine D810 auch wenn es eine große und relativ schwere Kamera für Reisen ist. Sicher gibt es da bessere Alternativen (Mehrdad kann da sicher mehr zu sagen) – aber ich arbeite mit dem was ich habe und bin bisher gut damit gefahren. Was Objektive angeht, kenne ich die Vor- und Nachteile von Zoom-Objektiven und Festbrennweiten und möchte hier nicht näher drauf eingehen. Ich bin der Meinung, das man mit jedem Glas tolle Bilder machen kann. Jeder muss einfach für sich entscheiden, was er erreichen möchte und womit er das hinbekommt. Ich habe schon mit einem 50mm Objektiv eindrucksvolle Panoramas erstellt – es muss also nicht zwangsläufig das Weitwinkelobjektiv sein. Zwei bis drei Brennweiten sollten in der Regel reichen – oder eben ein lichtstarkes Zoomobjektiv. Ich besitze für meine Vollformatkamera (noch) keines, also kommen die oben genannten mit.
Bei Stativen bin ich kleiner und leichter geworden. Ursprünglich ist mein Giotto Alustativ überall hin mitgeflogen – allerdings ist es (so toll und stabil es auch ist) auf Reisen ein schweres und unhandliches Stativ. Im vorletzten Jahr bin ich in Korea über das Horusbend CX-2531T Traveler Carbon Stativ gestolpert und habe es sofort gekauft. Es ist zusammengeklappt winzig (ca. 34cm lang), trägt bis zu 8kg und wiegt inkl. Sirui K-30X Kugelkopf 1.3kg.
Filter nutze ich selten seitdem ich die D810 habe – aber davor nahm ich immer einen Pol-Filter und einen 3 oder 10 Stop ND Filter mit für Langzeitbelichtungen am Tag.
Eine Taschen- oder Stirnlampe sollte man immer mitnehmen – nicht nur weil es auf Reisen generell Sinn macht, sondern auch um die nächtlichen Shootingsession im Freien heil zu überstehen bzw. Einstellungen an der Kamera vornehmen zu können.
Apps
Ein wichtiges Utensil auf meinen Reisen ist definitiv mein iPhone. Abgesehen von Schnappschüssen die ich damit mache, hilft es ungemein beim Finden von Locations, bei der Orientierung, Übersetzen von Dingen und einholen von Informationen, die wichtig sind für die Fotografie. Hier mal eine kleine Liste von Apps, die ich regelmäßig auf Reisen nutze:
Lightroom Mobile benutze ich seit neustem, um die mit meinem Handy geschossenen Raw-Dateien zu bearbeiten und zu exportieren. Zudem kann man vom PC synchronisierte „Collections“ unterwegs bearbeiten und nachdem man zurück ist, alle Änderungen mit dem PC synchronisieren.
Google Maps nutze ich um mich zu orientieren, gute Locations zu finden und zu speichern, mir das Gelände von oben anzusehen und als Richtungsweiser wenn ich mal nicht weiß, wo ich bin und in welche Himmelsrichtung ich mit meiner Kamera blicke.
Photo Pills ist eine Rundum-Sorglos-App – mit ihr kann man Landschafts-Shoots planen, sehen wo Sonne und Mond zu spezifischen Zeiten stehen, mit Augmented Reality Himmelskörper sehen, Sonnenauf- und -untergangszeiten erfahren sowie Hyperfokaldistanzen sowie Tiefenschärfen uvm. berechnen. Sie ist nicht ganz kostenlos, lohnt sich aber in jedem Fall.
Rizon zeigt einem über ein einfaches Interface Sonnenaufgangszeit und -dauer, goldene Stunde/Dämmerungszeit und -dauer sowie Sonnenuntergangszeit und -dauer. Dies funktioniert für den aktuellen Standort oder einen beliebigen Ort.
Mit Snapseed bearbeite ich meine mit dem Handy aufgenommenen Bilder. Snapseed macht vor allem dann Sinn, wenn man selektive Anpassungen machen möchte.
VSCO ist eine tolle App mit schönen Voreinstellungen und Filtern, die aber nach Bedarf angepasst werden können. Hier mag ich den Look sehr, den man mit der App bekommt.
Ihr seht – das Thema Reisefotografie ist spannend und man könnte sicher noch seitenweise mehr dazu schreiben. Wichtig ist letztendlich, das Ihr Spaß an der Sache habt und mit den Euch zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste rausholt. Wenn ich nur eine Festbrennweite habe, bewege ich mich einfach mehr und gehe näher an mein Motiv ran. Wenn ich kein Stativ dabei habe, suche ich mir einfach irgendeinen Stein oder Ablageort, auf dem ich die Kamera positioniert bekomme. Wenn ich keinen Kabelauslöser dabei habe, nutze ich die Timer-Funktion meiner Kamera um Vibrationen zu vermeiden.
Achtet darauf, das euer Equipment sauber bleibt wenn ihr am Strand oder auf Vulkanen shootet (hat mich die Erfahrung gelehrt). Tragt eure Kamera nicht unbedingt offen mit euch rum um niemanden in Versuchung zu bringen. Gebt empfindliches Equipment nicht als Gepäck auf sondern nehmt es im Flieger immer als Handgepäck mit. Nehmt genügend Speicherkarten mit und vergesst nicht die Ersatzakkus. Man weiß nie, wann man an die nächste Steckdose kommt. Auch ein landesspezifischer Stromadapter darf nicht fehlen. Denkt an Insektenschutz wenn Ihr im Urwald unterwegs seid und auch ein Regenschutz ist sinnvoll, wenn Ihr wie ich bei Wind und Wetter shooten wollt.
Wenn Ihr das alles beherzigt, sollte den nächsten tollen Reisebildern nichts mehr im Wege stehen…vorausgesetzt man ist nicht zu faul und verbringt den ganzen Tag am Pool. 😉
Euer Umberto
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