Fujifilm GFX 50R – ein review
Das kleine digitale Mittelformat hat seit ein paar Wochen Einzug gehalten bei Qimago. Diesmal ist die Fujifilm GFX 50R bei uns im Blick. Leica S2 und Hasselblad X1D hatten wir uns schon angesehen in den letzten Wochen und Monaten. Diesmal also eine Fuji…
An dieser Stelle gilt unser Dank FOTO-GÖRLITZ, der uns die Kamera mit zwei Objektiven für den Test zur Verfügung gestellt hat.
Technische Daten der Fujifilm GFX 50R
Wer im Kamerasektor nicht ganz weit draußen im Wald wohnt, hat bereits von der Fujifilm GFX 50R gehört. Es handelt sich um das sogenannte digitale Mittelformat in kompakter Bauweise im Rangefinderdesign. Achtung: Sie hat natürlich keinen Messsucher, sondern ungefähr die Form einer solchen Kamera. Der Sensor hat rund 44x33mm Ausmaße, was bedeutet, dass man nun endlich wieder das standardisierte 3:2 Kleinbildseitenverhältnis verlässt und zum 4:3 „zurück“ kehrt. Eine effektive Auflösung von 51,4 Megapixeln stehen maximal zur Verfügung. Das ist nicht wenig, wird aber beispielsweise im eigenen Haus schon von der GFX100 getoppt. Natürlich kann Fuji da nicht den X-Mount nutzen, der wäre zu klein. Man hat hier den sogenannten G-Mount mit GF Objektiven. Zum einfachen Ansetzen der Objektive an das G-Bajonett verfügen sowohl Objektiv als auch Kamera über G-Punkte, die man übereinbringen muss. Ein Schelm schreibt hier gleich mit.
Die Fujifilm GFX 50R wird von Fuji so stark gepusht, dass die firmeneigene Website zwar die Menüs auf Deutsch übersetzt, den Produkttext allerdings in Englischer Sprache belässt. Hoppla. (Es geht um die Website, nicht um die Menüs in der Kamera. Letztere sind top!)
Haptik und Handling
Wer unseren Blog verfolgt, weiß, dass ich eher ein Fan der Hasselblad X1D war/bin, wenn es um digitales Mittelformat geht. Die Fuji GFX Reihe gibt es nun auch schon eine ganze Weile am Markt und da ich seit 2012 mit der Fuji X Reihe arbeite, war ich natürlich sehr gespannt, wie sich eine GFX 50R im Vergleich anstellen wird.
R steht in diesem Fall für „Rangefinder“, denn in dieser Art Design kommt die Fuji daher. Menüführung und Buttonlayout kommt einem aus der X-Pro Reihe von Fujifilm her bekannt vor. Das Display kann etwas geklappt, jedoch nicht gedreht werden. Keine besondere Einschränkung für mich, den Boliden würde ich ohnehin nicht so sehr für Selfies oder Vlogging nutzen wollen. Immerhin kann man Blümchen in der Hocke ganz angenehm fotografieren ohne sich zu verrenken – oder gar über Menschenmengen hinweg den Papst oder Heidi Klum bei einem öffentlichen Auftritt ablichten. Sicher alles spannende Einsatzgebiete vom digitalen Mittelformat! Aber Spaß mal am Rande stehen gelassen: Natürlich ist ein Klappdisplay ne feine Sache bei Stativarbeit. Bei Leica S2 und X1D von Hasselblad gibt es sowas nicht – womit ich auch gut klarkam. Der EVF der Fuji GFX 50R ist gut. Nicht Leica SL2 gut, aber wirklich gut. Klare Darstellung der Farben und Formen. Die Belichtungsvorschau ist auch recht zuverlässig. Finde ich gut.
In der Haptik erinnert mich die GFX 50R eher an die X-E Reihe von Fuji. Die Knöpfe könnten etwas definierter im Druckpunkt sein. Immerhin hat das Zeitenrad eine Sperre bekommen, so dass man es nicht versehentlich verstellt. Es sei denn, man lässt, so wie ich, versehentlich die Sperre draußen, so dass man es doch wieder versehentlich verstellen kann… Aber das ist ein klassischer Nutzerfehler, den man nicht der Kamera anlasten sollte.
Rings um den Auslöser gibt es das Einstellrad für den Zeigefinger – eine Platzierung, die ich speziell aus der Canon EOS M Reihe kenne und dort schon nicht ganz gut fand. Den Auslöser mag ich persönlich frei von allem anderen. Ein-Aus-Schalter ist da für mich das Höchste der Zulässigkeit. Schließlich führte das bei der Fujifilm hier nun zu einer Ignoranz meinerseits diesem Rädchen gegenüber. Armes Ding!
Letztlich ist das User Interface der GFX 50R kein schlechtes. Ich mag ein paar Detaillösungen nicht sehr, über die sich andere vermutlich eher freuen. Beispielsweise wurden gleich zwei Knöpfe in den Kamm der Daumenauflage integriert… Während des Fotografierens ok. Während des Kamera in der Hand Haltens allerdings komme ich ständig an diese Knöpfe und verstelle etwas. Das finde ich nicht ganz so toll. Das Kameragehäuse ist ziemlich groß geraten – mit anderen Worten viel Platz fürs button layout. Das hätte ich mir etwas anders gewünscht.
In der Haptik, wie gesagt, ist die GFX 50R eher in der X-E Reihe angesiedelt. Das ist jetzt nicht schlecht, aber für einen Body dieser Preisklasse auch „eher mittel“. Dafür liegen die Anschlüsse für Mikrofon, USB, Mikro-HDMI etc, alle an sehr durchdachten Stellen. Ton links, Bild rechts, Strom unten. Erstmal gut. Leider kann man beim USB-Laden die Kamera dadurch nicht hinstellen… Aber einen Tod muss man sterben. Dafür kann man die Kamera perfekt in ein Rig einbauen fürs Filmen.
Performance
Beginnen wir mit dem Autofokus – der ist ok. „Für Mittelformat recht schnell.“, möchte man sagen. Treffsicher ist er einigermaßen, so sehr, dass ich mich darauf verlassen habe. Das war nicht in allen Fällen richtig, aber in den meisten. Durch den kleinen Joystick kann man den AF-Punkt recht schnell versetzen, das ist gewohnte Praxis.
Insgesamt liefert die GFX 50R eine unglaublich hohe Bildqualität. Das liegt auch an den hervorragenden GF-Objektiven. Ich bin da ganz begeistert, auch wenn ich in den letzten Jahren nicht so sehr ein Fan von Fuji-Objektiven war. Schärfe, Verzeichnung, Bildfeldwölbung etc – alles super. Ich hatte das 45mm f2.8 und das 110mm f2 zur Verfügung und gerade letzteres begeistert mich sehr. Was die Fuji mitbringt, sind also sehr gute Sensorik, sehr dehnbare Rohdaten und sehr gute Objektive. All das spricht dafür, dass man da ein (im Verhältnis zumindest) bezahlbares Mittelformatsystem aufbauen kann. Speziell für die Objektive muss ich da mal ne Lanze brechen. Und genau an Objektiven messe ich auch die Leistung eines Systems. Bodies kommen und gehen, Objektive bleiben. Zumindest in der Regel.
Was mich in der Performance der GFX 50R etwas gestört hat, ist die Blackout-Zeit. Die ist ganz schön lang. Während bei der Hasselblad X1D (Version 1) da auch viel drüber geredet wurde, bekam ich das in der Diskussion um die GFX 50R nicht so mit. Tatsächlich ist die Zeit aber ähnlich lang.
Auslösen + Licht aus + Verschluss aufziehen + Licht wieder an = zu lange. Dadurch ergab sich eine Verzögerung, die mich oft am Bildergebnis zweifeln ließ. Fotografierte ich ein Objekt, das sich womöglich bewegt, nachdem es das Auslösegeräusch gehört hat, ist so lange blackout, dass teilweise die Situation im Sucher schon wieder eine ganz andere ist als vorher. Das führte dazu, dass ich diese Kamera als einzige der vielen, die ich im Laufe der Jahre so hatte, mit einer automatischen Bildrückschau konfiguriert hatte, so dass ich sehen konnte, was ich da aufgenommen habe. Bei allen anderen Kameras stört mich das eher. Hier war es Pflicht um sich sicher zu sein. Und auch das reichte nicht immer, manchmal lag der Fokus dann doch daneben – das wiederum habe ich erst am Monitor erkannt, weil ich davon ausgegangen bin, dass ich hier eine relativ neue Version von Autofokus habe und nicht in jedes geschossene Foto reinzoomen muss um zu kontrollieren… Irrtum meinerseits.
Bildqualität
Hier macht die Fuji alles richtig. Wer gerne JPGs nutzt, kann sich über die tollen Fujifarben freuen. Zudem sind die Fotos sehr hoch aufgelöst, die Rohdaten geben unheimlich viel her, die Objektive sind sehr hochklassig. Da gefällt mir alles. Mir gefällt auch, dass ich die Rohdaten in der Kamera bearbeiten kann. Das macht Nikon in der kleinen Ergebnisvorschau noch einen Ticken besser, aber man kann bei Fuji sehr feine Bilder herauskonfigurieren. Das fehlt mir bei Leica und Hasselblad völlig.
Fazit zur GFX 50R
Gar nicht so einfach. In der Bedienung war ich nach Jahren mit dem Fuji X System sehr schnell wieder zu Hause. In der Haptik könnte die Kamera für den Preis etwas besser sein. Objektive und Bildqualität sprechen sehr für das System, ebenso der im Vergleich geringere Preis innerhalb der Mittelformatkonkurrenz. In der Performance, speziell der Geschwindigkeit geht heutzutage einfach mehr. Ich weiß nicht, warum Hersteller es schaffen, Kleinbildkameras zu bauen, die nahezu ohne Blackout klarkommen (siehe Sony A9 oder Sony A7 IV mit 61Mp) und dann die Konkurrenz bei 44x33mm Sensoren schon deutlich langsamer ist. An der Auflösung und Datenmenge kann es nicht liegen. 12 Bilder pro Sekunde bei 61Mp sind ja nicht weniger (siehe Sony A7 IV) als 6 Bilder bei 50Mp bei der Fuji (oder 1-2 Bilder pro Sekunde bei der Hasselblad). Ein Schlaumeier sagt, dass die Mittelformatkameras für sowas nicht gedacht sind… Ok. Warum nicht? 😉
Die Fujifilm GFX 50R ist definitiv einen Blick wert – Preis/ Leistung/ Bildqualität ist einfach ein perfektes Dreieck. Für alles andere müsst Ihr sie wirklich selbst in die Hand nehmen. Probieren geht über Studieren.
Schaut euch jedenfalls die Bilder in der Galerie an und gern auch mal in Alex‘ Shop vorbei!
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Hallo Elmar,
schöner Bericht, aber mit der Kamera werde ich nicht warm. Allerdings hatte ich sie nur mal kurz auf der Photokina befingert, aber das reichte mir schon. Ich lege sehr großen Wert auf die Haptik und die verwendeten Materialien, und da erschien mir die Fuji einfach zu billig gebaut. Allerdings kam ich da auch gerade vom Hasselblad-Stand ;-). Für mich liegen da Welten zwischen Fuji und Hasselblad.
Viele Grüße,
Ralf
Hi Ralf, da geht es uns ähnlich, denke ich. Man bekommt damit echt tolle Aufnahmen hin, gleichzeitig bin ich vom Handling nicht geflasht, wenn man das modern so sagen kann. Die GFX 50R ist echt ne tolle Kamera, aber in meinen Händen singt sie nicht. 🙂
Hallo Elmar,
Danke für deinen Beitrag. Zur Blackout Zeit an der GFX:
Diese war bei mir auch recht lang, bis ich mal den Color Chrome Effekt usw. auf off gestellt hatte (wenn man sowieso in RAW fotografiert). Das senkt die Blackout-Zeit erheblich. Die Software braucht wohl lange diese Effekte auf das Vorschaubild anzuwenden.
Hi Thomas, Danke für den Tipp! 🙂