Kürzlich erst hatte ich die Freude die Leica M10-P vor der Markteinführung/Veröffentlichung testen zu dürfen. Hier habe ich dazu etwas geschrieben. Heute aber möchte ich gerne etwas zu der frisch angekündigten Leica M10-D schreiben.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich zuerst Andreas Jürgensen, dem Betreiber des Leica Forums, meinen Dank schicken. Er war so nett und hat den Kontakt zu Leica hergestellt. Wir auf Qimago arbeiten schon seit längerem sehr gerne mit ihm zusammen und tun dies auch für seine anderen Foren, wie z.B, das Fujifilm X-Forum. Und natürlich will ich hier auch Leica für die Gelegenheit danken, mir in Ruhe ein Bild von einer neu angekündigten Kamera zu machen.
Leica M Kameras sind per se schon ziemlich besondere Kameras. Nicht zwingend, weil sie fast schon unverschämt teuer sind, vor allem, weil sie auf den ersten Blick nicht einmal mit vielen „Features“ aufwarten können. Es gibt so viel, was diese Kamera im Vergleich zu den anderen digitalen nicht kann, und doch sind M Kameras etwas sehr Besonderes im positiven Sinne. Aber ich will hier nicht auf das Thema des Sinn und Unsinns einer Leica M Kamera eingehen. Ich besitze eine M und ich liebe meine M10. Man kann also davon ausgehen, dass ich mich mit dem Thema schon ausgiebig beschäftigt habe und entsprechend für mich zu einem Schluss gekommen bin, der darin endete, dass ich mir die Leica M10 gekauft habe.
Nun kam hier vor einigen Wochen eine Leica M10-D zu mir ins Haus „geflattert“. Ich war nicht zu Hause, als sie ankam, und bat meine Frau sie auszupacken und mir Fotos zu schicken. Die ersten Bilder, die ich dann zu sehen bekam, waren nicht sehr überraschend. Als ich dann zu Hause ankam und sie selber begutachten konnte ,war ich jedoch ziemlich überrascht von dem Aufzughebel. Denn ausgerechnet den hatte meine Frau in ihren Fotos einfach mal nicht als etwas Besonderes angesehen und dementsprechend eben nicht aufgenommen. Ich gebe zu, ich schaute sie erstaunt an, ist sie doch jemand, die sich mit Fotografie und Fotoapparaten eigentlich auch auskennt. Vermutlich wollte sie die Überraschung bis zum Schluss bewahren. Ich musste jedenfalls lachen. Ich begann sofort den Aufzughebel zu erkunden und versuchte herauszufinden, was dieser für eine Funktion haben könnte. Ich tippte auf eine Art Schalter, wie z.B. ein Ein- und Ausschalter, aber nein. Keinerlei Funktion. Seltsam, wie ich fand, bis ich die Kamera zum Fotografieren in die Hand nahm und sich die Auflösung quasi intuitiv präsentierte: Leica spendierte der Leica M10-D eine integrierte Daumenauflage! Ich fand diese während der gesamten Zeit, in der ich mit der Kamera fotografieren durfte, schlichtweg super. So super, würde Leica sie generell als Kaufoption anbieten, ich sie bei meiner M10 sofort nachrüsten lassen würde.
Die Rückseite der Leica M10-D wurde im Vergleich zu ihrer Vorgängerin insofern überarbeitet, als dass auf der Rückseite der Kamera nun nicht mehr die ISO Einstellung vorgenommen wird, sondern neben der Belichtungskorrektur in +/-3 EV Schritten auch der Ein- und Ausschalter. Neu hinzu gekommen ist ebenfalls die W-Lan Funktion. Diese funktioniert recht gut und ist stabil. Ich persönlich betrachte diese Funktion allerdings mit etwas gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite finde ich als jemand, der sich (leider viel zu viel) online bewegt und eben auch viel reist, diese Funktion in einer Kamera, die im Jahr 2018 herauskommt, fast schon absolutes Minimum ist, auf der anderen Seite ist das Konzept der Leica M10-D ja aber eher genau das Gegenteil von immer und schnell verfügbaren Bildern.
Was das Innenleben der Kamera anbelangt, findet man den gleichen Sensor, Prozessor und RAM in der M10-D wie auch in der M10 und in der M10-P. An Bildergebnissen sollte man daher also keine allzu großen Unterschiede erwarten. Aber warum auch? Die M10 weiß ja schon herausragende Bilddateien zu produzieren, die sehr überzeugen können.
Die ISO Einstellungen werden nun, genauso wie auch bei der Leica M10 und der M10-P, mit Hilfe des ISO Wahlrads vorgenommen, welches oben links am Gehäuse angebracht ist und früher bei den analogen Leica M Kameras dem Rückspulen des Films diente. Wie auch bei der M10 kann man manuell einen ISO-Wert von 100-6400 manuell einstellen. Die ISO Automatik wählt Werte zwischen ISO100 und ISO12.800. Ich hätte mir gewünscht, dass man eventuell über die App mehr Einstellungen bezüglich der Auto ISO oder der M-Stellung des ISO Wahlrads vornehmen kann. An dem Gerät, das mir zur Verfügung stand, ging das leider nicht. Ich will nicht ausschließen, dass Leica das bei den Seriengeräten gefixt hat. Bis auf die Zeit und das Datum war nichts wirklich zum Einstellen.
An der Leica M10 und der M10-P hat man ja vorne am Gehäuse noch einen Knopf, dem man zwei unterschiedliche Funktionen zuweisen kann. Ich habe den so konfiguriert, dass ich durch das Betätigen desselben in die Sucherlupe komme. Natürlich ist diese Funktion nur aktiv bzw. nutzbar, wenn man über das Display oder den Visoflex arbeitet. Bei der M10-D gibt es diesen auch, nur hat der im Grunde keine Funktion, oder sagen wir anders: Ich konnte keine Funktion für diesen feststellen.
An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass ich die Kamera nicht mit dem Visoflex benutzt habe. Wenn dieser mit der M10-D benutzt wird, dann kann man mit Hilfe des Knopfes vorne Zoomen und Navigieren im Live View-Bild.
Inwiefern die Nutzung des Visoflex an der M10-D dem gesamten Konzept widerspricht, dass muss jeder für sich selber entscheiden.
Was ich an der M10-D sehr mag, ist, dass sich die Kamera durch das nicht vorhandene Display noch einmal schlanker anfühlt als die M10/10-P. Es handelt sich hier zwar nur um ein paar wenige Millimeter, aber gefühlt ist das schon bemerkbar. Schön ist natürlich auch noch ihr unaufdringliches Äußeres und das angenehm leise Auslösegeräusch. Beides mochte ich schon bei der M10-P. So betrachtet hat die M10-D von ihrer DNA her mehr von der M10-P als von der M10.
Unterm Strich
Schwierig! Ich bin ja durchaus ein Fan der M Serie. Das sollte unseren regelmäßigen Lesern wohl kein Geheimnis sein. Auch bin ich ganz offensichtlich kein Fotograf, der an seiner Kamera immer jedes noch so sinn- oder unsinnige Feature benötigt. Man kann also durchaus sagen, das ich den Purismus bevorzuge.
Die Leica M10-D und eigentlich schon ihr Vorgänger treiben diesen Purismus natürlich ins Extreme. Wie wirbt Leica selbst? „Digitales Herz. Analoge Seele“ Die M10-D ist sicherlich kein Massenprodukt und spricht vermutlich nur eine ganz kleine Gruppe an Fotografen an. Die M10-D ist quasi die Nische in der Nische. Ich muss zugeben, ich mochte es mit ihr zu fotografieren. Ich war wirklich voll fokussiert aufs Fotografieren. Meine Angewohnheit, ab und zu aufs Display zu schielen, konnte ich nicht ausleben, und wenn, dann nur, wenn ich die Kamera mit meinem iPhone verbunden habe. Das ist mir für die schnelle Kontrolle unterwegs aber meist zu unhandlich, und sowas mache ich dann eben nur, wenn ich irgendwo eine kleine Pause einlege. So cool ich das finde, auch bei der M10-D dann letztlich doch die Kontrolle zu haben, so sehr ist mir diese künstliche Beschneidung dann aber negativ aufgefallen. Ich bin jedenfalls nicht Teil der Zielgruppe für die M10-D. Und ich weiß wirklich nicht, wie die, die sich ganz bewusst für die M10-D entscheiden wollen, das letztlich finden. Ich verstehe den Gedanken dahinter natürlich, aber wenn, dann denke ich, sollte man diesen Weg auch konsequent gehen. Es ist schon korrekt, man muss es ja nicht nutzen, aber dann kann man auch genau so gut andersherum argumentieren und z.B die M10-P nehmen und sich eben zusammenreißen und nicht auf das Display schauen. Zugegeben, nach den Wochen mit der M10-D ist das wirklich kein Vergleich. Wie man als Interessent das jetzt für sich beWertet das einem bei der M10-D ja eigentlich was fehlt, aber man dennoch einen Preis wie bei der M10-P zahlen muss, dass ist dann wohl wirklich eine sehr individuelle Entscheidung. Die Bildergebnisse, die man mit dieser Kamera erhält, sind natürlich dank des gleichen Sensors und sonstiger inneren gleichen Werte hervorragend!
Die folgenden Bilder sind alle mit der M10-D entstanden. Die Kamera hat mich unter anderem nach Toulouse, Bilbao, Toronto und in die Südsteiermark begleiten dürfen.
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Danke für den guten Artikel. Ich fotografiere auch mit M10 (noch ohne P) und war – wie Du – auch sehr erstaunt über den Aufziehebel. Ich habe die D noch nicht in Händen gehabt, da der Store noch nicht beliefert wurde. Ich gebe dir Recht, das D Konzept wurde zu wenig eingehalten. Angeblich sollte die App auch DNG/JPG und Weißabgleich einstellbar machen. Und das passt nun so gar nicht zur D – meine Meinung.
Wie du sagst, so gar keine schnelle Kontrolle mal unterwegs. Die Belichtungskorrektur in 1/3 Stufen ohne das Erhebnis zu sehen ist für mich auch nicht unbedingt notwendig. Man hat sich halt an das Display daran gewöhnt und irgendwie will man es nicht missen – hab die autom. Vorschau auch deaktiviert. Ich denke, ich werde versuchen es auszuprobieren, werde aber wohl bei M10 oder M10-P bleiben. Eine M10-mono scheint nicht in Sicht zu sein…
noch ein Nachtrag zu meinem letzten Kommentar: Was natürlich schon der Fall ist, mehr Konzentration auf das Bild wird wieder notwendig. Mal schnell ein Bild machen und dann ansehen und noch eines mit angepassten Einstellubgen ist halt nicht mehr so einfach möglich – ja ich weiß: Visoflex…
Der Fotograf MUSS sich wieder mehr auf das Fotografieren und die notwendigen Einstellungen konzentrieren.
Das wäre so das Argument für diese Art von Kamera, aber wie gesagt – wenn wir auch mit Reise- oder Seminarteilnehmern fotografieren, ist es schon ganz nett das Ergebnis anzusehen 🙂
Lieber Mehrdad, lieber Michael,
„Der Fotograf MUSS sich wieder mehr auf das Fotografieren und die notwendigen Einstellungen konzentrieren.
Das wäre so das Argument für diese Art von Kamera“ – das ist genau der eigene Aspekt des Konzeptes einer M10-D. Sie wird somit zum Prüfstein dafür, ob man sein Handwerk wirklich beherrscht. Sie kann auch einer bewussten Entschleunigung dienen.
VG Michael (der mit einer ebenfalls entschleunigenden X-Pro1 und manuellem Altglas photographiert und ihre Nachteile vorteilhaft zu nutzen versucht)