Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mich noch voll im Bann des GAS befunden (siehe mein letzter Gastbeitrag hier bei qimago.de). Neben einer Fuji X-Pro 2, einer Olympus PEN-F und meiner heißbeliebten Leica M9 hatte ich plötzlich die Möglichkeit, ein weiteres Flaggschiff aus dem Hause Leica relativ günstig zu bekommen. Naja, das Wort „günstig“ passt ja im Zusammenhang mit Leica nicht wirklich, aber man kauft sich ja eine Leica nicht weil sie gerade im Sonderangebot ist, sondern weil man unbedingt eine haben will. Also, gesagt, getan und einige Tage später schon klingelte mein DHL Fahrer und drückte mir ein dickes Paket in die Hand.
Schnell war das Paket offen und zutage kam ein schlichter silber-grauer Karton, einige weitere Sekunden später, nachdem sich der Karton wie eine Blume in der ersten Frühlingssonne geöffnet hatte, hielt ich eine gar nicht so kleine aber unglaublich handliche Kamera in meiner Hand. Da war sie, die Leica Q.
Mittlerweile habe ich sie fast ein Jahr bei mir und seitdem habe ich die Lust an den anderen Systemen verloren. Sie war sozusagen auch Medizin 🙂 Ich gebe sie nicht mehr her, ist sie doch auch mit der Grund, weshalb mich die Lust am Fotografieren wieder in den Bann gezogen hat. Ich will daher in diesem Beitrag auch gar nicht so sehr auf den technischen Schnickschnack der Leica Q eingehen, denn dazu ist eigentlich bereits alles im Netz geschrieben und gesagt. Wer sich für diese Kamera interessiert, wird da auf jeden Fall fündig und kann sich umfassend informieren.
Ich möchte nur ein paar Punkte aufgreifen, die mir vor allem im Positiven aufgefallen sind und den einen kleinen negativen Punkt erwähnen. Machen wir das Negative zuerst, dann ist es aus dem Sinn und ich kann mich auf die vielen tollen Dinge konzentrieren: Mich nervt der Knopf mit dem die Kamera eingeschaltet wird! Ich habe nicht die kleinsten Hände aber in circa 7 von 10 Malen landet der Einschaltknopf, wenn man ihn mit dem rechten Daumen benutzt, im C-Modus statt im gewünschten S-Modus. Wie ich in vielen Berichten gelesen habe, stehe ich da auch mit meinem Kritikpunkt nicht alleine da. Man rutscht leider relativ einfach über den Druckpunkt des S-Modus hinweg und wundert sich beim Fotografieren dann, warum die Q aus den Bildern ein Kurzvideo erstellt. Mit der Zeit gewöhnt man sich dran aber es ist schon echt nervig. Leica hat aber offenbar mittlerweile reagiert, denn mit der kürzlich vorgestellten Leica Q-P soll dieses Problem wohl angegangen worden sein, indem der Knopf nun mit dem der M10 identisch sein soll. An der M funktioniert das Ganze wesentlich besser. Probiert habe ich es allerdings noch nicht. Und mit dem Problem an meiner Q werde ich halt weiter leben müssen.
Das war es aber auch schon mit meiner persönlichen Kritik an der Q. Was den Rest angeht, kann ich nur sagen: Ich liebe sie!
Auch heute noch nach einem Jahr fällt mir regelmässig beim Anblick der gemachten Bilder „out-of-cam“, wie man so schön sagt, die Kinnlade runter. Die Bilder sind gestochen scharf, haben eine solche Brillanz und Schönheit in den Farben und vermitteln – wie auch bei meiner M – diesen nicht zu erklärenden „Leica-Effekt“. Und bei den Bildern aus der Q habe ich oft das Gefühl, die Bilder wirken dreidimensional, das vermochte meine M9 nicht, erst die M10 kommt an diese Bildqualität ran. In der Regel bearbeite ich die Bilder anschließend mit Lightroom oder Lightroom Mobile auf meinem IPhone. Bei den Bildern der Leica Q sitze ich aber meist immer da und weiss gar nicht was ich da in der Nachbearbeitung noch verbessern soll. Wenn man einigermassen weiss, wie man mit Blende, Verschlusszeit und ISO umzugehen hat, kommen da (fast) immer nahezu perfekte Bilder raus. Man kann sich bei der Q wirklich voll auf die Bildkomposition konzentrieren. Darüber hinaus spart es natürlich auch eine Menge Arbeit. Im diesem Sommer habe ich so zwei Hochzeiten komplett mit der Q fotografiert und konnte die fertigen Bilder bereits am nächsten Tag dem verdutzten Ehepaar übergeben.
Die Leica Q ist für mich fast sowas wie die berühmte Eierlegende Wollmilchsau. Sie ist meine „Immer-dabei-Kamera“, wahnsinnig schnell mit dem tollen Autofokus, erzielt mit dem 28mm Summilux Objektiv eine brillante Bildqualität und Farbe und mit der maximalen Offenblende von 1.7 ist es extrem lichtstark und mit einem fantastischen Bokeh ausgestattet. Und einen Makromodus hat sie auch noch, wobei der für mich persönlich nicht unbedingt ein Kaufgrund war. Wobei Leica das schon technisch unglaublich sexy hinbekommen hat mit der wechselnden Skala. Für mich aber nur ein „nice to have“.
Was erwarte ich also insgesamt mehr von einer Kamera? Nichts ! Für alles andere habe ich ja noch die M10, aber die kann man eigentlich auch nicht mit der Q vergleichen, denn das ist nochmal ganz was anderes.
So, und was macht der gemeine Fotograf dann noch mit seiner Kamera? Genau, er pimpt sie sich noch ein wenig auf. Meine Q bekam noch ein Leder-Halfcase von gariz verpasst, ich habe noch einen Daumengriff und einen wunderschönen roten Gurt installiert. So liegt sie jetzt perfekt in meiner Hand und hängt sicher über der Schulter.
Nun steht ja Weihnachten vor der Tür und nicht nur der Weihnachtsmann (nein, ich meine nicht Mehrdad :-)) pfeift es ja schon von den Dächern. Ein Nachfolger der Q ist wohl im Anmarsch, Deckname Q2. Als verliebter Q-User würde ich mir folgende zwei Punkte für Sie wünschen: 1. sie sollte endlich bei dem Preis staub- und spritzwassergeschützt sein. Eigentlich hätte ich das schon bei der Q1 erwartet. 2. Ich liebe es Fotos aus ungewöhnlichen Perspektiven zu machen und da ist ein dreh- und klappbares Display sehr von Vorteil. Ausserdem bin ich 2 Meter lang und der Weg nach unten ist selbst in meinem jugendlichen Alter von 47 schon arg beschwerlich. In diesem Punkt glaube ich aber, wird mir weder das Christkind noch Leica die Freude machen. Ein Klappdisplay bei Leica, vorher ist die M dreistellig 🙂
Alle Bilder die Ihre hier seht, sind natürlich mit der Leica Q gemacht und nur minimal nachbearbeitet. Jetzt wisst Ihr was ich meine…….
Heute, als ich dabei war, diesen Beitrag fertig zu stellen, ging mir der folgende Gedanke nicht aus dem Kopf, der Euch bestimmt auch schonmal beschäftigt hat. Wenn mich heute jemand vor die Wahl stellen würde, welche meiner beiden Kameras ich mit auf die berühmte einsame Insel nehmen würde, dann würde meine Wahl auf die Leica Q fallen. Den Klassiker würde ich dann mit tränendem Knopfloch zuhause lassen.
Und das sagt doch eigentlich alles, oder?
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Dem kann ich auch nach drei Jahren nahezu uneingeschränkt zustimmen.
Mein Drei-Jahres-Review:
https://digitaler-augenblick.de/drei-jahre-beziehung-drei-jahre-leica-q-meine-persoenliche-kuh-affaere/
Und den Anschaltknopf habe ich bei meiner Q in Wetzlar justieren lassen und habe seitdem keine Probleme mehr, beim Einschalten immer auf dem Serienbilder-Modus zu landen.
Habe die Q auch schon seit 2 Jahren und es macht einfach Spass mit Ihr zu fotografieren. Bis heute gibt es keine vergleichbare Kamera mit einem solchen lichtstarken Objektiven, super und schneller Autofokus, Vollformat Sensor und Bildstabilisator sowie einem guten elektronischer Sucher. Müsste auch ich mich nur für eine einzige Kamera entscheiden müssen, wäre es ganz klar die Q.
Danke für den Erfahrungsbericht. Ich kann nur von einer Q träumen, finanziell für mich nicht leistbar.
Hallo Christian,
Vielen Dank für den anschaulichen Blogpost. Ich habe mich zu Beginn gefragt, warum Du als M-Nutzer eine Q hast, aber Dein abschließendes Statement hat es dann beantwortet. Dann aber anders gefragt, für welche Bereiche hast Du die M noch, von den unterschiedlichen Brennweiten abgesehen. Oder was meinst Du mit „die M ist noch mal ganz etwas anderes“?
Viele Grüße
Helmut