Auf der Photokina 2014 kündigte die Carl Zeiss AG das Distagon 35mm f1.4 ZM für das Leica Bajonett an. Bei einem Straßenpreis von knapp 2000 Euro kann man es nicht unbedingt als Schnäppchen bezeichnen, jedoch ist es recht offensichtlich, welchen Kundenkreis Carl Zeiss mit diesem Objektiv ansprechen will. Vergleicht man das Distagon mit seinem Leica Pendant, das Summilux 35mm (ca. 4500 Euro), sieht das mit dem Schnäppchen schon ganz anders aus. Wie immer ist das eine Frage des Standpunktes. Ich gehöre zur ersten Gruppe, also zu der, die das nicht als ein Schnäppchen sehen und eher mit Objektiven vergleichen, die preislich weiter unten angesiedelt sind. Aktuell fällt mir da im Moment nur das Voigtländer 35mm f1.2 Nokton II oder das sehr charaktervolle Voigtländer 35mm f1.4 Nokton ein. Das Nokton II habe ich von einem Fotofreund derzeit geliehen bekommen, aber bitte erwartet hier keine Vergleiche, ich komme derzeit nicht so zum Ausprobieren des selben. Hier soll es aber eh nur um das Distagon gehen. Und bevor ich das vergesse zu erwähnen: Ich bin kein Technikfreak, will sagen: Das ist hier ist ein Nutzer-Erfahrungsbericht. Ich verliere mich hier weniger in technischen Details (ganz einfach, weil ich davon auch viel zu wenig Ahnung habe, aber psssst!!) als mehr in aus dem Fotoalltag gewonnenen Erkenntnissen.
An dieser Stelle will ich mich auch gerne bei der Carl Zeiss AG und im speziellen bei Herrn Brandstetter für die Leihgabe bedanken, wirklich gerne schicke ich Euch das Objektiv ja nicht zurück 😉
Mein Beitragsbild lässt es erahnen, ich habe das Distagon sowohl an meiner analogen Leica M6, als auch an meiner digitalen Fujifilm x-pro1 getestet. Gleich vorweg, an der M6 hat es mir besser gefallen. Nicht wegen der Bildergebnisse, sondern wegen seiner ohnehin schon recht ausgeprägten Größe. An der x-pro1 kam noch ein Adapter dazu, welcher die Kombination nicht unbedingt kleiner machte. An der M6 war es auch recht groß, aber insgesamt fand ich es dort vom look&feel harmonischer.
Das Objektiv wird leider ohne Gegenlichtblende geliefert. Nicht, dass es das Distagon bräuchte, denn es war mir nicht möglich, irgendwelche Lensflares einzufangen. Das mag ich so sehr an den modernen Carl Zeiss Gläsern, sie scheinen dagegen so gut wie immun zu sein. Wie dem auch sei, ich bin kein Freund von Schutzfiltern – nein, ich will jetzt hier nicht die alte Diskussion über Sinn und Unsinn eines Schutzfilters führen – aber vollkommen ungeschützt will ich mein Objektiv auch nicht lassen. Erst kürzlich war ich wieder dankbar um eine Sonnenblende. Ich bin bei Glatteis ziemlich ungünstig auf meine Kameratasche gefallen. Als ich dann später meine Kamera rausholte, sah ich, dass die Sonnenblende wohl meinen Sturz auf das Objektiv abfing. Jetzt brauche ich zwar eine neue Sonnenblende, aber das lässt sich verschmerzen. Ein Schutzfilter hätte das wohl nicht geleistet.
Mit 381 g und 65mm Länge gehört es nicht zu den leichtesten oder kleinsten 35mm Objektiven. Auf der anderen Seite spürt man das Glas, wenn man es in der Hand hält, und man merkt, wie solide das Objektiv gebaut ist. Ein Vorteil an der doch recht deutlich größeren Bauweise ist, dass man keine Fingerakrobatik beim Fokussieren oder einstellen der Blende absolvieren muss. Der Fokus läuft, wie ich es von Carl Zeiss der ZM Baureihe gewohnt bin, so herrlich samtweich ohne dabei zu leicht zu sein. Sprich, man muss keine Sorge haben, dass sich der Fokus allzu leicht versehentlich verstellt. Innerhalb einer ¼ Drehung des Fokusring kann man von 0,7m bis unendlich den gesamten Fokusbereich abfahren. Das mag ich so sehr bei den meisten Messsucherobjektiven, kein ewiges Kurbeln, um von der Naheinstellgrenze bis unendlich zu kommen. Fairerweise muss man natürlich auch dazu sagen, dass die Messsucheroptiken selten näher als 0,7m fokussiert werden können. So eben auch das Distagon 35mm. Auf der anderen Seite, viel näher würde der Messsucher meiner M6 auch nicht mitmachen.
Für Freunde der Infrarot Fotografie gibt es auch eine Markierung, welche die Fokusverschiebung bei dieser Art der Fotografie berücksichtigt. Das Objektiv ist innen fokussiert, es ändert also seine Größe nicht.
Ich bin kein großer Freund eines Fokusstabes, und wenn schon, dann gerne so einen, wie er an den Zeiss ZM Objektiven ist. Er ist nicht so ausgeprägt und stört somit nicht allzu sehr bzw. ist manchmal eben doch gewünscht.
Der Blendenring ist toll! Nicht nur, dass man in Drittelstufen hier die Blende regeln kann (schön „sauber“ einrastende deutliche Klicks), er ist auch komfortabel breit. Der Blendenring ist im Prinzip alles das, was sich (das Foto hier oben betrachtend) oberhalb des Fokusrings befindet. Also Fokusring und Blendenring sind nahezu gleich breit. Ich glaube sogar, dass der Blendenring mehr Fläche zum Greifen bietet. Das klingt erst mal banal, aber im Fotoalltag ist das schon sehr angenehm. Kein Hin- und Hergefummel mehr, weil man den Blendenring sucht.
In Sachen der Bildqualität muss ich sagen, hat mich das Distagon überzeugt. Schon offen ist es sehr scharf und das Bokeh ist herrlich cremig. Beim Lesen einer Diskussion in einem Forum hat einer geschrieben, dass die Optik etwas langweilig wäre, es wurde der Charakter vermisst. Nun, dazu kann ich persönlich nur sagen, dass ich zum Beispiel gar kein Fan von z.B. swirley bokeh Optiken bin. Ich mag das cremige und unaufgeregte Bokeh, auch dass ein Objektiv voll offen schon scharf ist, mag ich persönlich sehr. Meist haben solche Objektive freilich dann ein wenig ihre Schwächen beim cremigen/weichen Bokeh. Ich finde, Zeiss hat hier einen guten Mittelweg gefunden. Offen ist es nicht rasiermesserscharf, aber schon sehr scharf, und das Bokeh trifft voll meinen Geschmack. Hier mal ein paar Bilder, welche alle bei f1.4 aufgenommen wurden. Es sind sowohl digitale als auch analoge Aufnahmen dabei (siehe Titel).
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Gerade bei dem Bild mit dem Sitz und dem Logo der Lufthansa darauf sieht man schon sehr, wie scharf das Distagon offen ist ohne dabei „Schwächen“ im Bokeh zu offenbaren. Dafür sind die Randabschattungen recht offensichtlich, aber schon leicht abgeblendet verschwinden diese nahezu. Randunschärfen? Ich konnte im Grunde keine feststellen. Aber ich bin da auch längst nicht so picky wie manch ein anderer. Hier mal zwei Belichtungsreihen. Die erste mit der Etagere wurde mit der M6 auf einem Agfa Vista 400 aufgenommen. Scharfgestellt wurde auf den kleinen Holz-Schneemann in der Bildmitte. Angefangen bei 1.4 in ganzen Blendenstufen bis auf 4.0 abgeblendet. Warum nicht noch 5.6 und 8.0? Film war alle 😉
Die zweite Belichtungsreihe wurde mit der x-pro1 aufgenommen und beginnt bei f1.4 und endet bei f16. Der Aufnahmeabstand war ziemlich genau bei der minimalen Entfernungseinstellung des Objektivs (0,7m)
Am Ende bleibt bei mir ein sehr positive Erfahrung zurück. Das Distagon 35mm f1.4 ZM überzeugt mich in Sachen von Bildqualität analog als auch digital. Digital ist es für mich jedoch eher uninteressant, da ich hier das Fujifilm xf35mm f1.4 aus diversen anderen Gründen (Gewicht, Größe und Preis) interessanter finde. Analog sieht das etwas anders aus.
Elmar, ein Fotofreund von mir, schwärmt von dem typischen Zeiss 3D pop bei dem Distagon. Ich konnte seine Begeisterung hierfür mit dem 35mm Distagon gut nach vollziehen. Das ist schon was sehr Feines. Die Schärfe und das Bokeh haben mich wirklich sehr beeindruckt, vor allem die Schärfe bei analog. Ich kenne das Leica Summilux (noch) nicht, wage aber zu behaupten, dass das Distagon sich hier nicht verstecken muss. Man bekommt für mehr als die Hälfte des Preises eines Leica Summilux eine sehr schöne Optik. Mein einziger Kritikpunkt an dem Distagon ist seine Größe und sein Gewicht. Und ein wenig näher rangehen von Zeit zu Zeit (0,5m) würde ich auch sehr schön finden.
Diese wirklich beeindruckende Leistung hat natürlich seinen Preis. Und hier komme ich wieder auf meine Eingangs erwähnte Behauptung, dass es immer eine Frage des Standpunktes ist, zurück. Für den einen ist es einfach zu teuer und der andere freut sich über ein herausragendes 35mm Objektiv und eine preisgünstigere Alternative zu dem bestimmt hervorragenden Leica Summilux 35mm.
Hier also gerne noch ein paar Bilder, welche allesamt mit dem Zeiss Distagon 35mm f1.4 ZM entstanden sind. Eine kleine Traumoptik für mich. Noch einmal: Vielen Dank an die Carl Zeiss AG für die Leihgabe.
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Danke für deinen Bericht, Mehrdad! Schöne Bilder mit einem Traumobjektiv!
Danke für deinen Bericht, mein Bester! Das Distagon ist schon sehr sehr gut. Der Preis ist da, hmm, schmerzlich aber verschmerzbar. Man stelle sich diese one camera, one lens Geschichte vor. Für mich wäre es die Kombination aus Fuji-X mit Zeiss Distagon 35mm, entweder diesem hier oder dem 35mm f2 für Nikon F-Mount. Ich konnte beide direkt nebeneinander vergleichen… Vor- und Nachteile halten sich die Waage. Naheinstellgrenze vs Gewicht und Größe. Die Lichtstärke wäre mir da nicht so wichtig.
schöner Bericht, ohne den ganzen technischen Kram,