Wenn es eine Spezies gibt, die den Taschenwahn bei Frauen verstehen kann, dann sind es Fotografen. Besonders kompliziert wird es wohl erst, wenn es sich um eine weibliche Fotografin handelt. Es hat jedenfalls oft den Anschein, als würden Fotografen immer auf der Suche nach der perfekten Kameratasche sein. Soviel mal vorab: Es gibt sie nicht, die perfekte Fototasche. Ich muss aber gestehen, dass meine Suche nach der besten Fototasche für mich endete, als ich mir meine erste Billingham zulegte: Die Billingham Small.
Seitdem habe ich bei keinem anderen Fototaschenhersteller mehr ernsthaft geschaut. Es folgten andere Größen und Modelle, aber stets Billingham. Mittlerweile besitze ich neben der Hadley Small noch die Hadley Pro und die Billingham 307. Negativ ausgedrückt kann man sagen ich bin ein „Fanboy“, positiv formuliert würde ich sagen, dass mich das System an sich einfach voll und ganz überzeugt. Mit Erscheinen der Billingham Hadley One wollte ich sehen, ob das nach wie vor gilt, weshalb ich bei Billingham nachfragte, ob sie mir eine Tasche für Tests zusenden könnten. An dieser Stelle will ich gerne Mike und Jenny bei Billingham danken, dass sie mir diese Tasche leihweise zur Verfügung gestellt haben.
Die Firma Billingham stellt Taschen seit 1973 her und ist ein Familienunternehmen. Es wird als solches derzeit von Harry Billingham, dem Sohn des Gründers Martin Billingham, weiter geführt. Ursprünglich waren Billingham Taschen jedoch für den Angler konzipiert, bis irgendwann Fotografen, auf der Suche nach der perfekten Fototasche, die Billingham Taschen ins Visier nahmen. Die Billingham Taschen wurden schnell zu den Lieblingen von Fotografen, denn man erhielt eine Tasche, die vor allem bei Wind und Wetter den Inhalt gut schützte. Billingham bemerkte den neuen Kundenkreis und spezialisierte sich dann schnell auf Kamerataschen. Vor allem die Schultertaschen der Firma sind bekannt und beliebt, aber es gibt auch Rucksäcke und Fotowesten.
Was ich an der Firma Billingham sehr zu schätzen gelernt habe, war ihr wirklich toller Service. Es fängt für mich schon damit an, dass man je nach Bereich immer den gleichen Ansprechpartner hat, welcher einen auch kennt und sich an einen erinnert. Man fühlt sich nicht wie einer von vielen, man fühlt sich einfach persönlich betreut. Man merkt ihnen an, dass ihnen ihre Produkte und die Zufriedenheit ihrer Kunden wichtig sind, und vor allem geben sie ihr Versprechen für die ausserordentliche Qualität für ihre Taschen nicht leichtfertig heraus. Ich hatte nach Jahren einmal ein kleines Problem mit meiner Billingham Small, und innerhalb von 2 Wochen wurde mir schnell und unkompliziert das Produkt repariert. Ich wollte keinen Austausch, da ich einen kleinen Patch angebracht hatte, also blieb nur der Weg es zu reparieren. Der Kontakt war sehr freundlich und schnell. Etwas, was man heute bei manchen Firmen dank Auslagerung von Kundenservice oft vermisst. Das beeindruckt mich schon.
Für mich sind Billingham Taschen vor allem eins: Schön! Das Auge „isst“ mit und es war damals das erste, was mich neugierig auf diese Taschen machte.
Okay, das ist jetzt natürlich vor allem eine Geschmacksfrage, was sie aber in meinen Augen dann aber wirklich auch besonders macht ist, dass sie nicht wie typische Fototaschen aussehen mit den etlichen Reißverschlüßen und viel offensichtlichem Nylon. Sie haben ein einfaches Verschlusssystem, das einerseits Sicherheit bietet und auf der anderen Seite in ruhiger Umgebung nicht die Aufmerksamkeit beim Öffnen und Schließen auf mich zieht. Im Regen, auch im strömenden, mache ich mir mehr Sorgen um meine Frisur als um mein teilweise sehr teueres Equipment. Alle Billingham Taschen, die ich kenne, bieten einen sehr effektiven Schutz vor Regen und anderen Wetter Eskapaden, ohne, und das war für mich dann auch mit einer der wichtigsten Punkte, dass ich da einen komplizierten Regenschutz oder ähnliches drauf machen muss. Die Polsterung der Taschen sind sehr gut, sodass auch ein Sturz das Equipment gut schützt. Der Schultergurt ist schön breit, ohne zu steif zu sein, und verteilt die Last gut auf der Schulter. Ausserdem fässt sich das Material schön an. Mittlerweile geht Billingham weg vom Canvas und mehr und mehr hin zu dem Material FibreNyte. Der Vorteil bei FibreNyte ist, dass es leichter ist, einen mindestens genau so guten Schutz vor Wind und Nässe bietet wie Canvas und pflegeleicht bzw. leicht zu reinigen ist. Das alles lässt mich immer hellhörig werden, wenn Billingham eine neue Taschen(reihe) ankündigt. Letztes Jahr waren das die Rucksäcke, welche für meine Art der Fotografie dann leider nicht passen, und jetzt vor ein paar Wochen dann die Hadley One. Auf den ersten Blick sieht sie der Hadley Pro sehr ähnlich, aber bei genauerem Hinsehen hat sie ein paar Dinge, die schon sehr anders sind und sie somit auch durchaus parallel zu einer Hadley Pro zum Beispiel interessant machen können.
Ich bin Vielflieger und als solcher mag ich Taschen sehr, die ich über das Gestänge meines Bordkoffers hängen kann. Mit meinen bestehenden Billingham Taschen muss ich mir mit einem Workaround behelfen, welcher mal gut und mal weniger gut funktioniert. Bis auf bei meiner 307 endet das eigentlich dann schlussendlich immer damit, dass ich die Tasche doch über der Schulter trage oder eben beim Fliegen selber ein anderes System für den Transport nutze und die Fototasche selber im Koffer habe, um sie dann eben vor Ort als Fototasche auf meinen Streifzügen zu nutzen. Als ich dann bei den Pressebildern die Rückseite der One sah, wurde ich immer neugieriger. Ich glaube die One ist die erste Billingham Tasche, die sich diesem Problem annimmt. Zusätzlich hierzu ist der Gurt auch noch abnehmbar, was die Tasche dann natürlich auch noch ordentlicher auf dem Bordkoffer aussehen lässt. Ich finde diesen kleinen zunächst unscheinbaren Unterschied sehr gut und wunderbar konsequent umgesetzt.
Dazu passt auch, daSs Billingham den Tragegriff der Hadley One modifiziert hat im Vergleich zur Hadley Pro. Der Tragegriff an sich ist schon sehr praktisch, jedoch ist er an der Hadley Pro nicht wirklich sehr handschmeichelnd, will sagen funktional, aber durch den recht groben Stoff und den metallenen Griff nicht schön anzufassen über längere Strecken. Bei der Hadley One haben sie in der Innenfläche des Handgriffs Leder eingearbeitet, wodurch der Griff schön weich in der Hand liegt. Das macht die Last bei voller Tasche natürlich nicht geringer, aber eben angenehmer beim Tragen.
Was ich von der Hadley Serie sonst nicht kenne ist, dass die One eine Polsterung auch in der Aussenhülle hat. Das ist auf den Fotos oben nicht gut zu erkennen, aber ich wollte sie ungern aufschneiden zum Beweis. 😉
Wer noch keine Billingham in der Hand hatte, muss wissen, dass die Fototaschen meist aus zwei Teilen bestehen. Der Aussenhülle, welche eben vor allem den Wetterschutz garantiert, aber eben in der Regel ungepolstert ist, und dem Innenleben, der Polsterung. Dies ist bei der Hadley Serie im Prinzip eine Tasche in der Tasche, welche in der Aussentasche fixiert wird. Bei der Hadley Small und Pro geschieht das mittels eines Drucknopfs in der Tasche und an der Innenpolstertasche. Bei der Hadley One hat man jetzt innen aber insgesamt 6 Druckknöpfe (auf den Bildern sieht man maximal 4, aber jeweils gegenüber eines Druckknopfs befindet sich ein Pendant. Im Lieferumfang kommt eine extra für die Billingham One neu entworfene Innenpolsterung mit einem „Divider Flap“. Diese „Standard One Insert“ lässt sich so in der Hadley One an verschiedenen Postionen fixieren und, wenn man dies wünscht, kann man noch ein weiteres Inlay extra dazu kaufen, um noch mehr Schutz für mehr Equipment zu haben.
Richtig klasse finde ich das große separat gepolsterte Laptopfach der Tasche. Billingham gibt an, dass man dort ein 13“ Laptop transportieren kann, ich bekomme da allerdings auch mein 15“ MacBookPro untergebracht. Es passt, sitzt halt nur schon eng. Inwieweit das jetzt allerdings der Tasche gut tut, wenn ich das 15“ da immer reinstopfe und so das Material eben dann doch immer an seine Belastungsgrenze bringe, kann ich jetzt nicht sagen. Wahrscheinlich ist es besser, das nicht allzu oft zu machen, aber wenn man das nicht ständig macht, geht es eben.
Platz hat die Tasche jedenfalls genug. Eine Fujifilm GFX50S mit dem GF23mm f4.0, dem GF63 f2.8 und dem GF120 f4.0 bringe ich jedenfalls zum sicheren Transport genauso unter wie noch zusätzlich mein 15“ MacBook Pro, mein iPad mini, Schlüssel, Portemonnaie, Batterien und einiges mehr an Kleinzeugs. Ich habe die Tasche aber auch schon mit meiner x-pro2, mit dem xf16mm, dem xf35mm f1.4, meiner Leica M10 und dem Zeiss Distagon 35mm f1.4, sowie dem kleinen schnuckligen Voigtländer Helira 15mm LTM dabei gehabt. Der Tragekomfort ist dank des breiten Schultergurts und dem extra erhältlichem Schulterpad (SP50) zum Glück auch gegeben.
Auch sehr angenehm fand ich, dass durch den abnehmbaren Gurt eine gewisse Gelenkwirkung gegeben ist. Das ist an den anderen Hadleys jetzt nicht schlimmes, aber ich finde die Tasche liegt so besser am Körper. Auch habe ich den Eindruck, dass die Tasche irgendwie leichter auf und zu geht im Vergleich zu meiner Hadley Pro.
Fazit gefällig?
Die Hadley One ist in meinen Augen ein Spezialist in der Hadley Reihe und ein ganz hervorragender dazu. Man muss sich als Interessent hier klar die Frage stellen, was einem wichtig ist. Für mich sind drei Punkte ganz besonders herausstechend.
- Wie alle Hadley ist sie als Schultertasche konzipiert, sie ist aber die erste, bei der man den Schultergurt eben abnehmen kann.
- Als erste Billingham überhaupt hat man hier auch auf der Rückseite einen Gurt, um sie auf das Gestänge eines Rollenkoffers gleiten zu lassen. Für Reisende eine sehr interessantes Feature.
- Das Innenleben ist auch anders als bei allen Hadleys. Die Tasche hat eine Grundpolsterung und man ist in der Innenaufteilung mittels schmaleren Inlays felxibeler in der Aufteilung.
Aber wie ich schon anfänglich erwähnte: Die perfekte Fototasche gibt es nicht. Leider! Und so ist auch die Hadley One nicht frei von Fehlern, zumindest nicht aus meiner Sicht.
- Ich hätte mir tatsächlich ein größeres Laptopfach gewünscht. Ein 15″ Fach wäre optimal gewesen, zumal ich glaube, dass es einige Fotografen gibt, die eher ein 15″ Zoll Laptop besitzen, als ein kleineres. Vielleicht gehe ich hier aber auch zu sehr von mir aus.
- Leider hat die Hadley One die Druckknöpfe zur Erweiterung der Fronttaschen verloren. Ich mag das an der Small und der Hadley Pro sehr und vermisse das schon ein wenig an meiner 307.
- Die hintere Dokumententasche auf der Rückseite der Tasche hat mittlerweile eine neue Abdeckung des Reißverschlusses erhalten. Diese ist aus Leder und im Moment noch etwas steif. Vielleicht legt sich das über die Jahre ja noch.
Am Ende überwiegen für mich recht deutlich die positiven Seiten. Die Hadley One ist für mich nicht zwingend eine Tasche, die ich jetzt haben muss, weil sie ein besonders großes/kleines Fassungsvermögen hat und sich anders trägt als die anderen. Schwerer oder leichter ist. Sie bringt einfach ein paar sehr wichtige Eigenschaften für mich mit, die sie für mich zur perfekten Fotoreisetasche macht. Dass ich mit der Hadley One dann auch noch eine Fototasche habe, mit der ich, am Reiseziel angekommen, eine Billingham gewohnte hochwertige Fototasche habe, um Tragekomfort und Schutz meines Equipments zu gewährleisten, macht die Billingham Hadley für mich zur idealen Reisetasche.
Jetzt muss ich noch die Regierung überzeugen. 😉
Kaufempfehlung? Absolut! Die Billingham Hadley One ist einfach eine tolle Tasche!
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Danke für Deine Einschätzung, Mehrdad.
Nutzt Du eines von den neuen 2016er 15 Zoll MacBook Pros? Ich war mir nicht ganz sicher. Wenn das passt, könnte die Tasche interessant für mich werden.
Grüße aus Trier
Hallo Alex,
Ich nutze das alte 15″ MacBookPro, da müsste das neue glaube ich noch eher besser passen?
Kenne die Größe nicht.
Viele Grüße aus Berlin
Hi Mehrdad,
Prima Bericht. Ich sehe du hast du Die objektive „einfach so“ (also ohne Polster) in der Tasche – ist das nur zu Demonstrationszwecken oder meinst du die Grundpolsterung würde ausreichen (wenn man einigermaßen vorsichtig ist und die Tasche nicht fallen lässt etc)? Falls du auch andere fujis zur Hand hast – fühlt sich die Tasche überdimensioniert an für Y-T2 Größe und objektive?
Cheers, Kat
Hallo Kat,
Bei der GFX und den Objektiven habe ich das tatsächlich so gemacht, also auch in der Praxis. Einfach weil die Grundpolsterung okay ist. Ich finde sie nicht soo gut wie mit Inserts, aber sie reicht wenn man vorsichtig ist.
Die One ist definitiv größer als die Pro. Wenn ich meine Pro2 und/oder X-T2 transportiere würde ich aber zu Inserts greifen. Warum? Weil die Kamera und Objektive kleiner sind und dann in der Tasche lose rumschlackern, das fände ich ungünstig.
Seit ein paar Tagen gibt es wohl auch ein Full Insert für die One zu kaufen, mit diesem kann man noch besser unterteilen.
Wie gesagt sofern Dir die von mir erwähnten Punkte nicht wichtig sind ist vielleicht die Pro ein Blick wert. Wenn doch wichtig ist die One bei Billingham Alternativlos und eine sehr gute Wahl.
Hallo Mehrdad,
ich habe mir die Tasche nun auch zugelegt. Ich bin auch großer Billingham-Fan und nach ein paar Versuchen mit anderen Herstellern (meist kaum preiswerter, eher teurer) bin ich reumütig zu Billingham zurückgekehrt. Im Augenblick nutze ich eine Hadley Small und die neue Hadley One. Das schöne bei Billingham: Wenn etwas anders „konfiguriert“ werden soll, ist das ohne Probleme möglich. Bei mir sind z.B. die Gurte immer 40cm länger, weil ich sehr groß bin und die Tausche gerne in Hüfthöhe trage, statt als „Achseltäschchen“. Das geht problemlos, kostet gerade mal 25 Euro mehr und die Kommunikation und Abwicklung ist unkompliziert und die Mitarbeiter sehr nett.
Für die Billingham Hadley One gibt es mittlerweile einen „Full Insert“, so wie man ihn von der Hadley Pro kennt, das ist auch ganz nett. Das aktuelle MacBook 15″ Touchbar, passt auch wunderbar hinein, es ist in den Außenmaßen noch mal kleiner als das von Dir getestete Notebook der vorherigen Generation und sitzt nicht ganz so „spack“. Ich habe schon überlegt mir eine 2. Hadley One zu kaufen, als Alltagstasche, außerhalb fotografischer Dinge.
Allerdings wurde ich mir die Tasche nicht in schwarz kaufen, obwohl ich überhaupt keine Probleme mit der „Farbe“ habe, sondern eher damit, dass man jeden Fussel und Krümel auf der schwarzen Tasche sieht. Mich ärgert so etwas, daher dann lieber die klassische Variante „Khaki“.
Eigentlich schade ist nur, dass der bevorstehende Brexit die Taschen durch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer wohl teurer machen wird. Also rechtzeitig zuschlagen…
Danke für Deinen Erfahrungsbericht, wie immer klasse und für mich der Grund die Hadley One zu bestellen. Meine schwarze Hadley Pro muss dafür weggehen. 😉
Jens
Hallo Jens,
ja das mit dem neuen 15 Zoller dachte ich mir schon fast, dann in ein paar Jahren eben wenn mein aktuelles ausgetauscht werden muss, da werden bei Billis alle noch hier sein. 😉
Ja tolle Taschen und wie ich eben schon mehrfach schreibe: Ich brauche nichts anderes.
Die Farbe schwarz wurde von mir vor allem deshalb gewählt weil ich die Tasche auch zu meiner Arbeit nutze, eine Kamera begleitet mich ja immer, und da sollte sie eben dezent und zu meiner Uniform passen.
Ich gebe zu ich hätte sie am liebsten in beige oder Khaki gehabt, aber egal! Trotzdem schön.
Freut mich das Dir mein Bericht zugesagt hat.
LG aus der Muddastadt 😉